Wahnsinnige Wut auf Ärzte

Dudweiler. Es fällt aus dem Rahmen, Axel Herzogs neues Buch "Der Krüppel und das Gift", das im Herbst beim Conte Verlag erscheint. Hier fehlt das gemütliche Flair seiner 3-Euro Krimis, bei denen man ahnt, trotz Mord und Totschlag wird am Ende alles gut. Obwohl es auch in "Der Krüppel und das Gift" letztendlich um Mord geht, um Schuld, Rache und ärztliche Verantwortung

 Axel Herzog hat ein neues Buch geschrieben. Foto: Bilderwerk

Axel Herzog hat ein neues Buch geschrieben. Foto: Bilderwerk

Dudweiler. Es fällt aus dem Rahmen, Axel Herzogs neues Buch "Der Krüppel und das Gift", das im Herbst beim Conte Verlag erscheint. Hier fehlt das gemütliche Flair seiner 3-Euro Krimis, bei denen man ahnt, trotz Mord und Totschlag wird am Ende alles gut. Obwohl es auch in "Der Krüppel und das Gift" letztendlich um Mord geht, um Schuld, Rache und ärztliche Verantwortung. Dr. Wolf Wernau leidet an einer besonderen Ausformung der Retinitis Pigmentosa, dem Refsum Syndrom, einem vererbten Gendefekt, der zu Erblindung, Schwerhörigkeit und Bewegungsstörungen führt. Wären seine Ärzte damals informiert gewesen und hätten es diagnostiziert, könnte er womöglich noch sehen und wäre nicht auf einen Rollstuhl angewiesen, findet er heraus. Jetzt quält ihn nicht nur sein Körper, sondern es tun auch Rachegedanken, als die vermeintliche Studentin Lisa in sein Leben schneit und seinem Brüten eine neue Richtung gibt. Was Herzog zu diesem Buch getrieben hat, ist die Tatsache, das Wernaus Krankengeschichte seine eigene ist: "Erst vor zwei Jahren, also mit 62, habe ich von einigen Koryphäen erfahren, dass man mir hätte helfen können. Hätten meine behandelnden Ärzte damals vom Refsum Syndrom gewusst." Durchaus möglich, denn schon 1963 hätte es Veröffentlichungen in Fachjournalen gegeben. Mit einer speziellen Diät wäre der Verlauf der extrem seltenen Krankheit - in Deutschland gibt es nur an die 80 Betroffene - zu verlangsamen gewesen, die Erblindung hätte weit später eingesetzt, Schwerhörigkeit und andere Beschwerden wären vermeidbar gewesen. "Mit zwölf war ich zum ersten mal wegen meiner Sehverschlechterung beim Arzt, mit 17 hat man mir gesagt, dass ich in spätestens 40 Jahren blind sein würde. Man weiß das dann, aber man glaubt es nicht", so Herzog. Mit 55 konnte er nur noch verschiedene Hellstufen erkennen. Das Gehen fällt dem Dudweiler Autor schwer, jede Bewegung scheint zu schmerzen, einen Arm kann er momentan nicht bewegen. Das Wissen um Morbus Refsum hat ihn lange geschockt: "Es hat depressive Phasen hinterlassen, ich musste das irgendwie loswerden, es verarbeiten." Was er mit dem Schreiben seines neuen Buches auch getan hat. Keine typische Krankengeschichte sollte das sein und ist es auch nicht geworden. Sondern ein spannender, psychologischer Thriller um einen von seinen Zweifeln und seiner Wut zunehmend in den Wahn getriebenen Menschen, der herausfindet, wie leicht Töten eigentlich ist. "Mit einer einfachen Untersuchung wie einem Bluttest kann man Morbus Refsum feststellen", sagt Herzog. Er war bis zu seiner Frühpensionierung mit 40 Jahren als Arbeitsvermittler in der Agentur für Arbeit tätig. Das hat ihm Spaß gemacht hat, Präsident des Arbeitsamtes Sulzbach wäre er gerne geworden, aber man traute es ihm nicht zu. "Ich hatte keinen behindertengerechten Arbeitsplatz, sollte in die Personalverwaltung abgeschoben werden, aber das wollte ich nicht." Seitdem schreibt Herzog, mit Hilfe von digitalen Recordern für Blinde und PC mit Sprachausgabe. Wie man sich Behinderten gegenüber allgemein verhält, lässt ihm wenig Hoffnung, dass in absehbarer Zeit ein normaler Umgang zwischen Behinderten und Gesunden möglich wäre. "Das ist eine atavistische Grundhaltung", meint er, "früher hat man verkrüppelte Kinder einfach weggeworfen, die waren für die Gesellschaft nutzlos, das steckt noch in uns." Seinen Protagonisten Wolf Wernau lässt Autor Herzog an seinem Schicksal zu Grunde gehen. Dem ehemaligen Dudweiler Stadtteilautor, 2007 mit dem Hans-Bernhard-Schiff-Preis ausgezeichnet, gerät immer alles zum Krimi: "Dabei denke ich nicht mal unbedingt an die Leser. Schon seit dem Gilgamesch-Epos dreht sich alles um Verbrechen." "Schon seit dem Gilgamesch-Epos dreht sich alles um Verbrechen"Axel Herzog

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