Viele kritische Fragen - aber kein Einspruch

Großrosseln. Am Dienstagabend hatte sich der Umweltausschuss des Völklinger Stadtrats mit den geplanten Kohleschlammtransporten befasst, deren Weg vom Schlammweiher St. Charles in Petite Rosselle über deutsches Gebiet zum Carlinger Kraftwerk Émile Huchet führen soll

Großrosseln. Am Dienstagabend hatte sich der Umweltausschuss des Völklinger Stadtrats mit den geplanten Kohleschlammtransporten befasst, deren Weg vom Schlammweiher St. Charles in Petite Rosselle über deutsches Gebiet zum Carlinger Kraftwerk Émile Huchet führen soll. Die Stadtverordneten äußerten heftige Kritik an dem Vorhaben; man war sich einig, dass die Stadt im offiziellen französischen Genehmigungsverfahren Einspruch erheben wird (wir berichteten). Am Mittwochabend hatte der Bauausschuss des Großrosseler Gemeinderates das gleiche Thema auf der Tagesordnung - und die öffentliche Sitzung nahm einen völlig anderen Verlauf.

In Großrosseln gibt das Unternehmen Auskunft, das das Kraftwerk und auch das Projekt zur Kohleschlammverwertung betreibt: die französische Energiegesellschaft Société Nationale d'Électricité et de Thermique (Snet). Francis Serpe, der zuständige Mann, hat mit weiteren Snet-Mitarbeitern und einer Dolmetscherin im Sitzungssaal Platz genommen; Markus Meiser von der Saarbrücker GIU, die im Snet-Auftrag das Projekt auf deutscher Seite betreut, hält den Überblicks-Vortrag. Und die Ausschussmitglieder stellen zahlreiche kritische Fragen, vorwiegend zur Abbau- und Transporttechnik, aber auch zur Ökologie.

Abgebaut wird der Schlamm mit Hilfe einer riesigen mobilen Plattform, die von Nordost nach Südwest über den Schlammweiher vorrückt. Parallel zum Abbau soll die Renaturierung des Weihers - eines ehemaligen Sandsteinbruchs - beginnen. Dabei, sagt Serpe, wird nichts aufgefüllt, es muss also kein Material zum Weihergelände gebracht werden. Geplant seien nur Eingriffe ins Bodenprofil: Das Becken, derzeit mit einseitigem Gefälle, soll später seinen tiefsten Punkt in der Mitte haben, dem kontrollierten Wasserablauf zuliebe. Bepflanzt werden soll die Fläche später nicht. Sie soll offen bleiben, "eine Art Steppe", sagt Serpe - mit Rücksicht auf die Amphibien, die sich auf dem Gelände angesiedelt haben. Es sind vor allem Kröten, darunter die durch die Flora-Fauna-Habitat-Richtlinie der Europäischen Union streng geschützte Wechselkröte.

Die für das Vorhaben nötigen Baumfällungen - auf einer Fläche von etwa 2600 Quadratmetern - werden sich nach Serpes Auskunft vorwiegend auf französischem Gebiet abspielen, zwischen dem Weiher-Rand und der Grenze: Dort gibt es keinerlei Fahrtrasse, die Straße muss ganz neu hergestellt werden.

40-Tonnen-Lkws mit wasserdichten Ladewannen werden den Schlamm vom Weiher zur Bahn bringen. Der Sicherheit zuliebe, erläutert Meiser, sei Tempo 70 dann auf der L 163 nicht mehr möglich, es werde nach Auskunft des Landesbetriebs für Straßenbau (LfS) dort Tempo 50 geben. Eine Ampel habe der LfS an der Einmündung der Wald-Transportstraße in die L 163 zunächst nicht für nötig erachtet. Der Saarbrücker Bezirksrat West habe sie nun aber gefordert - ob sie installiert werde, sei noch offen.

Die Rosseltal-Bahnstrecke, sagt Serpe auf Nachfrage, sei in gutem Zustand; die Firma Wincanton Rail werde sie für die Schlammtransporte pachten. Dass die Schienentrasse vorerst erhalten bleibe, wertete Bürgermeister Peter Duchene als Vorteil des Projekts für Großrosseln.

Hintergrund

Drei Genehmigungen saarländischer Stellen sind Voraussetzung für Kohleschlammtransporte über deutsches Gebiet:

Saarforst hat der Snet gegen Entgelt gestattet, bis Ende 2022 eine Forststraße zu nutzen, ohne Einschränkung für die Waldbewirtschaftung. Die Snet verbreitert die 1,5 Kilometer lange Strecke auf ihre Kosten auf 8,25 Meter, asphaltiert sie und baut sie später zurück.

Der LfS - Landesbetrieb für Straßenbau - hat eine Sondernutzungsgenehmigung erteilt für den Abschnitt der Landesstraße 163 zwischen der Forstweg-Einmündung und der Bahn-Verladestelle. Die Snet muss dabei eine Ausfädelspur zum Forstweg bauen und Lkw- Reifenwaschanlagen installieren.

Das LUA - Landesamt für Umwelt- und Arbeitsschutz - hat unter strengen Auflagen erlaubt, dass der Fahrweg den Schafbach überquert. Als Ausgleich für diesen Eingriff in ein Auwald-Biotop muss die Snet bis Ende Februar 2012 ein Karlsbrunner Auwald-Areal renaturieren, das zurzeit - nicht standortgerecht - mit Fichten bewachsen ist. dd

Stichwort

Sind Schadstoffe im Kohleschlamm? Auf diese Frage antwortet Snet-Vertreter Francis Serpe im Ausschuss, der Schlamm enthalte "nur die Bestandteile der Kohle". Den Genehmigungsunterlagen jedoch ist zu entnehmen, dass der Schlamm außer kohleüblichen Schwefelsalzen unter anderem Schwermetalle, Arsen und polychlorierte Kohlenwasserstoffe enthält - alle schädlich, speziell für Gewässer. dd

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