Neues Helmholtz-Zentrum Waldschützer sehen Ausbau skeptisch

Saarbrücken · BUND und Nabu Saar hegen Zweifel, ob es noch zeitgemäß ist, IT-Forschungsgebäude in geschützten Waldgebieten zu errichten.

Der Wald hinter dem neuen Zentrum für IT-Sicherheit, Cispa, an der Ost-Grenze des Saar-Uni-Geländes, wird als möglicher Standort für ein neues Forschungsgebäude untersucht. Dagegen formiert sich Widerstand.

Der Wald hinter dem neuen Zentrum für IT-Sicherheit, Cispa, an der Ost-Grenze des Saar-Uni-Geländes, wird als möglicher Standort für ein neues Forschungsgebäude untersucht. Dagegen formiert sich Widerstand.

Foto: BeckerBredel

In der CDU/SPD-Landesregierung ist man stolz auf den größten Ansiedlungserfolg seit Jahren: In Saarbrücken wird das Helmholtz-Zentrum für Computersicherheit entstehen. 500 internationale Spitzenforscher, angeführt von Professor Michael Backes, sollen in Zukunft den Angreifern aus dem Internet Paroli bieten. Doch nachdem dieser „Meilenstein für das Saarland“ (Ministerpräsidentin Annegret Kramp-Karrenbauer, CDU) gebührend gefeiert wurde, setzt Ernüchterung ein. Denn bereits zu Beginn der Planungen zeigt sich, dass es Abstimmungsprobleme zwischen Bauminister Klaus Bouillon (CDU) und Umweltminister Reinhold Jost (SPD) gibt, was die in Aussicht genommenen Bauplätze für das Helmholtz-Zentrum anbelangt.

So sagte Jost in Richtung Bouillon und Kramp-Karrenbauer, dass er überrascht gewesen sei, aus der Zeitung erfahren zu müssen, dass ein 22 Hektar großes Gelände östlich der L 251 im Besitz des Saarforst-Landesbetriebs als Standort des Helmholtz-Zentrums in die Planungen einbezogen worden sei. Bisher sei mit ihm nur über zwei andere mögliche Standorte gesprochen worden. Nämlich über eine acht Hektar große Fläche zwischen Stuhlsatzenhausweg und der L 252 (ebenfalls Saarforst), sowie eine Fläche gegenüber des Science Parks (kommunaler Stadtwald Saarbrücken).

Seine deutliche Ansage an Bouillon und Kramp-Karrenbauer lautete, dass alle in Aussicht genommenen Bauplätze für das Helmholtz-Zentrum nicht unproblematisch seien. In dem 22 Hektar großen Gebiet gegenüber dem funkelnagelneuen Cispa-Computer-Sicherheitsinstitut, in dem Professor Backes derzeit forscht, gebe es Alt- und Totholzbestände sowie historisch gewachsene Waldböden, die nicht ohne Weiteres einer anderen Nutzung überführt werden könnten.

Und ob die von Kramp-Karrenbauer gewünschten Bauplätze überhaupt tauglich sind, ist laut Jost ohnehin fraglich. Denn alle diese Bauplätze befinden sich in Wäldern, die zu dem Landschaftsschutzgebiet St. Johanner Stadtwald gehören. Zur Entwidmung dieser Teilflächen des Landschaftsschutzgebietes gibt es es laut Umweltministerium ein langwieriges Verfahren. Für die Ausgliederung seien die Träger öffentlicher Belange zu beteiligen, dazu gehören auch die betroffenen Kommunen, Naturschutzverbände, zuständige Behörden und Stellen für Landesplanung, Forst, Jagd, Landwirtschafts- und Infrastruktureinrichtungen. Anschließend würden Verfahrensunterlagen in den betroffenen Kommunen nach Ankündigung für mindestens einen Monat öffentlich ausgelegt. In dieser Zeit haben alle betroffenen Bürger die Möglichkeit, ihre Belange geltend zu machen und Einwendungen oder Anregungen vorzubringen. Alle Stellungnahmen, Einwendungen und Anregungen würden von der obersten Naturschutzbehörde im Ministerium geprüft und schriftlich beantwortet. Erst dann treffe die Behörde und der Umweltminister die abschließende Entscheidung. „Ob das Verfahren positiv abgeschlossen wird, ist derzeit noch nicht absehbar und kann erst nach Abwägung aller vorgetragenen öffentlichen und privaten Belange entschieden werden“, betonte Minister Jost.

Doch nicht nur Jost hat Bedenken dagegen, ob es angemessen ist, dass das Zentrum der Spitzenforschung in das Landschaftsschutzgebiet gebaut wird. „Wir diskutieren noch über schutzwürdige Zonen, aber Kramp-Karrenbauer sagt schon ein bisschen bastamäßig, wir gehen in den Wald hinein“, kritisierte der Chef des saarländischen Landesverbands des Bundes Umwelt- und Naturschutz Deutschland (BUND), Christoph Hassel. Der BUND erwarte, dass bei diesem Helmholtz-Bauprojekt die gleichen strengen Kriterien angelegt werden wie beim Bau von Windkraftanlagen. Zudem bezweifelte Hassel, dass in Zeiten des Internets und der Digitalisierung noch Forschungseinrichtungen quasi Tür an Tür gebaut werden müssten. Die Ansiedlung des Helmholtz-Zentrums in unmittelbarer Nähe zum bestehenden Cispa-Institut war von Backes gefordert worden.

Helmut Harth, Waldreferent des Landesverbandes des Naturschutzbundes Deutschland (Nabu), sagte der SZ, da die Größenordnungen der von der CDU/SPD-Landesregierung genannten Bauplätze zwischen zwei und 22 Hektar schwankten, sei eine Bewertung der Tragweite des Eingriffs in ökologisch wertvolle Waldflächen „spekulativ“. Der Nabu wolle in dem Planverfahren gerne sein Fachwissen einbringen. Wesentlich sei eine vernünftige Standortanalyse. „Der Eingriff in die Natur muss so gering wie möglich sein, egal, wie willkommen dieses Bauprojekt als solches ist“, betonte Harth.

Harth sagte, es zähle nicht, ob man nun leichter an ein Gelände herankomme, weil es dem Saarforst oder der Stadt Saarbrücken gehöre. „Warum geht man nicht einfach aufs Messegelände?“, fragte sich Harth. Da gebe es einen direkten Autobahnanschluss, Parkplätze und die Hochschule für Technik und Wirtschaft (HTW) in räumlicher Nähe. Da gebe es auch noch Erweiterungspotential. Auch die Saar-Grünen hatten sich bereits ähnlich geäußert. Anwohner aus Dudweiler haben laut Harth bereits bei ihm angerufen, weil sie eine Bürgerinitiative zum Erhalt des Landschaftsschutzgebietes und gegen den Helmholtz-Zentrum-Neubau gründen wollen.

Derweil beobachtet laut Kramp-Karrenbauer der Ingenieur Hans Walter Trapp mit seiner Agsta Umwelt GmbH aus Völklingen die Vegetationsperiode auf den in Aussicht genommenen Bauplätzen. Offenbar sehr diskret, denn der zuständige Revierförster der beiden Saarforstflächen ist bisher nicht darüber unterrichtet, wie die Saarbrücker Zeitung erfuhr.

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