Wenn das Feuerwerk an den Nerven zerrt "Wir haben absolut keine Unruhe"

Sulzbach-/Fischbachtal. "Die Tiere regen sich normal nicht auf, wir haben nie Probleme gehabt", berichtet Klaus Altmeyer, zweiter Vorsitzender des Reit- und Fahrvereins Dudweiler-Sulzbachtal. Der 62-Jährige gibt dreimal die Woche Reitstunden und ist mit acht Jahren bereits aufs Pferd gestiegen. "Ich bin mit der Szene vertraut", sagt er

Sulzbach-/Fischbachtal. "Die Tiere regen sich normal nicht auf, wir haben nie Probleme gehabt", berichtet Klaus Altmeyer, zweiter Vorsitzender des Reit- und Fahrvereins Dudweiler-Sulzbachtal. Der 62-Jährige gibt dreimal die Woche Reitstunden und ist mit acht Jahren bereits aufs Pferd gestiegen. "Ich bin mit der Szene vertraut", sagt er. "Normalerweise ist auch immer ein Pferdepfleger im Stall, falls sich eine Rakete in Stallnähe verirrt", so der Trainer mit C-Lizenz. Dabei seien die Tiere durch den Schutz der Stallungen auch an Silvester ruhig. "Im Stall sind Pferde nicht so aktiv, aber wenn sie in der Reithalle geritten würden, dann gäbe es während des Feuerwerks Probleme. Daher herrscht Reitverbot in der Silvesternacht", sagt der Profireiter. Doch Verhaltensänderungen durch äußere Einflüsse gäbe es schon mal. "Wir hatten bei Sturm schon mehr Probleme. Wenn bei einer Reitstunde Äste von Bäumen aufs Hallendach krachen, nehmen die Tiere Fahrt auf. Und wenn's richtig knallt, wird gebuckelt, es sind ja Fluchttiere", berichtet Altmeyer. Auf dem Rücken eines Pferdes müsse man ohnehin sehr wachsam sein: "Es ist hier nicht wie beim Autofahren: Motor an und los. Beim Reiten kann selbst der lahmste Esel plötzlich eine eigene Meinung haben", sagt der Trainer und Turnierrichter.Mit viel Humor geht auch der bunte Max in die Silvesternacht. "Max ist ein Ara. Er lebt bei unserem Chef zu Hause und im Sommer im Außengehege in seiner Papageienvolière, wo er zeitweise auch Freigang hat", erzählt Manuela Dünkel. Die 40-Jährige ist seit 2006 Angestellte im "Kirner Eck" in Sulzbach. Geschäftsführer und Eigentümer Hans Blischke ist Papageienpapa und seit 14 Jahren im Restaurant. "Im Winter ist Max im Büro über dem Restaurant. Daher ist er an Silvester auch da, wenn wir geöffnet haben", erzählt Dünkel. Und Max sei mit seinen über dreißig Jahren sowieso ein Gesellschaftstyp. "Im Sommer im Biergarten amüsieren sich die Leute köstlich über ihn. Er sagt "Hallo Papa", klopft mit dem Schnabel auf den Boden und sagt herein und ahmt das Lachen der Gäste nach", sagt die Papageien-Freundin. Um Max müsse man sich daher an Silvester keine Sorgen machen. "Unwahrscheinlich, dass er vor Schreck tot von der Stange fällt, er ist nicht schreckhaft. Wenn's knallt, bleibt er ganz ruhig, schreit höchstens mal mit, ahmt das Böllern nach", so Dünkel.

Nicht ganz so gute Nerven hat die sechsjährige Hündin Sarah. "Ich bin mit Hunden aufgewachsen. Die waren alle nicht so schreckhaft, aber dann kam Sarah", erinnert sich Hundemama Sabine Ringeisen aus Jägersfreude. Die 43-jährige, dreifache Mutter kriegt an Silvester und den umliegenden Tagen die Panikstimmung des 30-Kilo-Mischlings hautnah mit. "Das erste Silvester war noch normal", erinnert sich Tochter Kim. Die 15-Jährige hat die Hündin an den Böllertagen schon oft von hinten gesehen. "Am ersten Silvester waren wir mit ihr draußen. Ich glaub, da hat sie sich den Schreck geholt. Jetzt kriecht sie, wenn es sein muss, unter den kleinsten Kinderstuhl", sagt sie. Deswegen müsse man das Hundegeschäft organisieren. "Ab dem 29. Dezember, wenn die Knaller gekauft werden, kriege ich sie nicht mehr aus der Tür. Erst am 2. oder 3. Januar wieder, es wird ja immer nachgeknallt. Silvester ist hart", kommentiert die Hundemutti. Und die ganze Familie fühlt mit der Hundedame: "Sie tut mir schon leid, es wird jedes Jahr schlimmer. Sie zittert wie Espenlaub am ganzen Leib. Ich versuche sie zu beruhigen", so Ringeisen. Das Problem Silvesterböller sei auch schon beim Tierarzt Thema gewesen. "Der Hund soll drinbleiben, und wir dürften nur kurze Strecken mit ihr fürs Hundegeschäft machen, um unnötigen Stress zu vermeiden", erinnert sie sich ans Arztgespräch.

