Vorerst kein Recht auf eigenes Girokonto Stiftungsreform findet Zustimmung Saarbahn soll auch weiterhin in Saargemünd halten

Saarbrücken. Nach einem dreiviertelstündigen Pro und Contra platzte Unions-Platzhirsch Klaus Meiser der politische Kragen: "Ziehen sie hier doch nicht die große soziale Show ab", schimpfte er in Richtung Linkspartei. "Sie dramatisieren ein Problem, das im Saarland keines ist

 Einigkeit herrschte im saarländischen Landtag in Sachen Erhalt der Saarbahn-Strecke nach Saargemünd. Über den Pavillon und das Recht auf ein Girokonto wurde heftig debattiert. Foto: Becker und Bredel

Einigkeit herrschte im saarländischen Landtag in Sachen Erhalt der Saarbahn-Strecke nach Saargemünd. Über den Pavillon und das Recht auf ein Girokonto wurde heftig debattiert. Foto: Becker und Bredel

Saarbrücken. Nach einem dreiviertelstündigen Pro und Contra platzte Unions-Platzhirsch Klaus Meiser der politische Kragen: "Ziehen sie hier doch nicht die große soziale Show ab", schimpfte er in Richtung Linkspartei. "Sie dramatisieren ein Problem, das im Saarland keines ist." Prompt konterte Linken-Fraktionschef Oskar Lafontaine die Verbal-Attacke: "Es ist eine grobe Irreführung der Öffentlichkeit, die Sparkassen würden ihrem öffentlichen und sozialen Auftrag gerecht."Hintergrund der Auseinandersetzungen im Landtag waren gestern Initiativen von Linken und SPD zur Änderung des saarländischen Sparkassengesetzes. Die Institute sollten verpflichtet werden, Girokonten für jedermann anzubieten. Linken-Fraktionsvize Rolf Linsler sprach von etwa 10 000 Menschen im Saarland, die angesichts ihrer dürftigen Einkommenssituation über kein Girokonto verfügten. "Ohne eigenes Konto ist es schwer, einen Job zu finden oder seine Miete zu zahlen", begründete Linsler den Gesetzentwurf seiner Partei. Er bezweifelte, ob die Selbstverpflichtung der Sparkassen auf Einrichtung eines Girokontos ausreichend funktioniere. Lafontaine kritisierte in diesem Zusammenhang die stark überhöhten Dispo-Zinsen der Sparkassen von bis zu 17 Prozent. Einen "Korridor", den auch Meiser "sehr kritisch" sieht.

Ähnlich argumentierten in Sachen Girokonto auch die Genossen. "Die jetzt 15 Jahre alte freiwillige Selbstverpflichtung der deutschen Kreditwirtschaft ist ein Papiertiger", donnerte die SPD-Abgeordnete Isolde Ries vom Rednerpult. Sie räumte aber ein: "Die wenigsten Probleme gibt es mit den Sparkassen." Dennoch wollten die Sozialdemokraten die "gelebte Praxis" bei den saarländischen Sparkassen in einem Gesetz festschreiben. Die Jamaika-Koalitionäre, die die Oppositions-Anträge ablehnten, stellten in der einstündigen Debatte zwar nicht die Notwendigkeit eines Girokontos für jedermann in Frage. Sie sahen allerdings zur Zeit keinen "Handlungsdruck". Wirtschaftsminister Christoph Hartmann (FDP) sagte, es habe in diesem Jahr noch keine Beschwerden über abgelehnte Konten gegeben. Der CDU-Parlamentarier Bernd Wegner bemerkte, man wolle im Dezember den Bericht der Bundesregierung abwarten, der über den aktuellen Stand der Selbstverpflichtung Auskunft gebe. Sein FDP-Kollege Christoph Kühn brachte es auf den Punkt: "Ja zum Girokonto, nein zum jetzigen Zeitpunkt."

Grünen-Chef Hubert Ulrich wertete es ebenfalls als "noch zu früh für einen gesetzlichen Vorstoß". Mit der gegenwärtigen Regelung der Selbstverpflichtung seien die Grünen allerding "nicht vollends zufrieden". Eine gesetzliche Regelung müsse aber nicht nur für die Sparkassen, sondern auch für Privatbanken gelten. Saarbrücken. Der saarländische Landtag hat sich gestern mit Nachdruck für den Erhalt der Saarbahnverbindung nach Saargemünd ausgesprochen. Die Fraktionen verabschiedeten einstimmig einen entsprechenden Antrag, damit die Strecke nach Lothringen weiter bedient wird.

