Vor 70 Jahren von der deutschen Wehrmacht vertrieben

Ormersviller

 Die Josephskapelle in Ormersviller war Schauplatz einer Gedenkfeier an die willkürliche Vertreibung von mehr als 10 000 Menschen aus den Dörfern rund um Bitsch durch die Deutsche Wehrmacht vor rund 70 Jahren. Foto: SZ/Krause

Die Josephskapelle in Ormersviller war Schauplatz einer Gedenkfeier an die willkürliche Vertreibung von mehr als 10 000 Menschen aus den Dörfern rund um Bitsch durch die Deutsche Wehrmacht vor rund 70 Jahren. Foto: SZ/Krause

Ormersviller. Während die beiden Evakuierungsmaßnahmen während des Zweiten Weltkrieges in den deutschen Dörfern in der so genannten "Roten Zone" entlang der Grenze hinlänglich bekannt sind, wurden rund 70 Jahre nach dem Geschehen auch die Vorgänge im benachbarten Lothringen durch die Einweihung einer Gedenktafel an der Josephskapelle in Ormersviller (Frankreich) in Erinnerung gerufen. Die Ausweisung des Truppenübungsplatzes Bitsch durch das Oberkommando der Wehrmacht sorgte für die Vertreibung von mehr als 10 000 Dorfbewohnern aus rund 28 Dörfern rund um Bitsch. Zu der Feierstunde an der Josephskapelle in Ormersviller begrüße der dortige Maire Marcel Vogel zahlreiche Ehrengäste von beiden Seiten der Grenze. Bürgermeisterkollegen aus den lothringischen Dörfern, aber auch zahlreiche Ortsvorsteher der deutschen Seite waren zum Festakt erschienen.

Schwere Schicksalsstunde

Auch Veteranen, sowie der Bürgermeister von Riedelberg (Pfalz) als Vertreter der drei deutschen Kommunen, die ebenfalls von der Vertreibung betroffen waren, wohnten der würdigen Zeremonie bei. Marcel Vogel, Bürgermeister von Ormersviller, rief die schwere Schicksalsstunde für die Bewohner der Dörfer noch einmal in Erinnerung, die von einem auf den nächsten Tag mit 50 Kilogramm Handgepäck und 2000 Francs ihre Häuser und ihre Heimat verlassen mussten.

Sebastian Schlegel, der Vorsitzende des Geschichts- und Archäologievereins Bitscher Land, erläuterte in seiner Ansprache die schwierige Situation der Dorfbewohner, die im November 1940 - also vor exakt 70 Jahren - aus ihrer Heimat in Richtung Dieuze, Chateau-Salins und Metz aufbrechen mussten. Im Gegensatz zur saarländischen Evakuierung dienten hier keine Kampfhandlungen als Begründung der Vertreibung, sondern vielmehr die Einrichtung eines riesigen Truppenübungsplatzes rund um Bitsch durch das Oberkommando der Wehrmacht. Die Vertreibung der Menschen führte auch zu einer Spaltung der mosellanischen Identität, in dem es nun neben zwangsweise eingedeutschten Lothringern auch solche gab, die einen Hass auf Nazideutschland entwickelten.

In den Süden vertrieben

Viele der französischsprachigen Bewohner aus den Evakuierungsgebieten um Metz wurden in den Süden Frankreichs vertrieben und durch deutschsprachige ersetzt, was ganz im Sinne der deutschen Führung stand. Sebastian Schlegel wies auch darauf hin, dass die Menschen bei ihrer Rückkehr - genau wie die deutschen Nachbarn - zerstörte und leer gebombte Dörfer vorfanden. Die enorme Kraftanstrengung des Wiederaufbaus führte letztendlich auch dazu, dass die Bewohner diesseits und jenseits der Grenze heute wieder in gutem Einvernehmen leben, wie der Ortsbürgermeister Krämer aus Riedelberg ausführte.

Mit dieser neuen Gedenktafel ist die Josephskapelle um eine weitere geschichtliche Markierung bereichert worden und verdient allemal einen Besuch von Touristen, die rund um die Kapelle herrliche Wanderwege mitten in ehemals durch schwere Kampfhandlungen geprägten Raum, vorfinden. Lothar Kruft

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