Viel Zündstoff im LandtagStreit um Polizeireform und GemeindefinanzenParteien wollen Personalplanung für Finanzämter diskutierenJustizministerin prüft Verwaltungsaufwand

Saarbrücken. Die Personalsituation der saarländischen Finanzverwaltung soll im kommenden Frühjahr Thema im Finanzausschuss werden. Finanzminister Peter Jacoby (CDU) reagierte gestern auf einen entsprechenden Vorschlag des SPD-Finanzexperten Reinhold Jost

Saarbrücken. Die Personalsituation der saarländischen Finanzverwaltung soll im kommenden Frühjahr Thema im Finanzausschuss werden. Finanzminister Peter Jacoby (CDU) reagierte gestern auf einen entsprechenden Vorschlag des SPD-Finanzexperten Reinhold Jost. Der hatte zuvor in den Beratungen über das Finanzressort eine Überlastung der Steuerbeamten kritisiert und sich auf Angaben der Steuergewerkschaft bezogen (wir berichteten). Demnach soll es in den Finanzämtern so genannte "Grüne Wochen" geben, bei denen Steuererklärungen nahezu ungeprüft angenommen würden. Jost forderte den Minister zur Arbeit an einer parteiübergreifenden Personalplanung auf, vergleichbar mit der Polizeireform. Jacoby kündigte Gespräche an. pgSaarbrücken. Am Justizhaushalt von Ministerin Annegret Kramp-Karrenbauer (CDU) hat sich gestern keine große Debatte entzündet. Anke Rehlinger (SPD) räumte ein: "Sparen im Bereich Justiz ist nicht ganz einfach." Sie forderte erneut ein Personalkonzept, um zukünftige Pensionierungen abfedern zu können. Rückgängig gemacht wurde eine Kürzung der Kilometerpauschale für Bewährungshelfer. Diese hätten sonst schlicht ihre Aufgaben nicht mehr erfüllen können, so der Tenor der Aussprache. Die Ministerin kündigte einen Prüfauftrag für 2012 an: eine bürgernahe Justiz zu erhalten bei weniger Verwaltungsaufwand. pg

Saarbrücken. Die Landtags-Opposition aus SPD und Linken hat den ersten Tag der Haushaltsdebatte zu einer Generalabrechnung mit der Politik der Landesregierung genutzt. Zeitweise ging es gestern hoch her im Plenum des Landtags.

"Ziemlich mies" falle das Halbjahreszeugnis der Regierung aus, bilanzierte SPD-Chef Heiko Maas in einer engagierten Rede. Aus dem angekündigten großen Aufbruch der Jamaikaner sei ein Abbruch geworden. So stehe der verkorkste vierte Museums-Pavillon für "Korruption, Vetternwirtschaft und Machtmissbrauch", schimpfte der SPD-Politiker. Maas forderte größere Sparanstrengungen von den Regierungs-Verantwortlichen. Um die Schuldenbremse einzuhalten, soll laut mittelfristiger Finanzplanung bis 2014 die Neuverschuldung pro Jahr um etwa 40 Millionen Euro verringert werden. Dann allerdings müssten auf einen Schlag 150 Millionen gespart werden. Für Maas ein Unding. Denn: Eine neue Landesregierung stehe im Wahljahr 2014 vor einer schier unlösbaren Aufgabe. Jacoby wies später diese Behauptung zurück. Es werde weiter in 70-Millionen-Schritten gespart. "Sie sind nicht auf der Höhe des Kernthemas Sanierung", so seine Replik an die Genossen.

In "Bescheidenheit und Zukunftsfähigkeit" Verantwortung für dieses Land zu übernehmen, das sei die Maxime der Landesregierung, sagte CDU-Fraktionsvormann Klaus Meiser. Der Haushalt des nächsten Jahres stelle dafür die richtigen Weichen. Er verwies auf die trotz Finanzkrise erfolgreiche Wirtschaftspolitik. Die Verlegung der Praktiker-Konzernzentrale nach Hamburg nannte er einen "bitteren Rückschlag für den Standort Saarland". Allerdings sei dies "kein Anlass für Häme und Schadenfreunde", bemerkte er in Richtung Opposition. Der SPD bescheinigte er "eine bodenlose Arroganz nach zwölf Jahren Opposition".

