Vorurteile sind sein größter FeindBehinderte bleiben zu oft außen vor

Regionalverband. Da braut sich was zusammen: "Stillstand am Arbeitsmarkt" heißt es nach dem jüngsten Berichten. Vorbei die Zeit der sinkenden Arbeitslosenzahlen, der allenthalben wachsenden Belegschaften

 Behinderte haben tagein, tagaus mit vielen Irrtümern und Klischees zu kämpfen. Das versperrt ihnen allzu oft auch den Weg in einen Job, der ihren Fähigkeiten entspricht. Fachleute von der Arbeitsagentur wollen die Hindernisse mit einem Mix aus Informationen und Zuschüssen beseitigen. Archivfoto: dpa

Behinderte haben tagein, tagaus mit vielen Irrtümern und Klischees zu kämpfen. Das versperrt ihnen allzu oft auch den Weg in einen Job, der ihren Fähigkeiten entspricht. Fachleute von der Arbeitsagentur wollen die Hindernisse mit einem Mix aus Informationen und Zuschüssen beseitigen. Archivfoto: dpa

Regionalverband. Da braut sich was zusammen: "Stillstand am Arbeitsmarkt" heißt es nach dem jüngsten Berichten. Vorbei die Zeit der sinkenden Arbeitslosenzahlen, der allenthalben wachsenden Belegschaften. Wie ist es im Großraum Saarbrücken um Jobs für Menschen bestellt, die ohnehin mit vielen Hürden zu kämpfen haben, die Schwerbehinderten? Die Agentur für Arbeit Saarland hat auf SZ-Anfrage untersucht, wie es diesen Menschen im Regionalverband ergeht.Sprecherin Monika Serwe: "Im November 2012 waren im Regionalverband 829 schwerbehinderte Frauen und Männer bei der Agentur für Arbeit und dem Jobcenter des Regionalverbandes arbeitslos gemeldet. Das waren 5,8 Prozent aller Arbeitslosen." Während die Gesamtarbeitslosigkeit in den vergangenen zwölf Monaten um 307 oder 2,2 Prozent stieg, sank die Zahl der arbeitslosen Schwerbehinderten gegenüber November 2012 um 88 (minus 9,6 Prozent). Mit guten Aussichten auf dem Arbeitsmarkt habe das aber nichts zu tun. Serwe: "Meist entsteht eine Schwerbehinderung erst infolge von Krankheiten oder Unfällen im Laufe eines Erwerbslebens. Daher sind mehr als 70 Prozent der Schwerbehinderten älter als 45 Jahre - im Vergleich zu 43 Prozent aller Arbeitslosen. 34 Prozent der Schwerbehinderten sind sogar älter als 55 Jahre, während nur 16 Prozent aller Arbeitslosen zu dieser Altersgruppe gehören."

Viele Schwerbehinderte verschwinden also nicht etwa aus der Arbeitslosenstatistik, weil sie eine Stelle haben. Sondern weil sie in Rente gehen müssen.

Vor allem Männer haben mit den Folgen einer schweren Behinderung zu kämpfen. Im November waren im Regionalverband 512 schwerbehinderte Männer arbeitslos gemeldet, das waren 62 Prozent aller Schwerbehinderten ohne Job.

Solange Schwerbehinderte eine Stelle haben, ist ihr Risiko, arbeitslos zu werden, geringer als für Nichtbehinderte. Denn für sie gelten besondere Kündigungsschutzbestimmungen. Gleichzeitig sind aber ihre Chancen niedriger, aus der Arbeitslosigkeit heraus rasch eine neue Stelle zu finden. 52 Prozent der Schwerbehinderten im Regionalverband waren im November bereits seit einem Jahr oder länger ohne Job. Zum Vergleich: 38 Prozent aller Arbeitslosen waren langzeitarbeitslos.

Serwe und ihre Kollegen wissen aus Erfahrung, wie Vorurteile gegen Behinderte aussehen. "Es sind Vorbehalte gegenüber der Leistungsfähigkeit und der Produktivität. Und es ist die Befürchtung, dem Betrieb würden zusätzliche Kosten entstehen." Als vermeintliche Kosten-Treiber nennt Serwe den Aufwand für den behindertengerechten Arbeitsplatz, die oft zitierten Sonderregelungen beim Kündigungsschutz und den Urlaubsanspruch von schwerbehinderten Menschen. Aber viele wüssten eben nichts von den Möglichkeiten, die Behinderten den Weg in den Arbeitsmarkt ebnen sollen.

Beispiel: Wenn ein Unternehmen erst einmal nicht abschätzen könne, ob der behinderte Bewerber passt, lasse sich das in einer bis zu dreimonatigen Probezeit klären. "Dann werden die Lohnkosten erstattet", sagt Serwe. Das sei eine von vielen Möglichkeiten (siehe Artikel unten), um Hürden aus dem Weg zu schaffen. Für den behinderten Menschen, der ihn gefunden hat. Und für den Betrieb, der vom Können des "Neuen" profitiert. Regionalverband. Wer Schwerbehinderte nur als Kostenfaktor sieht, liegt falsch. Monika Serwe von der Agentur für Arbeit stellte zusammen, was Betriebe wissen sollten: Die Beschäftigungspflicht gilt für Firmen mit 20 und mehr Arbeitnehmern. Sie müssen wenigstens fünf Prozent der Stellen mit Schwerbehinderten besetzen. "Für jeden unbesetzten Pflicht-Arbeitsplatz ist eine Umlage von 105 bis 260 Euro pro Monat zu entrichten", sagt Serwe. Die Kosten für den Umbau von Arbeitsplätzen übernehme im Saarland meist die Bundesagentur für Arbeit oder das Landessozialamt. "Es lohnt sich, vor der Besetzung eines Arbeitsplatzes die Fachberater der Agentur für Arbeit einzuschalten." Das tun viele Personaler wohl noch nicht. 2010 - aktuellster Datenstand, die Aktualisierung für 2011 folgt im April 2013 - beschäftigten Unternehmen im Regionalverband 4640 schwerbehinderte Menschen. Sie erreichten eine Beschäftigungsquote von 4,1 Prozent. Die Quote blieb gegenüber 2009 unverändert. Bei privaten Arbeitgebern lag die Beschäftigungsquote bei 3,4 Prozent (2009: 3,5 Prozent), bei den öffentlichen Arbeitgebern bei 5,8 Prozent (2009: 5,6 Prozent). red/ole

Informationen zu Einstellung und Beschäftigung von schwerbehinderten Menschen erhalten Arbeitgeber bei der Agentur für Arbeit Saarland und den Jobcentern im Saarland unter (0 18 01) 66 44 66.

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