Prostituiertenschutzgesetz Wenn Bürokratie auf das Rotlichtmilieu trifft

Saarbrücken · Am 24. Oktober soll das Prostituiertenschutzgesetz in Kraft treten – Hilfsverbände haben gestern im Landtag die Anmeldegebühr kritisiert

() Den Schutz von Prostituierten und ihr Selbstbestimmungsrecht stärken, ihre Gesundheit schützen und Kriminalität in der Prostitution wie Menschenhandel, Gewalt, Ausbeutung und Zuhälterei bekämpfen. Das sind die Ziele des Prostituiertenschutzgesetzes des Bundes, das die Landesregierung am 24. Oktober in zweiter und letzter Lesung im Landtag in Landesrecht überführen will. In einer Anhörung vor dem Sozialausschuss schilderten gestern Vertreter der kommunalen Spitzenverbände sowie von Hilfsorganisationen den Abgeordneten ihre Positionen zum Gesetzentwurf. Dieser sieht vor, dass der Regionalverband Saarbrücken für die Kontrolle des Prostitutionsgewerbes zuständig wird und sich Prostituierte regelmäßig dort gesundheitlich beraten lassen müssen, wobei die Beratung kostenlos ist. Einhellig auf Zustimmung stieß das Vorhaben, alle Zuständigkeiten dem Regionalverband zu übertragen, in dem die meisten Prostituierten arbeiteten. Dies mache es den Betroffenen leicht, Ansprechpartner zu finden und verhindere Doppelstrukturen.

Auf Kritik bei den Hilfsverbänden, Aldona, Drogenhilfezentrum Saarbrücken, Aids-Hilfe Saar und Hadassah initiative féminine, stieß jedoch die geplante Anmeldegebühr. Prostituierte, die im Saarland ihrer Arbeit nachgehen wollen, sollen künftig alle zwei Jahre 50 Euro zahlen, wenn sie über 21 Jahre alt sind. Die Gebühr soll jährlich fällig werden, wenn sie unter 21 sind. So sieht es die Begründung des Gesetzentwurfs vor.  Die Erhebung dieser Gebühren steht im Widerspruch zu dem beabsichtigten Schutzgedanken des Gesetzes“, sagte Alexander Kuhn von der Aids-Hilfe Saar, die sich auch um männliche Prostituierte kümmert. Viele Prostituierte gingen unter prekären Umständen ihrer Tätigkeit nach, sie müssten besseren Zugang zu Beratungs- und Hilfsangeboten erhalten, die Gebühr sei hier eine hohe Hürde.  „Eine Gewerbeanmeldung in einem anderen Beruf ist nur einmal fällig bis das Gewerbe wieder abgemeldet wird. Dass Prostituierte alle ein bis zwei Jahre sich neu anmelden müssen, gibt es für keine andere Berufsgruppe in Deutschland. Das ist Diskriminierung“, sagte Kuhn. Noch hätten nicht alle Bundesländer entsprechende Ausführungsgesetze, doch zeichne sich ein Flickenteppich in Deutschland ab. So wolle Schleswig-Holstein etwa keine Anmeldegebühr verlangen. Manche Bundesländer beschränkten die Anmeldung nur auf das eigene Bundesland, andere erlaubten die Arbeit bundesweit. Letzteres ist im Saarland vorgesehen.

„Der Punkt der Gebühren und der Anmeldung sorgt für viel Verunsicherung im Milieu“, berichtet Sabrina Burkhart von der Hilfsorganisation Aldona. Viele Frauen empfänden den Anmeldeprozess als belastend. „Der Betrag von 50 Euro wäre angemessen, wenn es sich um eine einmalige Zahlung handeln würde“, sagte sie. Die wiederholt fällige Zahlung sei eine Hürde für die Etablierung des Anmeldeprozesses. Bis Ende des Jahres müssen die Prostituierten die Anmeldung beantragt haben. Doch die Frist verkürze sich im Saarland durch die zeitlich verzögerte Umsetzung des Gesetzes. Dies müsse durch eine verstärkte Zahl von Infokampagnen aufgefangen werden. Das Gesetz könne nur funktionieren, wenn auch die Beratungslandschaft mehr Unterstützung erhalte. Ein Vertreter des Sozialministeriums sagte, eine interministerielle Arbeitsgruppe berate noch über die endgültige Höhe der Gebühren. „Aber ohne geht es nicht“, sagte er.

Die Geschäftsführerin des Städte- und Gemeindetages, Barbara Beckmann-Roh, lobte, dass mit dem Sozialministerium Regelungen gefunden worden seien, die das Konnexitätsprinzip (wenn das Land der kommunalen Seite neue Aufgaben zuweist, muss das Land diese bezahlen) berücksichtigten und somit dem Regionalverband einen Belastungsausgleich gewährten. In das Lob stimmte der Geschäftsführer des Landkreistages, Martin Luckas, nicht ein: „Ich kann nicht nachvollziehen, dass der Entwurf nicht zu Lasten des Regionalverbands gehen könnte.“  Denn das Konnexitäts-Ausgleichsgesetz habe den Haken, dass, wenn die sogenannte Wesentlichkeitsgrenze unterschritten werde, es  unter Umständen kein Geld vom Land gebe. Der Regionalverband könne auf rund 80 000 Euro sitzen bleiben.  Das Risiko sei zwar gering, dennoch  müsse die Vollkostenübernahme in den Entwurf aufgenommen werden.  Die Schätzung der Landesregierung geht von jährlich laufenden Kosten in Höhe von 243 807 Euro aus.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort