Feuerwehr Wenn Helfer plötzlich zu Opfern werden

Homburg · Feuerwehrleute bekommen im Saarland bei Einsätzen zum Teil massive Gewalt zu spüren.

 Pro Jahr werden zwischen 250 und 300 Feuerwehrleute bei Einsätzen verletzt. Um solche Schäden künftig finanziell besser abzudecken, ist über die Kommunen eine Zusatzversicherung vereinbart.

Pro Jahr werden zwischen 250 und 300 Feuerwehrleute bei Einsätzen verletzt. Um solche Schäden künftig finanziell besser abzudecken, ist über die Kommunen eine Zusatzversicherung vereinbart.

Foto: dpa/A3462 Marcus F¸hrer

Jede Stunde rund um die Uhr wird im statistischen Schnitt irgendwo im Saarland die Feuerwehr wegen eines Brandes oder wegen einer Unfall- und Unglücksrettung um Hilfe gerufen. Und die Arbeitsbilanz der insgesamt gut 11 500 aktiven Feuerwehrleute im Land, darunter knapp ein Zehntel Frauen, kann sich wahrlich sehen lassen: Bei etwa 7700 Einsätzen im Jahr 2016 (2200 Brände, 5500 andere Hilfeleistungen) haben alleine die Freiwilligen Feuerwehren in den 52 Saar-Kommunen 869 Menschen aus höchster Not gerettet, während sieben Opfer bei Bränden sowie 66 Menschen bei Verkehrsunfällen und anderen Hilfseinsätzen nur noch tot geborgen werden konnten. Doch trotz aller Erfolge, so zeigte am Samstag die Delegiertenversammlung des Landesfeuerwehrverbandes Saarland in Homburg, werden Feuerwehrleute manchmal sogar körperlich attackiert und müssen weit mehr als früher um Anerkennung und Unterstützung in Gesellschaft und Politik sowie gegen zu viel Bürokratie mit Anträgen, Berichten und Statistiken kämpfen.

„Rettungskräfte bekommen zum Teil massive Gewalt bei Einsätzen zu spüren. Auch im Saarland sind schon ein Feuerwehrmann ins Gesicht geschlagen und eine Feuerwehrfrau absichtlich angefahren worden“, berichtete auf der Feuerwehrtagung Dirk Flesch von der Unfallkasse Saarland (UKS). Zudem würden pro Jahr 250 bis 300 Saar-Feuerwehrleute bei Unfällen und Einsätzen verletzt, hieß es. Um solche Schäden künftig besser finanziell abzudecken, hat der gemeinnützige Feuerwehrverband jetzt als Ergänzung zur gesetzlichen UKS über die Kommunen noch eine Zusatzversicherung mit der Saarland Versicherung vereinbart. Außerdem bereitet der Verband eine Kooperationsvereinbarung mit der Schornsteinfegerinnung vor. Die freiwilligen Feuerwehrleute arbeiten alle ehrenamtlich, erhalten bestenfalls Aufwandsentschädigungen zwischen 15 und 250 Euro im Monat. Unterstützt werden die Freiwilligen Feuerwehren durch die Berufsfeuerwehr Saarbrücken oder auch die 16 Werkfeuerwehren im Land.

„Die Einsatztätigkeit der Feuerwehrleute ist aktuell leicht angestiegen. Genaue Zahlen für das vergangene Jahr liegen aber noch nicht vor“, sagte Feuerwehr-Verbandspräsident Bernd Becker (Primstal). Vor dem Hintergrund der Affäre um den bei der Feuerwehrtagung fehlenden Chef der Saarbrücker Berufsfeuerwehr, Josef Schun, appellierte Becker wortstark an die Verwaltungsspitze in der Landeshauptstadt: „Nehmen Sie die Feuerwehr endlich aus den negativen Schlagzeilen heraus. Das Image der Feuerwehr leidet im gesamten Land darunter.“ Da klatschte auch die einzige mit einer Kollegin anwesende Feuerwehrfrau unter den 150 Delegierten, die 28-jährige Sabrina Czaicki aus Oberbexbach, kräftig Beifall. Unter ihren männlichen Kollegen sei sie voll akzeptiert, berichtete sie am Rande der Tagung.

Thema war auch die Hilfsfrist: Spätestens acht Minuten nach Alarmierung müssen die Feuerwehren am Einsatzort sein, was in acht bis neun von zehn Fällen auch gelinge, hieß es.

Und während sich Landesbrandinspekteur Timo Meyer und Verbands-Pressechef Dirk Schäfer noch telefonisch über den letzten großen Feuerwehreinsatz beim schweren Wohnhausbrand mit einer toten Frau in Göttelborn (siehe auch Seite B 1) informieren lassen, trifft mit etwas Verspätung auch Innenminister Klaus Bouillon (CDU) auf der Delegiertentagung ein. Er bringt den Feuerwehrleuten die „Glückwünsche des neuen Ministerpräsidenten“ Tobias Hans (CDU) und einen Scheck des Landes über 39 500 Euro für den Feuerwehrverband mit. „Das Innenministerium steht nach wie vor zur Feuerwehr und wir wissen, was wir an ihr haben“, lobt er – und ohne Replik auf seine umstrittene LSVS-Geburtstagsfeier fügt er zur Halbzeit der Feuerwehr-Delegiertenversammlung noch an: „Was ab jetzt getrunken wird, geht auf mich.“

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