Wenn "Gewinnern" die Rechnung droht

Saarbrücken. Zahlreiche Bürger im Saarland haben sich bereits an die Polizei gewandt, zwei Personen im Raum Homburg haben Anzeige erstattet. Auslöser des Unmuts ist ein Schreiben von dem angeblichen Finanzdienstleister "Dr. Braun & Partner", das in den vergangenen Wochen in tausenden saarländischen Briefkästen gelandet ist. Auf den ersten Blick wirken die Schreiben seriös

Saarbrücken. Zahlreiche Bürger im Saarland haben sich bereits an die Polizei gewandt, zwei Personen im Raum Homburg haben Anzeige erstattet. Auslöser des Unmuts ist ein Schreiben von dem angeblichen Finanzdienstleister "Dr. Braun & Partner", das in den vergangenen Wochen in tausenden saarländischen Briefkästen gelandet ist. Auf den ersten Blick wirken die Schreiben seriös. "Dr. Braun & Partner - Finanzdienstleistungen" informieren mit Aktenzeichen und Vorgangsnummer über einen "versprochenen Gewinn" von der Firma "Lotto-Gewinn-Service". "Wie Sie sich bestimmt noch erinnern, wurde Ihnen die Gewinnsumme, aus uns unbekannten Gründen, nicht ausgezahlt", heißt es da. Der nun nachträglich angesetzte Geld-Übergabetermin sei unbedingt einzuhalten, denn die Gewinnsumme von 946,72 Euro sei einem Kundenkonto gutgeschrieben worden, das "aus Datenschutzgründen nur eine gewisse Zeit weitergeführt werden" dürfe. In dem Schreiben finden sich jedoch typische Merkmale einer Einladung zu Kaffeefahrten: So ist etwa die Rede von einem Rahmenprogramm mit kostenlosem Mittagessen, kostenloser Hin- und Rückfahrt zur Gewinnübergabe (Ort unbekannt) und einer Prämie."Dr. Braun & Partner" ist nach Recherchen unserer Zeitung lediglich eine Briefkastenfirma in der Nähe von Cloppenburg. Nahezu identische Schreiben wurden in den vergangenen Monaten auch verschickt unter den Namen "Dr. Müller & Partner", "Dr. Schulz & Partner", "Dr. Klein & Partner", "Dr. Schmidt & Partner", "Dr. Beckmann & Partner" - die Liste ließe sich weiter fortsetzen.

Ausgetüfteltes Vorgehen

Die Polizei sieht in dem Schreiben eine "straflose Vorbereitungstat zu einem Betrug". Von Betrug selbst könne erst dann die Rede sein, wenn der angeschriebene Bürger auch tatsächlich geschädigt wurde, so Polizeisprecher Georg Himbert. Er vermutet, dass diejenigen, die an den für 12. und 13. Juli angesetzten Verkaufsfahrten von "Dr. Braun & Partner" teilnehmen, zunächst eine Bearbeitungsgebühr an den angeblichen Finanzdienstleister entrichten müssen, um den Gewinn zu erhalten. Werde dieser dann nicht ausgezahlt, sei der Straftatbestand Betrug erfüllt.Eine andere Strategie des mutmaßlichen Kaffeefahrt-Anbieters - wenn auch mit gleichem Betrugsergebnis - vermutet Gertrud Truar von der Verbraucherzentrale Saar. Die Expertin glaubt, dass die Teilnehmer eine überteuerte Reise buchen sollen, auf die dann ein Nachlass in Höhe der angeblichen Gewinnsumme von 946,72 Euro "gewährt" werde.

Die Verbraucherzentrale rät, das Schreiben schlicht zu ignorieren - oder per Formschreiben "Dr. Braun & Partner" aufzufordern, die persönlichen Daten zu löschen. Entsprechende Formschreiben gibt es im Internet unter www.vz-saar.de.

Weshalb die Postfachadressen von Kaffeefahrt-Anbietern auffällig oft im Raum Cloppenburg angesiedelt sind, weiß bei der niedersächsischen Kreisstadt niemand so recht zu beantworten. In der Vergangenheit habe es bereits mehrere Ermittlungsverfahren gegen solche Firmen gegeben, berichtet Ansgar Meyer, Sprecher der Kreisverwaltung Cloppenburg. "Aber wir haben nur dann eine Handhabe gegen diese Leute, wenn eine gewerberechtliche Unzulässigkeit vorliegt - also beispielsweise Sozialversicherungsabgaben nicht gezahlt wurden." Ein Mitarbeiter des Cloppenburger Ordnungsamtes, der anonym bleiben möchte, sagte der SZ: "Die Ermittlungen laufen oft ins Leere, weil die Postfächer unter falschem Namen beantragt werden." Er beschäftigt sich im Ordnungsamt seit Langem mit den Ermittlungen gegen Gewinnspiel-Anbieter - und sieht sich bedroht. Er sei "verfolgt" und sein Auto kürzlich demoliert worden. "Sie dürfen nie vergessen: Es geht hier um viel Geld", sagt er.

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