Wer darf welche Finanzen prüfen?

Riegelsberg. Im September hatte der Riegelsberger Gemeinderat einstimmig (bei Enthaltung der Grünen) beschlossen, dass der Rechnungsprüfungsausschuss (RPA) nicht nur - wie üblich - das Finanzgebaren der Verwaltung kontrollieren soll, sondern zusätzlich auch die Finanzen des Eigenbetriebs

Riegelsberg. Im September hatte der Riegelsberger Gemeinderat einstimmig (bei Enthaltung der Grünen) beschlossen, dass der Rechnungsprüfungsausschuss (RPA) nicht nur - wie üblich - das Finanzgebaren der Verwaltung kontrollieren soll, sondern zusätzlich auch die Finanzen des Eigenbetriebs. Bürgermeister Klaus Häusle (SPD) hatte diesem Beschluss widersprochen und ihn der Kommunalaufsicht zur Prüfung vorgelegt (wir berichteten). Die gab ihm recht: Der Beschluss des Gemeinderates sei rechtswidrig, sagt die Kommunalaufsicht jetzt.In einer Sondersitzung des Gemeinderates sagte Häusle dazu: "Die Kommunalaufsicht hat unserer Rechtsauffassung Recht gegeben. Es gibt jetzt die Möglichkeit, den Beschluss aufzuheben oder gegen den Bescheid Widerspruch einzulegen." Er verwies darauf, dass der Gemeinderat ein Informations- und Kontrollrecht habe und den RPA beauftragen könne, Einsicht in die Akten zu nehmen. Das genügte dem Rat mehrheitlich jedoch nicht. "Ihr Angebot, das Auskunftsrecht zu nutzen, ist nicht relevant für Prüfungsvorgänge", sagte Hartmut Huber (FDP). Er erinnerte daran, dass die Abwicklung des Bauvorhabens "Instandsetzung Riegelsberghalle" 2011 Anlass war, dass der Rat seine Kontrollfunktion auf die Eigenbetriebe ausweiten wollte. Die Verwaltung habe dem RPA damals empfohlen, diese Prüfung ins Jahr 2012 zu verschieben, weil das Bauvorhaben dann abgerechnet und erst damit eine umfassende Prüfung möglich sei. "Als dann der RPA 2012 sein Prüfungsbegehren erneut vortrug, wurde ihm bedeutet, dass das Projekt inzwischen in der Bilanz aufgenommen und die Bilanz rechtskräftig sei. Somit sei eine Prüfung des Sachverhalts nicht mehr möglich. Über dieses vertrauenszerstörende Verhalten der Verwaltung war der Rat in seiner Gesamtheit zu Recht empört", sagte Huber, der den Bescheid der Kommunalaufsicht "rechtlich unhaltbar" nannte.

Es könne nicht sein, so Huber, dass die einzige Befugnis des RPA bei Eigenbetrieben darin bestünde, dem Gemeinderat den Abschlussprüfer vorzuschlagen. "Wir halten das für grandiosen Unfug. Damit würde nämlich einem Bürgermeister - und ich meine nicht Sie, Herr Häusle - geradezu nahegelegt, Geschäftsvorfälle in Eigenbetriebe oder Tochterunternehmen zu verlagern. Er wäre dann vor den neugierigen Nasen seiner Ratsmitglieder geschützt. So kommen Vorhaben wie der Nürburgring oder der Berliner Flughafen zustande." Huber ist überzeugt: "Der Bescheid der Kommunalaufsicht würde einer unabhängigen Prüfung, etwa durch ein Verwaltungsgericht, nicht standhalten."

Volker Christmann (CDU) sagte: "Über diesen Bescheid haben zwei Verwaltungshengste am Verwaltungsgitter gewiehert und ein Ding aufgesetzt, das die Belange des Gemeinderates nicht würdigt. Auch wir sehen verfassungsrechtliche Bedenken in dem, was die Kommunalaufsicht geschrieben hat." Anders Ingbert Horn (SPD): "Die Bedenken, die wir hatten, sind auf Grund des Bescheides der Kommunalaufsicht ausgeräumt."

Dennoch lehnte der Gemeinderat die Aufforderung zur Aufhebung seines September-Beschlusses mit 15 zu 14 Stimmen ab und beauftragte die Verwaltung, Widerspruch einzulegen. Für dieses mehrheitliche Votum sorgten CDU, FDP und Patricia Dillinger (Linke). Dagegen waren SPD und Grüne. Birgit Huonker (Linke) enthielt sich. Vier Ratsmitglieder fehlten. Laut Häusle hat die Kommunalaufsicht jedoch angekündigt, den September-Beschluss des Rates von sich aus aufzuheben, falls der Rat dies nicht selbst tue.

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Stichwort

Mit der Rechnungsprüfung wird kontrolliert, ob eine Kommune mit ihren Finanzen korrekt umgegangen ist. In Kommunen mit mehr als 20 000 Einwohnern übernimmt ein Rechnungsprüfungsamt der Verwaltung diese Aufgabe. In Kommunen unter 20 000 Einwohner, wie in Riegelsberg, übernimmt ein Rechnungsprüfungsausschuss die Kontrollfunktion, die sich allerdings nur auf die Finanzen der Gemeindeverwaltung bezieht. Die Eigenbetriebe - wie Hallen- und Bäderbetrieb, Abwasserbetrieb und Gemeindewasserwerk - werden einmal im Jahr von einem Abschlussprüfer kontrolliert. Dieser wird vom Gemeinderat bestellt. dg

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