Weitere Förderschulen schließen Behinderte aus

Saarbrücken. Neben der Förderschule Geistige Entwicklung in Dillingen sind weitere Förderschulen im Saarland dazu übergegangen, Schüler wegen der Kürzung von Integrationshelferstunden teilweise vom Unterricht auszuschließen. SZ-Recherchen ergaben, dass es auch in den beiden Förderschulen für körperlich-motorische Entwicklung in Homburg und Püttlingen solche Fälle gibt

Saarbrücken. Neben der Förderschule Geistige Entwicklung in Dillingen sind weitere Förderschulen im Saarland dazu übergegangen, Schüler wegen der Kürzung von Integrationshelferstunden teilweise vom Unterricht auszuschließen. SZ-Recherchen ergaben, dass es auch in den beiden Förderschulen für körperlich-motorische Entwicklung in Homburg und Püttlingen solche Fälle gibt. Das bestätigten die Leiter dieser beiden Schulen, Stefan Friderich und Christoph Mittmann, auf SZ-Anfrage. Nach Angaben der beiden hat das Landesamt für Soziales, das dem Sozialministerium untersteht, die Integrationshelferstunden an ihren Förderschulen für alle Schüler, die eine solche Unterstützung benötigen, auf 21 festgesetzt. Damit stehen an zwei von fünf Wochentagen keine Integrationshelfer zur Verfügung.Friderich, der die Schule in Homburg leitet, sagte der SZ, an seiner Schule benötigten 26 Schüler Eingliederungshelfer. Bei dreien von ihnen habe man die vom Landesamt für Soziales verfügte Reduzierung der Stundenzahl auf 21 Stunden durch einen flexibleren Einsatz der Eingliederungshelfer auffangen können. Bei anderen funktioniere das hingegen nicht. Da sei "der Betreuungs- und Pflegeaufwand so groß, dass wir das nicht leisten können", betonte Friderich. Daher müsse die Schule jetzt "vier Kinder an zwei Tagen in der Woche zu Hause lassen".

In Püttlingen benötigen nach Angaben des dortigen Schulleiters Mittmann 15 Schüler Integrationshelfer. In dieser Woche habe man zwei Schüler an jeweils zwei Tagen in der Woche nicht zum Unterricht zulassen können, weil in dieser Zeit keine Integrationshelfer zur Verfügung standen. Wenn es nicht bald zu einer neuen Regelung komme, dürften demnächst noch mehr Kinder vom teilweisen Ausschluss vom Unterricht betroffen sein, befürchtet Mittmann.

Beide Schulleiter versicherten, dass sie das Landesamt rechtzeitig darauf aufmerksam gemacht hätten, dass für die betreffenden Schüler ein Betreuungsbedarf während der gesamten Unterrichtszeit bestehe. Auch hätten die Eltern ihre Anträge fast ausnahmslos rechtzeitig gestellt. Zudem gehe es hier in der Regel um die Verlängerung laufender Integrationsmaßnahmen und nicht etwa um neue Sachverhalte. Friderich geht davon aus, dass die meisten Eltern Widerspruch gegen die Bescheide des Landesamtes einlegen. Mittmann nannte die Bescheide "willkürlich". Sie seien "wörtlich gleichlautend".

Bildungsminister Klaus Kessler (Grüne) äußerte sich auf SZ-Anfrage zur Situation an der Dillinger Förderschule für geistige Entwicklung, wo ebenfalls wegen der Kürzung von Integrationshelferstunden sechs Schüler für zwei Wochentage vom Unterricht ausgeschlossen wurden. Er vertrat die Meinung, "dass solch eine Zuspitzung nicht nötig gewesen wäre", und riet "allen Betroffenen", sich um eine "pragmatische Lösung" zu bemühen. Deshalb werde bereits nächste Woche ein Abstimmungsgespräch auf Staatssekretärs-Ebene zwischen Bildungs- und Sozialministerium stattfinden. "Es muss selbstverständlich gewährleistet sein, dass behinderte Kinder nicht ohne Weiteres vom Schulbesuch ausgeschlossen werden", unterstrich Kessler.

Stichwort

Integrationshelfer übernehmen sowohl Pflegehilfe als auch Hilfestellung im Unterricht. Ein Integrationshelfer ist kein Zweitlehrer. Vielmehr unterstützt er den Schüler etwa durch das Führen der Hand bei Übungen, bietet diesem soziale und emotionale Unterstützung und hilft bei der Kommunikation. Schwerstbehinderte Schüler unterstützt er auch bei lebenspraktischen Verrichtungen wie zum Beispiel dem Gang zur Toilette. nof

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort