"Wenn ich Letzter bin, höre ich auf"

Hofeld. Es ist drei Uhr mittags. Bereits seit sieben Stunden sitzt Alois Gillen (Foto: SZ) im Sattel. Seine Beine treten in gleichmäßigem Rhythmus in die Pedale. Noch eine Kurve und noch eine Kurve und noch eine Kurve. Mit jedem Tritt kommt er dem Gipfel ein kleines Stück näher. Die Sonne brennt auf seinen Kopf. Schweiß läuft an seiner Stirn, an seinen Beinen, an seinen Armen herunter

Hofeld. Es ist drei Uhr mittags. Bereits seit sieben Stunden sitzt Alois Gillen (Foto: SZ) im Sattel. Seine Beine treten in gleichmäßigem Rhythmus in die Pedale. Noch eine Kurve und noch eine Kurve und noch eine Kurve. Mit jedem Tritt kommt er dem Gipfel ein kleines Stück näher. Die Sonne brennt auf seinen Kopf. Schweiß läuft an seiner Stirn, an seinen Beinen, an seinen Armen herunter. Schon gestern hat Alois Gillen einen Pyrenäengipfel erklommen, an die 1500 Höhenmeter zurückgelegt. Wenn er heute Abend aus dem Sattel steigt, wird er weitere 80 Kilometer mehr in den Beinen haben. Das alles klingt nach einem jungen Sportler. Er ist wahrscheinlich so um die 30 Jahre alt, hat kräftige Waden und ist ziemlich durchtrainiert. Doch diese Beschreibung trifft auf Gillen nur bedingt zu. Zwar ist er auch fit und durchtrainiert, nur das Alter stimmt nicht ganz: Alois Gillen ist 84 Jahre alt. Er lacht: "Wenn ich junge Fahrer treffe, glauben die oft nicht, dass ich schon so alt bin." Am Ende seiner Tour durch die Pyrenäen hat er 560 Kilometer über hohe Bergpässe mit seinem Rad bezwungen. Doch das ist nur ein Bruchteil dessen, was er in einem Jahr zurücklegt. Ein Besuch bei der Nichte in Köln - kein Problem. Da nimmt der Hofelder sein Rad und los geht's. Ganz Ungarn hat er schon auf zwei Rädern durchquert. Pilzen, Prag, Slowakei, Plattensee, Wien, Passau, Frankreich, Usedom, Rügen, überall war der 84-Jährige schon mit dem Rad. "Ich sag' meiner Frau einfach: Ich bin dann mal weg. Und fahre am nächsten Tag los", erzählt er. Muss der Rentner etwas in Saarbrücken erledigen, greift er zu seinem Rad. Eine Besorgung in Frankreich wird auch mit dem Fahrrad erledigt "Ich bin gerne unterwegs. Es macht mir Spaß. Ich brauche das, die Hektik, den Stress. Ich kann nicht nichts machen ", versucht Gillen seine Leidenschaft zu erklären. Jeden Tag fährt er zwischen 20 und 30 Kilometern - außer an Sonntagen. Dann trifft er sich mit Gleichgesinnten pünktlich um halb neun, und es wird, egal ob Regen, Schnee oder Sonnenschein, bis halb zwölf geradelt. Da kommen so einige Kilometer im Jahr zusammen. Gillen: "Vor einer Woche habe ich mir ein Rad gekauft, da sind jetzt schon 1025 Kilometer drauf. In einem Jahr fahr' ich 10000 Kilometer. Mit dem Auto schaffe ich nur 3000." Dabei hat er erst mit 50 Jahren angefangen, Sport zu treiben. Zuerst Segeln, dann Wandern. Als ihm das Wandern nach einer Hüftoperation schwer fiel, ist er auf das Rad umgestiegen. Anstrengend findet er sein Hobby jedoch nicht: "Es macht mir ja Spaß. Und wenn die Belastung zu groß wird, dann mache ich eine Pause, gehe ein Stück und ruhe mich aus. Danach kann es wieder frisch weiter gehen." Ans Aufhören denkt Alois Gillen dabei noch nicht: Schwarzwaldmarathon, Alpstadtmarathon und natürlich den St. Wendel-Marathon wird er im nächsten Jahr wahrscheinlich bestreiten. Gillen: "Ich sag' immer, wenn ich mal Letzter bin, dann hör ich auf. Aber irgendwie hat das noch nicht geklappt." "Ich sag' meiner Frau einfach: Ich bin dann mal weg. Und fahre am nächsten Tag los."Alois Gillen, 84

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