"Was bringt es mir, den Euro zu retten?"Bürger im Kreis sehen ihr Geld nicht in Gefahr

Merzig. Rund 50 interessierte Bürger ließen sich am Freitag in der Villa Fuchs von einem hochkarätigen Podium über den Stand der Dinge informieren. "Europadämmerung — was bringt es mir, den Euro zu retten?" lautete das Motto einer Veranstaltung der Jungen Union Merzig-Wadern

Merzig. Rund 50 interessierte Bürger ließen sich am Freitag in der Villa Fuchs von einem hochkarätigen Podium über den Stand der Dinge informieren. "Europadämmerung — was bringt es mir, den Euro zu retten?" lautete das Motto einer Veranstaltung der Jungen Union Merzig-Wadern. Antworten zu diesem umfassenden Themenkomplex gaben Peter Altmaier, Parlamentarischer Geschäftsführer der CDU-Fraktion im Deutschen Bundestag, Jorgo Chatzimarkakis, Abgeordneter des Europaparlaments und Bundesvorstand der FDP sowie Christian Molitor, stellvertretender Geschäftsführer des Sparkassenverbandes Saar. Dabei stellten sich die Kenner der Materie nicht nur den Fragen der JU-Moderatoren Philip Hoffmann und Christina Biermann, sondern diskutierten auch mit dem Publikum.Einigkeit bestehe in der gesamten Finanzwelt, dass der Schuldenberg, unter dem Griechenland derzeit leide, nicht mehr abzubauen sei, bestätigte Molitor. "Sparsame Haushaltsführung und Steueranhebung wird dort aller Voraussicht nach nicht reichen", sagte der Finanzexperte. Deshalb sei ein Schuldenschnitt unvermeidlich. Dem konnte Altmaier nur zustimmen, ergänzte jedoch: "Es gibt aber noch weitere Kandidaten wie Italien, Portugal und Spanien, die auch schon ziemlich in der Kurve hängen." Im Blickpunkt der weltweiten Wirtschaftspolitik stünden zudem Japan, die USA und England, das nicht zum Euroraum gehört, betonte Altmaier. In Ungarn und den baltischen Staaten habe man eine ziemlich vergleichbare Situation. Der Vorschlag vieler Politiker, zur Lösung des Problems noch mehr Schulden zu machen, sei kein guter Rat, befand der Unionspolitiker. "Das bedeutet, dass die Zentralbank alle Staatsanleihen aufkauft, das Problem damit löst und die Party weiter geht", so Altmaier. Eine einfache Familie wäre nicht glaubwürdig, wenn sie ihre Verschuldung durch neue Schulden decken würde. Altmaier: "Dann darf jeder sagen: Die ticken doch nicht richtig." Es gelte also für Familien ebenso für Staaten, aus den Schulden heraus zu kommen.

In Deutschland sei ein probates Mittel die gesetzlich verordnete Schuldenbremse. Den Rauswurf Griechenlands aus der Eurozone halte er — so unterstrich Altmaier — für die schlechteste aller möglichen Lösungen. Mit einer Rückkehr zur Drachme sei das südeuropäische Land nicht in der Lage, eine funktionierende Wirtschaft aufzubauen. "Zudem hätte das einen Domino-Effekt", warnte Altmaier. Wenn in Europa ein Staat falle, drohe daraus eine Kettenreaktion zu erwachsen. "Wir als stärkstes europäisches Land müssten am Ende alle Schulden der übrigen EU-Staaten bezahlen — das können wir nicht", mahnte der Parlamentarier. Die Frage, wie sich die Krise beim einzelnen Bürger bemerkbar mache, beantwortete Altmaier mit einer Gegenfrage. "Haben Sie in Ihrem Geldbeutel schon was von der Krise bemerkt?"

