Wartefrust zwischen den Jahren

Neunkirchen · Zwei SZ-Leserreporter erlebten am 27. Dezember überlange Wartezeiten in der Bereitschaftsdienstpraxis am städtischen Klinikum Neunkirchen. Die verantwortliche kassenärztliche Vereinigung Saar (KV) räumt ein, dass man mit einem derartigen Patientenandrang „zwischen den Jahren“ nicht gerechnet habe.

. Kranksein ist allemal keine erfreuliche Sache. Wenn der notwendige Arztbesuch dann aber zu einer fast tagfüllenden Veranstaltung wird, ist die ganze Sache umso ärgerlicher. Diese Feststellung machte Roland Voss aus Schiffweiler, der am Freitag, 27. Dezember, gemeinsam mit seiner ebenfalls schwer erkälteten Ehefrau den Bereitschaftsdienst am städtischen Klinikum Neunkirchen in Anspruch nehmen wollte. "Wir sind erst nach über fünf Stunden Wartezeit an die Reihe gekommen", schildert Familie Voss der SZ ihren Ärger. Dabei macht sie nicht dem diensthabenden Arzt einen Vorwurf, sondern sucht den Fehler im Organisationssystem, das es zulasse, dass Kranke viele Stunden lang in zu kleinen und deswegen heillos überfüllten Warteräumen ausharren müssten. Auch Wilfried Dietz, der Ortsvorsteher von Schiffweiler, bestätigt die schlechten Erfahrungen von Voss. Denn er steckte ebenso stundenlang in der Warteschleife.

Klaus-Dieter Hielscher, der Geschäftsführer des städtischen Klinikums, weiß von den Problemen. Doch sein Haus stelle nur die Räume für den Bereitschaftsdienst, der eine Dienstleistung der kassenärztlichen Vereinigung (KV) Saar sei. An Wochenenden, Feiertagen und neuerdings auch an so genannten Brückentagen, wie es der Freitag, 27. Dezember, einer war, stellt die Bereitschaftsdienstpraxis die Notfall-Versorgung sicher, wenn der Hausarzt keine Sprechstunden anbietet und auch kein Vertreter benannt wird.

Dr. Joachim Meiser von der KV Saar in Saarbrücken, den die SZ zu den Problemen in Neunkirchen befragte, weiß um die unbefriedigende Situation für die Patienten, die sich am Montag, 30. Dezember, ähnlich gezeigt habe. Wobei es wohl landesweit in den Bereitschaftsdienstzentren zu einer Überlastung des Personals wegen unerwartet vieler Patienten kam. "Wir sind dabei, das alles aufzuarbeiten", so Meiser, der selbst viele Jahre als niedergelassener Vertragsarzt (Kassenarzt) gearbeitet hat. Die KV strebe an, dass jederzeit mindestenz die Hälfte der örtlichen Praxen geöffnet seien und dass für Vertretungsregelungen gesorgt werde. Die Bereitschaftsdienstpraxen seien schließlich ein Notfall-Angebot und nicht gedacht als Routine-Anlaufstelle, wenn der gewohnte Arzt nicht zu erreichen ist. "Da müssen wir bei Ärzten und Patienten noch mehr Aufklärungsarbeit leisten", so Meiser. Die KV geht zunächst davon aus, dass die überfüllten Bereitschaftsdienstzentren auch durch viele Patienten mit Routine-Anliegen wie Rezept-Ausstellungen oder Bluddruckmessungen verursacht worden sein könnten. Aber das soll die Analyse jetzt zeigen. Klar sei aber, dass es zum Jahreswechsel 2013/2014 durch die Ballung der Brückentage und damit vermehrte Praxisschließungen bei den niedergelassenen Ärzten in den Notfall-Bereitschaftsdiensten (die sind üblicherweise mit einem stationären Mediziner und einem Kollegen für notwendige Hausbesuche besetzt) zu "unglücklichen Konstellationen" gekommen sei. Was die Leute kaum trösten wird, die stundenlang gewartet haben.

Den Tipp für diesen Artikel bekamen wir von SZ-Leser-Reporter Roland Voss. Wenn Sie Interessantes zu erzählen haben, hinterlassen Sie eine Sprachnachricht unter Telefon (0681) 5 95 98 00, schicken Sie eine E-Mail an leser-reporter@sol.de oder füllen Sie unser Onlineformular unter www.saarbruecker-zeitung.de/leserreporter aus.

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