Wenn es in der Disco kracht

Saarbrücken. Normalerweise geht sie in Schulen, bevorzugt in sozialen Brennpunkten. Weniger in die meist gut versorgten Gymnasien als vielmehr dahin, wo Bedarf ist, in Real-, Haupt- und unterschiedliche Förderschulen: Bedarf an theaterpädagogischer Arbeit zu Themen wie "Zivilcourage, Ausländerfeindlichkeit, Gewaltprävention"

Saarbrücken. Normalerweise geht sie in Schulen, bevorzugt in sozialen Brennpunkten. Weniger in die meist gut versorgten Gymnasien als vielmehr dahin, wo Bedarf ist, in Real-, Haupt- und unterschiedliche Förderschulen: Bedarf an theaterpädagogischer Arbeit zu Themen wie "Zivilcourage, Ausländerfeindlichkeit, Gewaltprävention". Simone Odierna ist Spezialistin für Forumtheater nach Augusto Boal (siehe Infokasten), womit sie sich als Theaterpädagogin schon seit langen Jahren beschäftigt, sie ist auch Mitherausgeberin eines Werkstattbuches. Und sie ist Professorin für Handlungsfelder und Methoden der Sozialen Arbeit innerhalb der Fakultät für Sozialwissenschaften, Fachbereich Soziale Arbeit und Pädagogik der Kindheit, an der Hochschule für Technik und Wirtschaft (HTW) Saar.

Nun laden sie und fünf ihrer Studentinnen im Rahmen eines Wahlpflichtkurses in Kultur- und Theaterpädagogik in Kooperation mit dem Jugendzentrum (JuZ) Försterstraße zu einer öffentlichen Forumtheater-Veranstaltung ein.

Seit 1999 setzt Odierna die Methode zielgerichtet zur Entwicklung von Maßnahmen ein, die Gewalt an Schulen vorbeugen sollen. "Forumtheater ist für alle Altersklassen und Zielgruppen geeignet", erläutert sie. Insbesondere zur Darstellung von Diskriminierung oder Unterdrückung; wenn also Täter-Opfer-Verhältnisse gegeben sind, die im Spiel aufgebrochen werden sollen. Typisch für die Struktur einer Forumtheater-Szene ist ein Personal aus einem Opfer, einem Täter und einer oder mehreren Person/en als unbeteiligte mögliche Bündnispartner.

Für das Juz haben die Studentinnen nun eine Szene erarbeitet, die in einer Disco spielt - mehr möchten sie über den Inhalt nicht verraten. Erst wurde getreu nach Boals Regeln die Ausgangssituation durch menschliche Standbilder stumm dargestellt und anschließend durch Improvisation weiterentwickelt. Bei der Aufführung ist dann der Zuschauer an vorher festgelegten Punkten aufgefordert, sich einzumischen und durch Übernahme einer der Rollen neue Handlungsmöglichkeiten aufzuweisen. Dass zunächst alles wortlos geschieht, trainiere den körperlichen Ausdruck, erklärt Odierna, die zwischen positiven Effekten für die Schüler und welchen für ihre Studenten unterscheidet: Für die Schüler, selbst wenn sie nur passiv zusehen, gelten allgemeine theaterpädagogische Zielsetzungen wie Stärkung der Persönlichkeit und Förderung sozialer Kompetenzen; die Studenten sollen von der Entwicklung ihrer kommunikativen und körpersprachlichen Fähigkeiten profitieren. Theresa Mundt, 22, bestätigt: "Das Theaterspielen hilft mir über meine Schüchternheit hinweg!" Und auch die anderen staunen, was alles in ihnen steckt. Aufgeregt vor dem großen Ereignis sind sie aber trotzdem.

Heute, Freitag, 26. November, 19 Uhr, Jugendzentrum Försterstraße. Eintritt frei. Infos: Tel. (06 81) 3 11 80, juz-foersterstrasse@t-online.de

Stichwort

Was ist Forumtheater, und wie funktioniert es? Es handelt sich um eine Form des politischen Theaters, das im Lateinamerika der 60er Jahre von Augusto Boal als neues Volkstheater-Konzept entwickelt wurde - als Theater der Unterdrückten. Gespielt wurde in Slums und vor Analphabeten, ohne Bühne und somit auf Augenhöhe. Durch Beteiligung der Zuschauer entsteht ein kreatives Labor, in dem sich verschiedene Handlungsalternativen zur Verbesserung der Lebensrealität der Betroffenen durchspielen lassen. kek

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