Vor zwei Wochen war bekannt geworden, dass steigende Kosten für Bahnhaltepunkte in Frankreich die Stopps der Saarbahn in Saargemünd gefährden könnten. Es wird ein möglicher Anstieg ab dem kommenden Jahr von derzeit 42 000 Euro auf zukünftig 134 000 Euro befürchtet - das wäre das Aus für die Verbindung, sagte die Grünenabgeordnete Claudia Willger gestern bei der Vorstellung des Antrags. Für sie und die übrigen Abgeordneten wäre das eine schwerwiegende Konsequenz: Schließlich entstehe "die Großregion dort, wo grenzüberschreitende Mobilität sichergestellt werden kann", sagte die Grünenpolitikerin auch an die Adresse ihrer Parteifreundin und Verkehrsministerin Simone Peter, die zu diesem Zeitpunkt als einzige Ministerin die Regierungsbank besetzt hielt.

Den Antrag hält Willger für ein "wichtiges und positives Signal". Mit dem Papier fordern die Abgeordneten unter anderem die Landesregierung auf, sich auch weiterhin mit allen Anstrengungen national wie interregional für eine Beibehaltung der Strecke einzusetzen. Zudem soll sich der Interregionale Parlamentarierrat für einen Erhalt stark machen.

Die SPD-Abgeordnete Elke Eder-Hippler warnte unterdessen, dass bei einem Aus für den Haltepunkt "der Leuchtturm des ÖPNV in der Großregion" erlöschen würde. Sie plädierte daher für eine dauerhafte Lösung, zumal die Verbindung bereits schon zwei Mal wegen möglicher steigender Kosten zur Diskussion stand - zuletzt im vergangenen Jahr. Saarbrücken. Antrag gescheitert, aber nochmal das garstig' Lied von Gigantomanie, Korruption und Dilettantismus rund um den Vierten Pavillon gesungen. Damit hatte die SPD zumindest ein Etappenziel erreicht. Denn seit Dienstag war bekannt, dass Kulturminister Stephan Toscani (CDU) bereits im Oktober ein novelliertes Stiftungsgesetz vorlegen will, über dessen Inhalt Einigkeit besteht. Trotzdem wurde der SPD-Vorstoß gestern mit Stimmen der Jamaikaner gestoppt. Weil er, so die Begründung von FDP und Grünen, dem Toscani-Gesetzentwurf unnötig vorgreife. "Sie wollten Toscani vorführen, das machen wir nicht mit", erklärte Grünen-Fraktionschef Hubert Ulrich. Inhaltliche Einwände zum SPD-Antrag formulierte CDU-Kultursprecher Thomas Schmitt. Wenn nicht nur dem Kulturminister das Kuratoren-Amt entzogen, sondern zugleich alle Minister samt Mitarbeitern aus dem Kontrollorgan verbannt würden, wie die SPD das wolle, sei eine staatliche Mitsprache bei der Stiftungssteuerung nicht mehr gegeben, sagte er.

Die Ablehnung des Antrags wertete Reinhold Jost (SPD) als eine "Verlängerung des Hängen und Würgens" und ein Spiel auf Zeit. Die Regierung verrechne sich, wenn sie meine, durch ihre "Beichte" von Fehlern "den Deckel drauf machen zu können". Jost erklärte: "Ich dachte, Gondwana sei nicht zu toppen. Ich wurde eines Beseren belehrt." Zuvor hatten seine SPD-Kollegin Isolde Ries und Lothar Schnitzler von der Linken - letzterer nahezu genüsslich-kabarettistisch - noch einmal das gesamte Pleiten-Pech-und-Pannen-Panorama abgeschritten: vom "unfähigen Projektsteuerer" bis hin zur Ministerpräsidentin, die dem suspendierten Vorstand einst das Gehalt um 50 Prozent erhöhte. Ries rief Annegret Kramp-Karrenbauer zu: "Das haben Sie verbockt, und Minister Rauber hat den Kopf für Sie hingehalten." Der zitierte Ex-Kulturminister, mittlerweile einfacher Abgeordneter, verfolgte die Abrechnung von der letzten Plenarsaal-Reihe aus. Rauber wird im Oktober in die bizarre Situation geraten, einem Gesetz zustimmen zu müssen, das Strukturen fest schreibt, die er selbst für falsch erachtete. ce

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