Vom Bundesligaspieler zum "Sheriff"

Holving. Es hat etwas Romantisches an sich, wenn man an einem winterlichen Januar-Vormittag von Saarbrücken aus ins französische Holving bei Puttelange fährt. Die Sonne steht tief und scheint auf die Felder, die sich neben der Bundesstraße aneinanderreihen. Nur ab und zu kommt man an einem Örtchen vorbei, noch seltener sieht man dort Menschen auf der Straße

 Gerd Peess und seine Frau Brigitte vor ihrem Holzhaus im französischen Holving. Foto: Sebastian Zenner

Gerd Peess und seine Frau Brigitte vor ihrem Holzhaus im französischen Holving. Foto: Sebastian Zenner

Holving. Es hat etwas Romantisches an sich, wenn man an einem winterlichen Januar-Vormittag von Saarbrücken aus ins französische Holving bei Puttelange fährt. Die Sonne steht tief und scheint auf die Felder, die sich neben der Bundesstraße aneinanderreihen. Nur ab und zu kommt man an einem Örtchen vorbei, noch seltener sieht man dort Menschen auf der Straße. So hat man es gerne, wenn man die Ruhe liebt. Und Gerd Peess liebt seine Ruhe.Der ehemalige Fußball-Bundesligaspieler von Borussia Neunkirchen (1965/1966) und Borussia Dortmund (1966 bis 1973) wohnt mit seiner zweiten Ehefrau Brigitte seit 14 Jahren in einem beschaulichen Holzhaus in Holving - direkt am Hirbacher Weiher. An diesem Samstag feiert er seinen 70. Geburtstag.

Härtester Schuss der Bundesliga

"Das Grundstück habe ich 1972 als Wochenend-Bleibe gekauft", erinnert sich der ehemalige Fußballer und erklärt: "Ich habe hier immer Urlaub gemacht. Meine Frau wollte unbedingt hierher ziehen, und so haben wir uns auf dem Grundstück ein Holzhaus gebaut. Wir fühlen uns hier sehr wohl. Ich bin mittlerweile ein halber Lothringer."Als er noch in Dortmund war, spielte er beim BVB mit den ganz Großen seines Sports: Siegfried Held, Rudi Assauer, Lothar Emmerich und Reinhard "Stan" Libuda. Heute spielt er, wenn überhaupt, nur noch mit seinem 14 Jahre alten Hund Jason. Dass er dabei so zweikampfstark wie einst zu Werke geht, ist unwahrscheinlich: "Ich war schon nicht der Schlechteste", sagt Peess stolz. Ob als linker oder rechter Außenverteidiger oder Beauftragter für "Sonderaufgaben" in der Manndeckung - Peess erledigte den Job zuverlässig. "Ich war sicher nicht der große Techniker, aber ich hatte unheimlich viel Ehrgeiz und, sagen wir es mal so: Ich habe weder mich noch meine Gegner geschont."

Auch den Ball hat der flexible Abwehrspieler nicht gerade mit Samthandschuhen angepackt. Bei einer Messung kam heraus, dass Gerd Peess seinerzeit mit 114,1 Kilometern pro Stunde den härtesten Schuss der Bundesliga hatte. "Schneller als ein VW", titelte die "Bild" damals. "Kaiser" Franz Beckenbauer schaffte es nicht einmal unter die besten Zwanzig.

Bevor es Peess 1965 zur Neunkircher Borussia zog, spielte er fünf Jahre lang beim damaligen Oberligisten SV Saar 05 Saarbrücken. Nach seiner Zeit in Dortmund stand er für ein Jahr beim damaligen Regionalligisten 1. FC Saarbrücken unter Vertrag, kam aber nur zu einem Einsatz. Im Laufe seiner Karriere bekam er sogar Angebote aus England. Warum er nicht ins Mutterland des Fußballs wechselte, erklärt er so: "Also erstens konnte ich kein Englisch. Finanziell wäre es 20 Mal besser gewesen als in Dortmund. Aber ich habe mich vor dem Schritt, mit der Frau und den Kindern den Lebensmittelpunkt zu verschieben, gescheut", erinnert er sich.

Angeln im Ruderboot

Inzwischen hat der gelernte Installateur und Heizungsmonteur sich doch noch getraut. Es zog ihn zwar nicht auf die Insel, dafür aber an einen Weiher in Frankreich. "Ich habe hier einen Steg und ein Ruderboot zum Angeln. Was will ich mehr?", fragt er und kennt die Antwort insgeheim: seine Ruhe. Und dafür sorgt er selbst: "Die Nachbarn hier sagen immer: ,Der Sheriff kommt', weil ich sehr auf die Einhaltung der Weiher-Ordnung achte. Wenn Neue herziehen, begrüße ich die mit meinem Spruch: Wir können gute und wir können böse Nachbarn sein", sagt Peess und lacht herzhaft.

HINTERGRUND

Mit der Scheidung von seiner ersten Ehefrau änderte der frühere Bundesliga-Fußballer Gerd Peess (Borussia Neunkirchen, Borussia Dortmund) auf deren Wunsch die Schreibweise seines Nachnamens. Informationen über seine Karriere mit den weiteren Stationen SV Saar 05 und 1. FCS findet man bei der Internetsuche unter der alten Schreibweise: Gerd Peehs. zen

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