Als fundierter Kenner griechischer Politik und Wirtschaftsgebaren erläuterte Chatzimarkakis bis ins Detail die diesbezüglichen Schwächen des Landes am Peloponnes. Griechenland habe keine eigene Industrie. Die Griechen wollten deutsche Autos, Staubsauger und Fernsehgeräte kaufen. "Wie sollten sie diese mit einer abgewerteten Drachme bezahlen?" fragte der Europapolitiker. Deutschland dürfe nicht vergessen, dass man im europäischen Binnenmarkt größter Nutznießer sei. "Wir dürfen alleine deshalb Griechenland nicht fallen lassen", forderte Chatzimarkakis. Insgesamt gab es völligen Konsens der beiden Politiker mit dem Finanzexperten. Ein Euro-Land könne seine finanziellen Probleme nicht mehr durch Neudrucken von Geld lösen, erklärte Molitor. "Die große geänderte Spielregel in der EU ist, dass kein Staat mehr Zugriff auf seine Zentralbank hat, so wie früher." Das halte die Währung stabil. Ein weiteres Mittel zur Stabilisierung der Wirtschaft seien wohl überlegte Konjunkturprogramme, wie die Abwrackprämie.

Eine Inflation sei derzeit nicht zu befürchten, "weil der Euro in den letzten zehn Jahren weniger Inflation hatte als die D-Mark je zuvor", sagte er. Auch die Spareinlagen der Bürger seien sicher. "Derzeit wird Europa zum großen Teil vom deutschen Staat ebenso getragen wie das europäische Finanzsystem", beruhigte der Sparkassen-Vertreter. Merzig. Wie eine Umfrage der Jungen Union unter Waderner Bürgern bestätigte, sehen die Menschen im Grünen Kreis ihr Geld keineswegs gefährdet. Dabei herrscht nach wie vor großes Vertrauen in die Zuverlässigkeit deutscher Bankinstitute und insbesondere zu den Sparkassen. Genau das bestätigte am Freitag anlässlich des Info-Abends in der Villa Fuchs auch Christian Molitor vom saarländischen Sparkassenverband. "Bei den Sparkassen ist das Geld ganz sicher." Allerdings sei die Finanzwirtschaft derzeit im Krisenmodus.

Deshalb könne man nachvollziehen, wenn Bürger aufgrund der ständig von der Europäischen Zentralbank in die Märkte eingespeisten Riesensummen eine schleichende Inflation befürchteten. "Wir haben im Moment eine komplette Ausnahmesituation", stellte Molitor fest.

Europäische Zentralbanker seien jedoch so angelegt, dass sie ein Anti-Inflations-Gen besäßen", meinte der Sparkassenmann, Christian Molitor. Wohl sei man derzeit der einheitlichen Meinung: "Zwei Jahre durchhalten und auch unpopuläre Dinge machen, aber dann wieder in den Normalmodus zurückkehren." Er glaube an die Kompetenz der Leute der europäischen Zentralbank. "Die sind in der Lage, die Situation richtig einzuschätzen", sagte Molitor. owa

"Wir haben im Moment eine komplette Ausnahme-

situation."

Christian Molitor, saarländischer Sparkassenverband

Auf einen Blick

Als Fazit der Veranstaltung bestätigt Philip Hoffmann, Vorsitzender der Jungen Union Merzig-Wadern: "Die Menschen fühlten sich durch unsere Podiumsgäste sehr gut informiert." Zum Thema der Veranstaltung habe sich eine einhellige Meinung herausgebildet: "Wir wollen keine Kleinstaaterei mehr in Europa mit vielen Währungen." Es sei gerade ein Segen, hier in der Grenzregion nach Frankreich oder Luxemburg zum Einkauf fahren zu können, ohne sich Gedanken über Wechselkurse oder Devisen machen zu müssen.

Zu den früheren Zeiten, so bekannten sich die Besucher, wolle man nicht mehr zurückkehren. "Der Euro muss bleiben." Für die Junge Union Merzig sei dieser Infoabend ein gelungener Einstieg in eine nachfolgende Veranstaltungsreihe gewesen, sagte Hoffmann. "Wir werden weitere wichtige Themen aufgreifen und mit Gästen diskutieren." owa

Ausschnitte der Video-Aufzeichnung in Kürze unter: www.youtube.com/

 Was kann der Euro-Rettungsschirm leisten? Foto: Dedert/dpa

Was kann der Euro-Rettungsschirm leisten? Foto: Dedert/dpa

 Rund 50 Gäste interessierten sich für das Thema Euro und Europa in der Villa Fuchs. Foto: Norbert Wagner

Rund 50 Gäste interessierten sich für das Thema Euro und Europa in der Villa Fuchs. Foto: Norbert Wagner

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