Während Sarah bei Familie den Ringeisen ihre Ängste aushält, sitzt Katze Cola seelenruhig am Fenster. "Sie schaut gerne zu. Obwohl sie auch schon mal auf Sarah draufgesprungen ist, wie letztens auf den Weihnachtsbaum", sagt Kim und lacht.

Spannend bleibt es auch bei den Jüngsts an Silvester. Die siebenköpfige Patchworkfamilie mit fünf Kindern gibt sechs Tieren Quartier. "Wir haben zwei Hunde und zwei Kaninchen, unsere Katze und das Minischwein", sagt Michaela Jüngst aus Dudweiler beim Durchzählen. Die 39-Jährige hat ihre Familiengemeinde im Griff. "Die Hunde spitzen beim Feuerwerk zwar die Ohren, aber es wird nicht gejault oder gebellt", sagt die Dudweilerin. Sie hat schon viele Silvester mit Hunden verbracht. "Man darf den Tieren nicht so viel Beachtung geben, je mehr man auf sie eingeht, desto schlimmer wird's", sagt sie. Trotzdem wählt Jüngst einen Schongang: "Die Kinder knallen ja schon früher, dann gehen wir nicht mehr raus spazieren, das ist viel zu laut für Hundeohren", so die vielfache Tiermutter. Doch der sechsjährige Schäferhundmischling Spike und die 14-jährige Betty dürfen am späten Silvesternachmittag noch schnell in den Garten flitzen. "Noch einmal toben und kleines Geschäft. Sie würden zwar mit mir überallhin kommen, aber ich will sie nicht unnötig aufregen", sagt sie. Familienkatze Shanthie macht sich auch keinen Stress: "Sie kommt rein und legt sich zu mir auf die Couch und schläft", berichtet Philipp Jüngst. Der Siebenjährige weiß auch, was die beiden Hasen beim Jahreswechsel machen. "Hoppelhase Hans und Sandy haben wir seit zwei Jahren. Die springen schon ein bisschen hin und her", erzählt er. Doch auf dem Balkon werden Vorkehrungen getroffen. "Die beiden sind draußen. Da mach ich eine Abdeckung über den Stall, könnte ja sein, dass was rein fliegt. Aber die beiden sind ja nicht allein", fügt Michaela Jüngst an. Spannend hingegen bleibt es mit Familienneuling Fridolin. "Unser Hausschwein haben wir seit August. Wir wissen nicht, wie es an Silvester reagiert", sagt sie. Trotz bekannter Nervensensibilität von Schweinen, macht man sich keine Sorgen "Schweine sind sehr empfindsam, können schnell einen Herzinfarkt bekommen. Ich weiß nicht, was passiert, ich lasse ihn auf dem Platz, den er gewöhnt ist mit dicker Decke", so Jüngst entschlossen, während der kleine Fridolin durch den Flur grunzt. "Wegen unsrer beiden Hunde denkt er oft, er wäre auch einer. Obwohl Schweine nicht gut Treppen laufen können, rennt er butterweich den Hunden hinterher", sagt sie lachend. Scheinbar steckt das ruhige Wesen der Hausmutter Tier und Mensch an. "Ich denke, die Leute sollten nicht soviel Aufhebens machen, das überträgt sich", bestätigt Jüngst kurzerhand.Saarbrücken. Die Tiere des Saarbrücker Zoos sind in ihrer Wohnlandschaft den Silvesterböllern der Landeshauptstadt großflächig ausgesetzt. Tierarzt und Zoodirektor Richard Francke gibt in Sachen Aufregung Entwarnung: "Wir haben absolut keine Unruhe. Die Tiere sind an Gewitter gewöhnt, die wissen, dass da keine Gefahr ist", so der Zootierexperte gegenüber unserer Zeitung.

Daher gebe es im Zoo auch keine Vorsichtsmaßnahmen, die getroffen werden müssten.

"Die Tiere sind in ihrer Behausung, das dämpft ohnehin", sagt er zu der bevorstehenden Knallerei. Angesprochen auf das Thema Hund, hat er für die Silvesternacht ein paar Tipps parat: "Hunde reagieren hysterischer. Der Wesenszug hat sich im Verlauf der Jahrhunderte verstärkt, weil der Hund kein Zuchttier ist. Er leidet furchtbare Angst, wenn es knallt", erläutert Francke. Doch viel läge auch im Verhalten des Hundehalters begründet. "Oft liegt es am Besitzer, der sollte nicht betüdelig sein, das Tier trösten, oder es sogar noch für sein hysterisches Verhalten mit Leckerlis belohnen. Am besten, man zeigt dem Tier, dass alles normal und unbedrohlich ist, indem man kaum auf Geknalle und Gejaule eingeht", empfiehlt der Fachmann aus dem Saarbrücker Zoo. ane

Archivfoto: bub

"Schweine sind

sehr empfindsam."

Michaela Jüngst

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