Vorurteile in der Diskussion

Kirkel · Der Lesben- und Schwulenverband hat mit 35 Schülern aus den „Schulen ohne Rassismus/Schulen mit Courage“ über Vorurteile gegen Lesben und Schwule diskutiert. Das brachte überraschende Erkenntnisse.

 Die Friedrichsthaler Edith-Stein-Schule – hier ein Foto von 2005 – gehört zu den „Schulen ohne Rassismus/Schulen mit Courage“ im Saarland. Foto: Becker/Bredel

Die Friedrichsthaler Edith-Stein-Schule – hier ein Foto von 2005 – gehört zu den „Schulen ohne Rassismus/Schulen mit Courage“ im Saarland. Foto: Becker/Bredel

Foto: Becker/Bredel

Beim vierten landesweiten Treffen aller 32 "Schulen ohne Rassismus/Schulen mit Courage" hat es am Freitag im Bildungszentrum der Saar-Arbeitskammer in Kirkel eine Premiere gegeben: Erstmals leitete ein junges Team des Lesben- und Schwulenverbands (LSVD) im Saarland eine der sechs Arbeitsgruppen. Das Interesse der mehr als 100 Schüler zwischen 13 und 20 Jahren an dem Thema "Coming laut - Schwule und Lesben im Unterricht" war groß: Etwa 35 scharten sich um die LSVD-Experten, die vom Diplom-Psychologen Robert Hecklau angeführt wurden. Das Ziel: Vorurteile und Vorbehalte gegenüber Homosexuellen anzusprechen und auszuräumen.

Hecklau sagte der SZ: "Ich finde es beeindruckend, wie sich die Schülerinnen und Schüler öffnen während der Veranstaltung." Am Anfang schaue er in skeptische Gesichter. Wenn er am Anfang frage, wer schon etwas mit Lesben und Schwulen zu tun gehabt habe, kämen meist nicht viele Antworten. Am Ende kämen dann Fragen an ihn und sein Team, "von denen man nicht gedacht hätte, dass man sie mal beantworten müsste".

Die 35 Schüler trabten bei einem Fragespiel im Kreis durch den Raum und sollten sich, nachdem die Frage gestellt war, entweder zu dem Schild "Ich!" oder zu dem Schild "Ich nicht!" stellen. Anfangs waren das Fragen wie "Wer ist in einem Sportverein?" (etwa ein Drittel), "Wer ist schon mal schwarz gefahren?" (90 Prozent, Gekicher) oder "Wer ist FC Bayern-Fan?" (nur fünf). Dann stellte LSVD-Expertin Deborah Fragen zum konkreten Thema: "Wer würde in eine Schwulen-Bar gehen?" (zwei Drittel beim Ich-Zettel, eine Schülerin sagt zu ihrer Nachbarin: "Hauptsache, es gibt etwas zum Gucken."), "Wer kennt persönlich Lesben oder Schwule?" (fast alle) und "Wer hat homosexuelle Verwandte?" (sieben "Ich").

Hecklau erklärte, man habe zeigen wollen, dass jeder mal in der Minderheit ist. Dann wurden die Fragen besprochen, die die Schüler morgens schriftlich an das LSVD-Team gerichtet hatten. Ein Mädchen sagte: "Ihr seht gar nicht so aus wie die Schwulen in der Stadt, so grell geschminkt und so." Nach Gekicher sagte ein anderes Mädchen: "Das ist die Minderheit, die so aussieht." Die Fragen wurden direkter: "Ist es so, dass sich männliche heterosexuelle Freunde von Schwulen abwenden, weil sie denken, der Schwule steht auf sie?" Ein LSVD-Teamer berichtete freimütig, dass er nach dem Sportunterricht beim Duschen von Schulfreunden hören musste: "Oh, bückt Euch nicht, der Schwule kommt." Doch ein LSVD-Kollege sagte, solche Sprüche habe er als Schüler nicht gehört beim Duschen. Eine Schülerin wollte wissen: "Habt ihr Euch schon in einen Jungen verliebt, der nicht schwul war?" Nicken bei den schwulen LSVD-Teamern. "Es ist sehr schwer. Wenn man Pech hat, vergeht man daran. Ich habe es überstanden", sagte einer leise. Dann wurde es wieder lustiger. "Warum finden alle Mädchen schwule Jungs so süß?", fragte eine blonde Schülerin. Da antwortete ein junger schwuler LSVD-Teamer schmunzelnd: "Meine Schwester hat mich auch gefragt, ob mir schon mal aufgefallen sei, dass alle schwulen Jungs total süß sind. Da habe ich gesagt: Ja klar." Ein befreites Gelächter der Erkenntnis folgte.

Daneben ging es in den Arbeitsgruppen auch um Rassismus in Stadien, die Gedenkstätte Gestapo-Lager Goldene Bremm, den Islam, den Umgang mit Vielfalt. Eine AG produzierte den Rap-Song "Toleranz" in fünf Stunden. Der Chef der Landeszentrale für politische Bildung, Burkhard Jellonnek, sagte, er hoffe, diesen Rap bald auf SR 1 zu hören.

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