LSVS-Affäre Wenn ein Minister den LSVS-Geldboten spielt

Saarbrücken · Auch Klaus Bouillon überbrachte Vereinen im Auftrag des LSVS Schecks. Die Staatsanwaltschaft interessiert sich für die genauen Umstände.

 Innenminister Klaus Bouillon überbrachte 2016 und 2017 Vereinen insgesamt acht Mal Schecks im Auftrag des LSVS. Das sei alles rechtmäßig, versichert sein Ressort, das auch die Rechtsaufsicht über den LSVS hat.

Innenminister Klaus Bouillon überbrachte 2016 und 2017 Vereinen insgesamt acht Mal Schecks im Auftrag des LSVS. Das sei alles rechtmäßig, versichert sein Ressort, das auch die Rechtsaufsicht über den LSVS hat.

Foto: dpa/Oliver Dietze

Es ist eine alte Erfahrung aus Wahlkämpfen, dass bei Politikern mehrere Wochen vor einer Landtagswahl das Geld lockerer sitzt als sonst. In den Terminkalendern der Minister steigt die Zahl der Übergaben von Zuwendungsbescheiden vor Wahlen sprunghaft an. „Das ist üblich, solange ich diesem Hause angehöre“, sagte kürzlich einer, der es wissen sollte: der langjährige Ministerpräsident Oskar Lafontaine, immerhin Abgeordneter seit 1970. Die Verteilung müsse aber regulär zugehen. Es soll sogar Minister geben, die Mittel aus Fördertöpfen über Jahre hinweg ansparen, um sie dann kurz vor einer Wahl unters Volk bringen zu können.

Insofern mag es auf den ersten Blick nichts Besonderes sein, dass vor der Landtagswahl 2017 auffallend viele Schecks an Sportvereine verteilt worden sind. Allerdings handelte es sich dabei nicht um Mittel aus dem Landeshaushalt. Es waren Gelder des Landessportverbandes (LSVS), die Politiker waren also nur die Überbringer. Weil die Umstände reichlich dubios sind, interessiert sich die Staatsanwaltschaft dafür.

Soviel steht bisher fest: Saartoto überwies in den Jahren 2016 und 2017 jeweils etwa 250 000 Euro an den LSVS, das Ganze lief unter der Bezeichnung „Verstärkungsfonds“. LSVS-Präsident Klaus Meiser (CDU) soll veranlasst haben, dass dieses Geld nicht im LSVS-Haushalt ausgewiesen wird, um die Verwendung der Kontrolle durch Präsidium und Vorstand zu entziehen. Die Staatsanwaltschaft spricht deshalb vom Verdacht der „Bildung schwarzer Kassen“.

Nach den bisherigen Erkenntnissen ließ Meiser sich vom damaligen LSVS-Hauptgeschäftsführer Paul Hans aus diesem Topf 81 Blankoschecks ausstellen. Die soll er, wie die Staatsanwaltschaft formuliert, „nach Gutdünken“ und „insbesondere vor der Landtagswahl 2017, aufgrund persönlicher Motive und gerade nicht anhand objektiver Kriterien“ an Verantwortliche von Sportvereinen übergeben haben. So erscheint etwa fraglich, warum der Badminton-Verein Oberwürzbach mit 500 Euro bedacht wurde, obwohl er seit der Saison 2008/2009 gar nicht mehr am Spielbetrieb teilnimmt. Insgesamt wurden 81 Schecks in der Größenordnung zwischen 500 und 2000 Euro verteilt, unter dem Strich gut 84 000 Euro. „Die Realität übersteigt jegliche Vorstellungskraft“, kommentierte FDP-Landeschef Oliver Luksic diese Praxis. Es habe sich aber mit Sicherheit nicht um einen Alleingang Meisers gehandelt.

Auf Antrag der Linken wird sich im Landtag nun ein Untersuchungsausschuss mit den finanziellen Unregelmäßigkeiten beim LSVS und dem Filz zwischen Sport und Politik beschäftigen. Einer der Untersuchungsaufträge betrifft auch die Mittel aus dem Fonds.

Inzwischen ist bekannt, dass nicht nur Meiser diese Schecks an Vereine verteilte. Auch Innenminister Klaus Bouillon war viel unterwegs. Er überreichte im Auftrag des LSVS acht Schecks, davon sieben vor der Landtagswahl. Die „zweckentsprechende Weitergabe von Geldern“ sei rechtskonform und tangiere daher nicht die Funktion des Ministers als Rechtsaufsicht des LSVS, teilte Bouillons Sprecherin der SZ mit.

Die Saar-SPD sieht die Praxis dennoch sehr kritisch, spricht von einer „Methode CDU“. Die Situation rund um den LSVS sei zunehmend eine Belastung für die große Koalition. Wobei der SPD die Kritik vermutlich leichter fiele, wenn führende Genossen an der Scheck-Vergabe nicht selbst mitgewirkt hätten. Fraktionschef Stefan Pauluhn und Umweltminister Reinhold Jost haben ebenfalls Schecks überreicht, wenn auch nur in Einzelfällen. Das mute „wie ein Feigenblatt“ an, sagte Petry. Er vermutet also, dass LSVS-Präsident Meiser ihnen Schecks zur Verfügung gestellt hat, damit die SPD mit im Boot sitzt. Die Größenordnung zeige aber klar, dass es hier „im Wesentlichen“ um die CDU gehe, so Petry. CDU-Generalsekretär Markus Uhl wies den Vorwurf der „politischen Landschaftspflege“ zurück. Er sei verwundert, „dass die SPD erst einen Koalitionsausschuss beantragt, dann aber bereits im Vorfeld derartige Schlüsse zieht“. Das lege den Verdacht nahe, dass die SPD in erster Linie parteitaktische Erwägungen verfolge.

Die Staatsanwaltschaft wird noch etwas Zeit benötigen, um die Verteilung der Schecks in strafrechtlicher Hinsicht zu würdigen. Zunächst will die Staatsanwaltschaft in den nächsten sechs Wochen die genauen Umstände der Feier zum 70. Geburtstag von Innenminister Bouillon aufklären. Hier geht es darum, dass der LSVS dem Minister für die Ausrichtung der Feier lediglich 6467,67 Euro in Rechnung gestellt haben soll – obwohl die Fete den LSVS angeblich 13 168,67 Euro gekostet hat.

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