Viele Spuren deuten auf „weißes Gold“ hin

Marsal · „Salz ist ein freundliches Geschenk, das die Natur der Kultur macht.“ Das schrieb der französische Völkerkundler Claude Lévi-Strauss. Salz, ob nun für die Suppe oder für eine andere Speise, wurde auch rund um Marsal bei unseren lothringischen Nachbarn gewonnen.

 Das Flüsschen Seille windet sich klein und bescheiden durch das Salzland bei Marsal. Fotos: G. Bense

Das Flüsschen Seille windet sich klein und bescheiden durch das Salzland bei Marsal. Fotos: G. Bense

Es ist wie so oft in Lothringen . Man hat die Landschaft fast für sich. An windstillen Tagen ist kaum ein Laut zu vernehmen. Das Vieh auf den Weiden, grasend unterwegs, schert sich nur um sich selbst. Die Windräder am Rand der Zäune und Abgrenzungen stehen still. "Le Pays Saulnois", das Salzland, ist eine ruhige einsame Gegend im Département Moselle, wo sich Dörfer in Talmulden ducken und nur ihre Kirchturmspitzen über Busch- und Baumreihen emporwachsen.

Klein und bescheiden kommt die Seille vom "Etang de Lindre" (Linder Weiher) daher, windet sich durch das Salzland, um in Metz in die Mosel zu münden. An ihren Ufern liegt Marsal, eine Ortschaft, in der rund 260 Einwohner im Schatten einer mehr als tausendjährigen Geschichte leben, die vom Salz, dem "weißen Gold ", geprägt ist. Heute träumt Marsal abgeschieden vor sich hin, erinnert aber auch stolz daran, mit dem begehrten Kulturgut eng verbunden zu sein.

Der Name des Ortes taucht erstmals 40 nach Christus in der Geschichtsschreibung auf. Schon bei dieser frühen Erwähnung deutet die Endung "sal" auf Salzvorkommen hin. Aus archäologischen Funden war zu schließen, dass hier schon lange vor Christi Geburt Salz gewonnen wurde und einen frühgeschichtlichen Exportartikel darstellte, mit dem offensichtlich bereits die Kelten Geschäfte machten. Ricarda Huch , die berühmte deutsche Dichterin, vertrat die Ansicht, dass der Mensch zwar ohne Salz nicht leben könne, sie meinte jedoch auch, "ein Gericht aus purem Salz wäre tödlich". Auf jeden Fall ist Salz eine feste Komponente der Küchengeschichte und Esskultur.

In Marsal wurde dem Salz, seiner Bedeutung und Geschichte seiner örtlichen Gewinnung ein Museum eingerichtet. Es ist eines der kleinen und eher unbekannten Regionalmuseen, von denen Lothringen gar nicht wenige hat. Le Musée départemental du sel ermöglicht einen Streifzug durch die Methode der örtlichen Salzgewinnung mittels der sogenannten "Briquetage", der Verdampfung einer meist aus natürlichen Quellen austretenden Salzlake in Tongefäßen. Das Endprodukt Salz (Natriumchlorid) bleibt nach der Erhitzung in den pfannenartigen Gefäßen zurück. Ein Verfahren, das in unseren profitorientierten Zeiten als vorsintflutlich eingestuft wird. Sud- oder Siedsalz spielt heute keine Rolle mehr. Etwa 70 Prozent des Salzes ist Steinsalz, das im Untertagebau gewonnen wird. Geringere Mengen werden in den Salinen südlicher Küstenländer durch die Verdunstung von Meerwasser gewonnen.

Bunte Salzstreuer-Parade

Für uns ist Salz etwas Alltägliches. Aufbewahrt in Päckchen, Tüten, Schälchen und Streuern findet man es in Küche und Esszimmer. Im Salzmuseum von Marsal sind hunderte kleiner und großer Gefäße in einer vielfältigen bunten Parade zu bestaunen, die auch die Entwicklung des Salzstreuers zum variantenreichen Designobjekt dokumentiert. Präsentiert wird eine Sammlung aus Glas-, Keramik- und Tongefäßen - entworfen für die Aufgabe, Salz unübersehbar auf den Tisch des Hauses zu bringen.

Sankt Nikolaus zählt zu den populären Heiligen in Lothringen . Auch er hat der Legende nach etwas mit einem Salzfass zu tun. Denn, es begab sich, dass drei Knaben von einem bösen Metzger getötet, zerstückelt und in einem Salzfass eingepökelt wurden. Zum Glück kam gerade St. Nikolaus vorbei - und ein Wunder war fällig. Er erweckte die Knaben durch seine Fürbitte wieder zum Leben. Seitdem gehört ein Salzfass mit drei Knabenköpfen zu den Attributen des Heiligen.

Natürlich wacht der Heilige auch über Marsal inmitten der Sammlung des Museums der Salzkunde, das in einem monumentalen Tor untergebracht ist, durch das einst das kriegsorientierte Leben der Festung Marsal pulsierte. Die "Porte de France" ist ein Doppeltor, das durch seine wuchtige Bauweise bis heute jene Brutalität in Stein verkörpert, die zum Eindruck von Festungen gehört. Der Ort ist immer noch als ehemaliger ausgeklügelter Kampfstern erkennbar. Entworfen hat ihn Sébastien Vauban, der wohl meist beschäftigte Festungsbauer des Sonnenkönigs Ludwig XIV . im 17. Jahrhundert. Einziger Zweck der gewaltigen Anlage aus Mauern hinter Mauern war die Abschreckung der Feinde Frankreichs im Osten. Ein Schutz, der auch dem Geschäft mit dem Salz zugute kam, das über die Salzstraße von Dieuze über Marsal bis zum Rhein abgewickelt wurde. Während des Krieges von 1870 wurde Marsal zum letzten Mal beschossen und erobert. Danach wurde die Festung geschleift.

Auf den immer noch eindrucksvollen Resten der Wälle weiden Kühe, in den Gräben gibt es vereinzelt salzhaltige Quellen. In ihrem Umfeld wächst die Salz liebende Pflanze Salicorn. Und in den ehemaligen Kasernen rund um die Place d'armes (Waffenplatz) in der Ortsmitte herrscht die Ruhe des Friedens.

 Der Waffenplatz (Place d'armes) im Ort Marsal macht heutzutage auf den Besucher einen sehr friedlichen Endruck.

Der Waffenplatz (Place d'armes) im Ort Marsal macht heutzutage auf den Besucher einen sehr friedlichen Endruck.

 Unterschiedlichste Salzstreuer und Salzgefäße aus verschiedenen Epochen werden im Museum präsentiert.

Unterschiedlichste Salzstreuer und Salzgefäße aus verschiedenen Epochen werden im Museum präsentiert.

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Auf einen BlickAnfahrt: Von Saarbrücken über Saargemünd auf der D 674 bis Chateau-Salin, dann auf der D 953 bis Abzweig D 38 in Richtung Dieuze; kurz dahinter liegt Marsal.Kontakt: Musée départemental du sel, Porte de France, F-57630 Marsal, Tel.: (00 33) 3 87 35 01 50. Öffnungszeiten: Täglich außer montags von 9.30 bis 12 und 13.30 bis 18 Uhr. gbe

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