Wenn die Glocken schweigen
Luisenthal. "Wir ratschen, wir ratschen zum Engelischen Gruß, dass jeder Christ weiß, dass er beten muss!" Oder: "S' laud Beedglock!". Die Messdiener der katholischen Pfarrgemeinde Christkönig Luisenthal lernen, diese Sprüche schön rhythmisch zu rufen
Luisenthal. "Wir ratschen, wir ratschen zum Engelischen Gruß, dass jeder Christ weiß, dass er beten muss!" Oder: "S' laud Beedglock!". Die Messdiener der katholischen Pfarrgemeinde Christkönig Luisenthal lernen, diese Sprüche schön rhythmisch zu rufen. Woanders rufen die Kinder auch: "For's erschdmòòl, for's zweddmòòl!" oder "Ave Maria Betglock, laut es net, so rappelt's doch!" Dazu veranstalten sie mit ihren Schlagbrettern aus Hartholz mit zwei beweglichen Klöppeln einen Heidenlärm. Der mittlerweile verstorbene Schreiner Günther Thönes hat den Luisenthaler Messdienern die Geräte gebaut. "Oh Gott, die gibt es schon ewig. Damit habe ich schon als Kind gekläppert", sagt die Mutter Anja Schneider, deren Tochter Nadine heute mit von der Partie ist. Morgen und übermorgen kommen die Kläppern zum Einsatz. Hintergrund seien liturgische Besonderheiten am Karfreitag, erklärt Tobias Müller, der in Luisenthal die Messdiener betreut. Aus Anlass der Leidensgeschichte des Menschensohnes Jesus Christus werde in den Kirchen der Altar "entblößt", das Kreuz verhüllt, jeglicher Schmuck aus der Kirche geräumt; die Orgel verstumme, "und auch die Glocken wollen vor Trauer nicht mehr klingen". Ihre Rolle übernehmen die Kinder, die dreimal täglich mit ihren Kläppern, Rasselnund Rufen die Gläubigen an die Gottesdienste und das Angelusgebet "Engel des Herrn" erinnern. Müller: "Die Legende berichtet, dass die Kirchenglocken nach Rom fliegen, um sich vom Papst segnen zu lassen." Weniger Frommen wird erklärt, dass die Glocken die Ewige Stadt aufsuchen, um dort Grießbrei zu essen und sich einem Frühjahrsputz zu unterziehen.Egal, was die Glocken in Rom tun - das Kläppern hat auch in fernsehgeprägter Zeit nichts von seinem Reiz eingebüsst. Zumal es untrennbar mit dem Eiersammeln am Samstag verbunden ist: Mit ihren Lärminstrumenten und mit "Ziehwänsche" ziehen dann die Kläpperkinder durch ihren Heimatort, um Eier, Geld für die Messdienerkasse und Süßigkeiten einzu sammeln. Der junge Gaetano Borsellino sagt voller Vorfreude: "Der Balawa, den wir mit unseren Kläppern machen dürfen, ist das Schönste an der Sache." Nadine Schneider und Tobias Mahler, beide schon etwas älter als Gaetano, sind eher skeptisch. Sie sagen: "Die Dinger sind schon sehr laut und tun in den Ohren weh. Wir freuen uns mehr auf das Eiersammeln." > Seite B 1: Weiterer Bericht.
Auf einen BlickAls Glocken-Ersatz am Karfreitag sind in anderen Pfarreien der Region Holzratschen oder die eigentlichen Kläppern im Einsatz. Dabei handelt es sich um phonstarke Buchenholz-Boxen, die kunstfertig aus gedrechselten Walzen mit Holzdübeln, Federbrettern, einem ausgefrästen Schallloch, unregelmäßig angeordneten Zapfen und Kurbeln gearbeitet sind und auf diese Art für den einzigartigen Sound sorgen. et