Karin und Willem Offermanns und die Volksbühne Saar Ihr Herz schlägt für „Kultur für alle“

Riegelsberg · Die Volksbühne Saar und ihr Projekt "Theater für alle!" sind ihnen einen Herzensangelegenheit. Karin und Willem Offermanns helfen dabei, das möglichst viele Menschen mit weniger Geld Zugang zu Kultur haben.

 Die gefeierte Inszenierung der „Blues Brothers“ am Saarländischen Staatstheater konnten sich dank der Volksbühne einige begeisterte Gäste der Wärmestube anschauen.

Die gefeierte Inszenierung der „Blues Brothers“ am Saarländischen Staatstheater konnten sich dank der Volksbühne einige begeisterte Gäste der Wärmestube anschauen.

Foto: Kaufhold/SST/martinkaufhold.de

„Spielt ihr Theater?“ Diese Frage hören Karin (61) und Willem (68) Offermanns öfter, wenn sie erzählen, dass sie sich bei der Volksbühne Saar engagieren. Dann erklärt das Ehepaar aus Riegelsberg, dass der Verein keine Laienschauspielgruppe ist, sondern eine Besucherorganisation, die ihren 150 Mitgliedern vergünstigte Theaterkarten und -abonnements des Saarländischen Staatstheaters anbietet.

Aber die Vorsitzende und der Schatzmeister des Vereins wissen: Es gibt auch viele Menschen, die sich selbst ein ermäßigtes Tickt nicht leisten können – etwa Sozialhilfebezieher, Senioren mit kleiner Rente oder Flüchtlinge. Für sie hat die Volksbühne Saar im Jahr 2018 das Projekt „Theater für alle!“ gestartet. Der Verein bezahlt den Teilnehmern die Eintrittskarten.

„Wir ermöglichen Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen in schwierigen Lebenssituationen Theater-, Konzert- und Kinobesuche“, erläutern die Organisatoren. Und sie betonen: „Kultur muss allen zugänglich gemacht werden.“ Kulturelle Teilhabe soll der zunehmenden Spaltung der Gesellschaft entgegenwirken.

Karin und Willem Offermanns haben es sich zur Aufgabe gemacht, bedürftigen Menschen Theaterbesuche zu ermöglichen.

Karin und Willem Offermanns haben es sich zur Aufgabe gemacht, bedürftigen Menschen Theaterbesuche zu ermöglichen.

Foto: Annen/Thomas Annen

Nicht nur finanzielle Hürden erschweren den Kunstgenuss. Die Eingangstreppe und der imposante Bau des Staatstheaters flößen Respekt ein. Und das nicht nur Gehbehinderten. Wo ist ein barrierefreier Zugang? Kann ich mich hinsetzen, wo ich will oder bekomme ich einen Platz zugewiesen? Gibt es eine Pause, in der ich auf die Toilette gehen kann? Komme ich auch mit Jeans und T-Shirt ins Theater? Viele Fragen werden vor den Aufführungen beantwortet. Oft gehen die Betreuer des Vereins mit und erklären alles vor Ort. Die Theaterleitung, versichern die Eheleute, unterstütze das Projekt und reserviere vergünstigte Kartenkontingente.

Und wie erreicht die Volksbühne die Menschen, die nicht auf der Sonnenseite des Lebens stehen? „Wir können die Leute nicht einzeln ansprechen“, erklärt Willem Offermanns. Deshalb hat man soziale Organisationen mit ins Boot genommen, unter anderem das Diakonische Werk, die Saarländische Armutskonferenz, die Arbeiterwohlfahrt und das Theresienheim Saarbrücken. Die Projektpartner vermittelten den Kontakt zu den potentiellen Nutzern des Angebots.

„Hätten Sie Lust, mal ins Theater zu gehen?“, fragten Karin und Willem Offermanns 2018 die Gäste der Wärmestube Saarbrücken. Fast 20 Bedürftige meldeten sich und sahen am 15. Oktober im Staatstheater die „Blues Brothers“. Das bunte Spektakel kam sehr gut an, erinnert sich Karin Offermanns. Es folgten 34 weitere Theater- und Kinobesuche – in den Spielstätten des Staatstheaters, im Theater Überzwerg und im Kino Achteinhalb.

Knapp 1000 Menschen hat die Volksbühne Saar bisher ein Ticket geschenkt. Im Theater verfolgten sie zum Beispiel „Minna von Barnhelm“, „Shakespeare in Love“ und „Figaros Hochzeit“, im Kino standen „Das Tagebuch der Anne Frank“ oder „Papicha - der Traum von Freiheit“ auf dem Programm. „Die Rückmeldungen sind durchweg positiv“, betonen die Initiatoren. Gerne erinnern sie sich an die leuchtenden Augen der Kinder nach dem Besuch des Weihnachtsmärchens.

Der Nachwuchs soll schon früh mit Kunst und Kultur in Kontakt kommen. Für sie gibt es zusätzliche Angebote. In einem Bildhauerworkshop bearbeiteten etwa ein Dutzend Jungen und Mädchen aus Malstatt Specksteine. Anschließend besuchten sie die Moderne Galerie. „Die Kinder waren begeistert“, versichern die Eheleute Offermanns.

Die Volksbühne Saar finanziert das Projekt „Theater für alle!“ aus Eigenmitteln und Spenden der Mitglieder. Auch der Lions Club Saarbrücken-Halberg hat die Initiative bereits unterstützt. Gesucht werden weitere Partnerorganisatoren, die den Kontakt zu Menschen vermitteln, die sich keine Eintrittskarte leisten können. Das Projekt soll nämlich weiter wachsen.

Mit seiner Initiative kehrt der Verein zurück zu den Wurzeln der Volksbühnen-Bewegung. 1890 wurde in Berlin die „Freie Volksbühne Berlin“ gegründet, um Arbeitern Theaterbesuche zu ermöglichen und so das bis dahin vom Bürgertum gehaltene Bildungsmonopol zu durchbrechen.

„Ich liebe das Theater von Jugend an“, schwärmt Karin Offermanns. „Der Vorhang geht auf, und der Zauber beginnt.“ Auch die Literatur und die Kunst faszinieren sie schon lange. Nach dem Abitur liebäugelte sie mit einem Kunststudium. Doch es gab auch Bedenken: „Ich habe es mir schwierig vorgestellt, immer kreativ sein zu müssen.“ Deshalb entschied sich die Diplom-Rechtspflegerin, die am Amtsgericht Saarbrücken arbeitet, für einen juristischen Beruf. Willem Offermanns, ein studierter Ökonom im Ruhestand, interessierte sich früher mehr fürs Kino. Erst nach der Heirat im Jahr 2002 wurde er von seiner Ehefrau mit dem Theatervirus infiziert. Trotz ihrer Leidenschaft für die Bühne stand Karin Offermanns nie selbst als Laienschauspielerin auf den Brettern, die die Welt bedeuten. „Dazu bin ich nicht extrovertiert genug“, sagt die Theaterliebhaberin. Sie arbeitet lieber hinter den Kulissen fürs Theater.

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