Viel Charme und ein paar Baustellen

Mainz · Vor einem Jahr löste Malu Dreyer den langjährigen Ministerpräsidenten Kurt Beck an der Spitze der rheinland-pfälzischen Regierung ab. Baustellen gibt es noch immer. Dreyer setzt auf Transparenz und Charme. Der CDU reicht das nicht.

Malu Dreyer (52) überlegt nicht lange. "Ich habe die Entscheidung nicht eine Sekunde bereut", sagt die rheinland-pfälzische SPD-Ministerpräsidentin. Am Donnerstag ist die Nachfolgerin von Kurt Beck ein Jahr im Amt. Das erste Jahr sei sehr intensiv, auch anstrengend gewesen, sagt sie. Es war kein leichtes erstes Jahr. Dennoch agiert die rot-grüne Koalition unter ihr relativ geräuschlos. Die neue Landesmutter versteht es bisher, die Rheinland-Pfälzer mit Charme für sich einzunehmen. Baustellen gibt es aber noch einige. Die CDU kritisiert, es würden nicht weniger.

Der verschuldete Flughafen Hahn kommt nicht aus den Schlagzeilen, obwohl die Chefetage neu besetzt ist und ein Sparkonzept beschlossen wurde. Die Fracht- und Passagierzahlen gehen aber zurück, einige Frachtfirmen haben dem Hunsrück-Airport den Rücken gekehrt. Nach einem Nachtragsetat sind im Doppelhaushalt 2014/2015 weitere Millionen Euro vorgesehen, um dem Flughafen Rückenwind zu geben. Etwas ruhiger ist es um den insolventen Nürburgring in der Eifel geworden. Ein Käufer wird gesucht. Wie die Zukunft des überdimensionierten Freizeitparks am Ring aussieht, den die frühere SPD-Regierung unter Kurt Beck einst bauen ließ, ist offen.

Dreyer nennt die Probleme beim Namen. Mehr Transparenz hatte sie in ihrer Regierungserklärung vor rund einem Jahr versprochen. Das heißt nicht, dass die Probleme damit schneller gelöst sind. Das weiß Dreyer auch, aber sie gibt sich zuversichtlich: "Wir haben beim Flughafen Hahn einen guten Weg eingeschlagen, indem wir die Beziehungen zur EU-Kommission intensiviert haben und indem es eine neue Geschäftsführung und einen professionalisierten Aufsichtsrat gibt", sagt die Juristin. Doch das Ende ist offen.

Die CDU-Landes- und Fraktionsvorsitzende Julia Klöckner wirft Dreyer vor, sie habe nicht für Fortschritt gesorgt im Land: "Es ist zwar netter, aber nicht besser geworden." Das liege auch daran, dass die Regierungschefin seit über zehn Jahren im Kabinett sei und früher Entscheidungen mitgetragen habe, die heute Probleme bereiteten. Sie nannte nichts konkret, hatte aber früher vor Risiken beim Nürburgring und dem Flughafen Hahn gewarnt. Auch neue Schulden prangert Klöckner an.

Vom Koalitionspartner kommt - wenig überraschend - viel Lob. "Malu Dreyer hat im ersten Jahr als Ministerpräsidentin mit ihrer erfrischenden Art die Landespolitik und das ganze Land angesteckt", sagt Grünen-Fraktionschef Daniel Köbler. "Besonders freut uns, dass sie auch grüne Herzensanliegen wie die Energiewende, den Nationalpark oder Bürgerbeteiligung und Transparenz ganz oben auf ihre Agenda gesetzt hat."

SPD-Landeschef Roger Lewentz bescheinigt Dreyer "eine sehr gute Figur". Der SPD-Fraktionsvorsitzende Hendrik Hering schwärmt: "Ich kann für mich sagen, dass ein Jahr mit Malu Dreyer gefühlt wie ein Jahr Sommer war."

Die Wirtschaft betont den engen Draht in die Staatskanzlei. "Schon unter Kurt Beck hat es einen sehr intensiven Dialog mit den Unternehmern gegeben, das hat Malu Dreyer voll aufgenommen", sagt der Präsident der Unternehmerverbände LVU, Gerhard Braun. Malu Dreyer selbst sagt, sie sei sehr angetan von ihrem Amt. Doch es gibt auch eine kleine Schattenseite: "Die Freizeit ist natürlich weniger geworden." Sie lobt das Verständnis ihres Mannes. "Mein Mann hat sich noch nie beschwert."

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort