Wenn schon panschen, dann einen White Russian

Das bekannteste Getränk der Filmgeschichte? James Bonds trockener Wodka Martini, geschüttelt, nicht gerührt, werden jetzt viele sagen. Ich finde aber, dass der Dude, wie der große Lebowski am liebsten genannt wird, mit seinem White Russian viel cooler wirkt als 007 mit seinem Schnöselgetränk.

Wer in meiner Gegenwart Dinge zusammenfügt, die nicht zusammengehören, der erntet im günstigsten Fall Mitleid. Mir dreht sich zum Beispiel schon vom Zuschauen der Magen um, wenn jemand Bananensaft in ein Weizenbier schüttet. Oder Cola über einen Whisky - zumindest wenn es sich um einen Whisky handelt, der diese Bezeichnung auch verdient. In einen guten Whisky gehört auch kein Eis, denn Kälte raubt einem Getränk den Geschmack, tötet die Aromen. Und ich kann den Kaffeeröster gut verstehen, der in seinem Laden voller edler Bohnen ein Schild aufgestellt hat mit dem flehentlichen Hinweis: "Bitte töten Sie ihren Kaffee nicht durch Zucker!"

Wenn es ums Trinken geht, bin ich Purist. Meistens. Dass es Flüssiges gibt, das ich gerne zu mir nehme, liegt an zwei Männern. Dem einen bin ich vor knapp 19 Jahren im Kino begegnet. Jeff Bridges hat ihn verkörpert: den Dude in "The Big Lebowski", einem der genialsten Filme überhaupt, gedreht von den Coen-Brüdern.

Den anderen kenne ich erst seit ein paar Monaten: Ralph Nermerich, den Inhaber der Nautilus Bar im Nauwieser Viertel in Saarbrücken. Beide haben mich dazu gekriegt, etwas Gepanschtes zu mir zu nehmen - und Gefallen daran zu finden. Das wundervolle Ding nennt sich White Russian. Es gibt wohl niemanden, der diesen Cocktail so lässig mixen kann wie der Dude. Der wirft, selbst wenn er eigentlich in ein Gespräch vertieft ist, ein paar Eiswürfel ins Glas, schüttet erst Wodka, dann Kaffeelikör, dann Milch drüber, rührt das ganze schnell um - fertig.

Ralph nimmt statt Milch lieber Sahne. Und das Rühren überlässt er seinen Gästen. Das liegt daran, erklärt Ralphs Azubi Malte, dass die flüssige, allenfalls sehr leicht cremig geschlagene Sahne so schön auf der dunkelbraunen Mischung aus Wodka und Kaffeelikör schwimmt, das Ganze also so ähnlich aussieht wie ein Latte Macchiato. Anders als bei der Kaffeespezialität streuen Ralph und Malte aber keinen Kakao, sondern etwas Muskatnuss über die Sahne.

Die klassischen Cocktail-Mixer sagen, dass ein echter White Russian außer der Sahne oder Milch zu zwei Teilen aus Wodka und zu einem Teil aus Kaffeelikör besteht. Wenn schon gepanscht wird, sage ich mir, ist das verhandelbar. Der große Lebowski hat sich seine White Russians schließlich auch ohne Messbecherchen gemischt - ganz locker aus dem Handgelenk.

Kontakt zum Autor dieser Kolumne: E-Mail m.rolshausen@sz-sb.de

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