Vorsicht, Glatteis

Völklingen. Gemerkt hat es noch niemand. Ist doch auf zwei kalte, schneereiche Winter ein ungewöhnlich milder Jahreswechsel gefolgt. Aber beim nächsten Schneefall werden die Autofahrer es spüren: Völklingen reduziert seinen Winterdienst aufs gesetzlich vorgeschriebene Mindestmaß. Bisher wurde in Völklingen sehr gründlich geräumt und gestreut. Und sehr zeitig

 In den beiden zurückliegenden Wintern fuhren Völklinger Schneepflüge manche Straßen bis zu viermal täglich ab (unser Archivbild zeigt eine Szene am Alten Rathaus). Jetzt sollen die Winterdienst-Standards sinken. Foto: Becker & Bredel

In den beiden zurückliegenden Wintern fuhren Völklinger Schneepflüge manche Straßen bis zu viermal täglich ab (unser Archivbild zeigt eine Szene am Alten Rathaus). Jetzt sollen die Winterdienst-Standards sinken. Foto: Becker & Bredel

Völklingen. Gemerkt hat es noch niemand. Ist doch auf zwei kalte, schneereiche Winter ein ungewöhnlich milder Jahreswechsel gefolgt. Aber beim nächsten Schneefall werden die Autofahrer es spüren: Völklingen reduziert seinen Winterdienst aufs gesetzlich vorgeschriebene Mindestmaß.Bisher wurde in Völklingen sehr gründlich geräumt und gestreut. Und sehr zeitig. Jetzt werden die Mitarbeiter des städtischen Fuhrparks erst morgens um fünf zum Streuen ausrücken. Ihr Job ist dann, von sechs bis 22 Uhr wichtige Straßen für den überörtlichen Verkehr, Straßen mit starkem Berufsverkehr und solche mit Linienverkehr "befahrbar" zu halten. Nicht schneefrei - Autofahrer müssen mit Behinderungen rechnen oder mit einer geschlossenen Schneedecke, mit Verhältnissen also, die sogar Schneeketten nötig machen können. Nebenstraßen werden später geräumt, "im Rahmen der personellen und materiellen Möglichkeiten", heißt es in einer Mitteilung der Völklinger Stadtpressestelle.

Albert Heckmann, zuständiger Fachbereichsleiter im Rathaus, hatte das bereits Ende Oktober dem Stadtratsausschuss für Stadtentwicklung und Umwelt mitgeteilt. Und angekündigt, man werde an allen Ortseingängen Warnschilder "Eingeschränkter Winterdienst" aufstellen, aus Haftungsgründen. Die stehen jetzt. Mit den Einschränkungen will die Stadt sparen - die beiden letzten Winter waren teuer.

Die Pflichten der Bürger hingegen sollen fast unverändert bleiben. Auch nach den neuen Regelungen, die der Rat am Donnerstag debattieren wird (Oberbürgermeister Klaus Lorig hat, wie berichtet, vorgeschlagen, die Straßenreinigungsgebühr abzuschaffen und die Grundsteuer B kräftig anzuheben - dazu müsste die entsprechende Satzung geändert werden, die auch den Winterdienst umfasst). Hauseigentümer müssen ohne Wenn und Aber von sieben bis 20 Uhr, sonntags von neun bis 20 Uhr, Fußgängerwege vor ihrem Grundstück schnee- und eisfrei halten. Nur Anwohnern ganz kleiner Straßen erleichtert die neue Satzung den Alltag. Bisher haben sie die volle Straßenreinigungspflicht, müssen auch noch die Fahrbahn selber kehren, räumen und streuen; das soll künftig entfallen.

Umso offener wird die Sache für den städtischen Reinigungsdienst. Die aktuelle Satzung gliedert Völklingens Straßen in fünf verschiedene Reinigungsklassen mit je verschiedener Gebühr. Einmal wöchentlich fährt der kommunale Kehrwagen durch Straßen der Klasse 1, fünfmal wöchentlich in der Klasse 4, in der Reinigungsklasse 5 dagegen nur zweimal im Jahr und in den schon erwähnten Mini-Straßen gar nicht. Im neuen Satzungsentwurf aber gibt es keine Reinigungsklassen mehr - und damit auch keinen festen Pflichttakt fürs städtische Kehren.

Meinung

Winterdienst mit zweierlei Maß

Von SZ-RedakteurinDoris Döpke

Was passiert, wenn mal was passiert? Wenn ein Fußgänger stürzt auf einem verschneiten Weg, ein Auto auf winterglatter Straße ins Rutschen gerät? Das hängt davon ab, wo das Malheur geschieht. Ist eine Kommune verantwortlich für die Strecke, wird sie kaum haften müssen - sofern sie das Nötigste für die Verkehrssicherung getan hat. Räumpflichtige Anwohner hingegen müssen wahrscheinlich den Kopf hinhalten. Denn für sie liegt die Messlatte höher.

Zweierlei Maß, zumindest dem Buchstaben des Gesetzes nach. Bürger tun gut daran, kommunale Satzungen ganz genau zu lesen - "Kleingedrucktes" hat oft große Folgen.

Die müssen auch die Bürgervertreter im Völklinger Stadtrat sorgsam abwägen. Keine Frage, dass die Kommune sparen muss. Doch wenn sie dabei allzu viele Risiken auf ihre Bürger abwälzt, wird Sparen zum politischen Problem.

Hintergrund

 "Eingeschränkter Winterdienst", warnen Schilder an Völklinger Ortseingängen, hier auf dem Heidstock. Foto: Jenal

"Eingeschränkter Winterdienst", warnen Schilder an Völklinger Ortseingängen, hier auf dem Heidstock. Foto: Jenal

Die Stadt Saarbrücken hat ihre Straßenreinigung ähnlich geregelt wie Völklingen: Die Straßen sind in Reinigungsklassen gegliedert, je öfter die Stadt kehrt, desto höher die Gebühr. Anwohner sehr kleiner Straßen zahlen nichts, müssen sich dafür auch um die Fahrbahn kümmern. Aber nicht im Winter: Die Saarbrücker Satzung enthält Extra-Regelungen für den Winterdienst, die nur Räumpflichten für Fußwege festschreiben. dd

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