Linken-Fraktionschef Oskar Lafontaine zürnte, die Landesregierung habe kein Konzept zur Haushalts-Konsolidierung: "Von Bescheidenheit keine Spur." Die Pro-Kopf-Ausgaben lägen 20 Prozent über dem Durchschnitt der anderen Bundesländer, wies er auf Feststellungen des Finanzexperten Ingolf Deubel hin. Der ehemalige rheinland-pfälzische SPD-Finanzminister ist Mitglied der Haushaltsstrukturkommission. "Wenn diese Zahlen zutreffen, haben sie das Parlament getäuscht. Es ist unglaublich, was hier festgestellt wird", wetterte Lafontaine. "Sie waren nicht bescheiden. Sie haben mit Geld gesaut." Zum Thema vierter Pavillon forderte er Ministerpräsidentin Kramp-Karrenbauer erneut zu einer Erklärung auf, ob sie eine Anweisung gegeben habe, die Kosten herunter zu rechnen. Die Regierungschefin entgegnete später mit einem "klaren Nein". Auch im Kulturausschuss am 9. November sei zu diesem konkreten Vorwurf keine einzige Frage gestellt worden, was nach Ansicht des SPD-Abgeordneten Reinhold Jost nicht zutrifft. Die Ministerpräsidentin sprach von "purer Verleumdung und Polemik" der Opposition. Der Maßstab für parteipolitische Kleinkariertheit sei "ein Maas". Finanzminister Peter Jacoby bestätigte in seiner Rede die 20-Prozent-Marke. Die höheren Pro-Kopf-Ausgaben seien allerdings auf Fakten wie die steigende Sozialhilfe zurückzuführen. Darauf habe das Land keinen Einfluss. Jacoby kritisierte den "unerträglichen Stil der Debatte". Lafontaine täusche die Öffentlichkeit. "Farb- und ideenlos" agierten SPD und Linke, befand Grünen-Chef Hubert Ulrich. "Inhaltlich mau, Sparvorschläge Fehlanzeige", so bewertete der FDP-Fraktionschef Christian Schmitt die Beiträge der Opposition. Saarbrücken. Die Situation bei Kommunen, Polizei und Kultur bleibt Streitpunkt der Landespolitik. Die Debatte am gestrigen Nachmittag über den Haushalt von Innen-, Europa- und Kulturminister Stephan Toscani (CDU) war Gelegenheit für die Opposition, einige Attacken zu reiten. Der kommunalpolitische Sprecher der SPD, Magnus Jung, warf dem Land vor, die Gemeinden finanziell schlecht auszustatten, obwohl viele Kommunen kurz vor dem Bankrott stünden. Mittelfristig sei die Hälfte aller Gemeinden vom Ruin bedroht. Die Kassenkredite aller Gemeinden kratzten an der Zwei-Milliarden-Euro-Grenze, sagte Jung. Diese Kredite sind vergleichbar mit einem Dispo-Kredit für Privatleute.

Linken-Chef Rolf Linsler warf Toscani vor, durch die am Vormittag verabschiedete Polizeireform an der Sicherheit der Bevölkerung zu sparen. "Die Pläne der Landesregierung sind nicht hinnehmbar", sagte Linsler zum Abbau von 300 Stellen in den nächsten zehn Jahren. Der Effekt: Geringe Einsparungen von 15 Millionen Euro, rechnete Linsler vor. Zudem sei nicht nachvollziehbar, dass neun Inspektionen nachts nicht mehr besetzt sein sollen. Er befürchtet Verzögerungen bei Einsätzen. Innenminister Toscani wies sowohl die Befürchtungen Linslers als auch die Vorwürfe von Jung zurück. Jung lege es darauf an, Land und Kommunen gegeneinander in Stellung zu bringen. Konkret erhalten die Kommunen 2012 fast 500 Millionen Euro, wie Toscani sagte: "Das ist ein Allzeithoch beim kommunalen Finanzausgleich." Karl-Josef Jochem (FDP) regte an, die Zusammenarbeit der Gemeinden zu stärken. Seine Einschätzung: "Es sind eine ganze Menge Spielräume da." Toscani verteidigte auch die Polizeireform. Mit ihr sei kein Rückzug aus der Fläche verbunden. Die Polizei könne künftig alle Aufgaben erfüllen. pg "Aus dem angekündigten Aufbruch ist ein Abbruch geworden."

SPD-Chef Heiko Maas

zur Regierungspolitik

"Sie haben keine Bescheidenheit praktiziert, sondern mit Geld gesaut."

Oskar Lafontaine zum

Sparkurs der Landesregierung

"Der Maßstab

für politische Kleinkariertheit

ist ein Maas."

Annegret Kramp-Karrenbauer

an die Adresse des SPD-Chefs

"Lafontaine täuscht die Öffentlichkeit.

Er ist nicht auf

der Höhe der Zeit."

Peter Jacoby zur Argumentation der Linken

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