Viel Verantwortung für wenig Geld

Saarbrücken · Die Gehälter von Hygiene-Inspektoren, die vor und nach 2005 eingestellt wurden, unterscheiden sich um bis zu 800 Euro. Berufsverbände fordern jetzt eine Reform. Denn ihre Arbeit schützt unsere Gesundheit.

 Hygiene-Inspektor Andreas Frenzel vom Gesundheitsamt Homburg testet im Hallenbad die Wasserqualität. Foto: Oliver Dietze

Hygiene-Inspektor Andreas Frenzel vom Gesundheitsamt Homburg testet im Hallenbad die Wasserqualität. Foto: Oliver Dietze

Foto: Oliver Dietze

. Die kleinen Reagenzgläser füllt der Hygiene-Inspektor mit Wasser aus dem Schwimmbecken. Vor Ort prüft er: Stimmt der pH-Wert noch? Wie viele Bakterien befinden sich im Wasser? Hygiene-Inspektoren kontrollieren öffentliche Orte wie Schwimmbäder oder Krankenhäuser, ob Gesundheitsgefahren vorhanden sind. Eine wichtige Aufgabe - trotzdem kennt kaum jemand diesen Beruf. Doch daran wird es nicht liegen, wenn den kommunalen Gesundheitsämtern in Zukunft womöglich der Inspektoren-Nachwuchs wegbleibt: Seit 2005 verdienen neu eingestellte Kollegen für die selbe Arbeit weniger als diejenigen, die bereits vor 2005 in dem Beruf gearbeitet haben - und das ohne Aufstiegschance. 2005 trat nämlich der Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst (TVöD) in Kraft und verteilte die Entgelte neu.

Der Unterschied beträgt laut Bernd Nagel, Vorsitzender des Berufsverbandes der Hygiene-Inspektoren Saar-Lor-Lux (BHSLL), etwa 700 bis 800 Euro. "Wo die Dienstälteren nach 15 Jahren im öffentlichen Dienst rund 3750 Euro brutto verdienen, werden die Jüngeren nach der selben Zeit 2959 Euro brutto erhalten. Das sorgt bei den Benachteiligten für ordentlichen Frust. Betroffen sind nach Schätzungen des Bundesverbandes BVH etwa die Hälfte der 1400 Hygiene-Inspektoren in Deutschland.

Das Hauptproblem: "Hygiene-Inspektor ist kein anerkannter Ausbildungsberuf nach dem Berufsbildungsgesetz", sagt Nagel. Zum Hygiene-Inspektor kann man sich nach einer ersten Ausbildung, zum Beispiel als Krankenschwester oder Desinfekteur, lediglich fortbilden lassen. Die vier Ausbildungszentren in Deutschland haben zudem sehr unterschiedliche Schwerpunkte und Ausbildungszeiten. "Der Abschluss ist überhaupt nicht zuordnungsfähig", klagt Nagel. "Es gibt keinen Gesellen, keinen Meister, es ist ein absolut diffuser Raum."

Von den 27 saarländischen Hygiene-Inspektoren sind laut Nagel 16 noch in der Entgeltgruppe neun eingeordnet, elf hingegen in der niedrigeren Gruppe acht.

Der BHSLL hat nun ein Gutachten anfertigen lassen. Geschrieben hat es Gerd Müller, Sachverständiger für Berufskunde und Tätigkeitsanalyse bei der Industrie- und Handelskammer (IHK) des Saarlandes. Dessen Fazit deckt sich mit den Forderungen des BHSLL und des Bundesverbandes, dass sowohl die "Aus- und Weiterbildung" der Hygiene-Inspektoren "als auch die tarifliche Eingruppierung einer Reform bedürfen".

Eine Aufgabe mit vielen Hürden. Denn Bildung ist Ländersache, und die Schulen in Düsseldorf, München, Berlin und Gera sind von einer Einigung auf einheitliche Ausbildung weit entfernt. Auch von der Politik fühlen sich die Hygiene-Inspektoren allein gelassen. "Sowohl Bundes- als auch Landespolitiker haben wir informiert, aber keiner will Verantwortung übernehmen", sagt Jan Christian Burkhardt, Chef des Bundesverbandes der Hygiene-Inspektoren (BVH). Im Saarland hat der BHSLL das Gutachten an den Landkreistag wie auch an den Minister für Soziales und Gesundheit, Andreas Storm (CDU), weitergereicht. "Das Ministerium stimmt der Auffassung des Berufsverbandes, dass Anpassungen notwendig geworden sind, grundsätzlich zu", heißt es von der Pressestelle des Ministers. Derzeit werde das Gutachten analysiert, danach sollen "in Gesprächen mit dem BHSLL sowie dem Landkreistag des Saarlandes gemeinsam mögliche Lösungsschritte erörtert werden".

Martin Luckas, der Geschäftsführer des Landkreistages Saar, warnt vor zu hohen Erwartungen. "Nur im Saarland kann man wenig erreichen", sagt er. "Langfristig muss der Berufsverband beim Bund mehr Druck machen." Das versucht der BVH nach eigenen Angaben schon seit Jahren. Aber: "Wir sind so wenige, dass wir nur in Fußnoten abgehandelt werden", sagt Burkhardt.

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