Vergnügliche Schmunzelballaden mit Schwänken und Legenden

St. Ingbert. Wer denkt beim Wort Ballade nicht automatisch an seine Schulzeit zurück? An Goethes "Erlkönig", Schillers "Taucher", auch heute noch beliebtes Gedächtnistraining für Senioren. Erinnerungen werden wach an ihre vielfältigen Formen: Ideenballade, Schauerballade, Gespensterballade. Doch nichts von alledem an diesem Abend im Kulturhaus der St

St. Ingbert. Wer denkt beim Wort Ballade nicht automatisch an seine Schulzeit zurück? An Goethes "Erlkönig", Schillers "Taucher", auch heute noch beliebtes Gedächtnistraining für Senioren. Erinnerungen werden wach an ihre vielfältigen Formen: Ideenballade, Schauerballade, Gespensterballade. Doch nichts von alledem an diesem Abend im Kulturhaus der St. Ingberter Annastraße. Gerd Schlaudecker (Foto: SZ) las "Schmunzelballaden", eine humoristische Sonderform, durchsetzt von Witz und Komik, die im 19. Jahrhundert ihre Höhepunkte hatte, aber zu Recht auch heute noch ihre Liebhaber findet - denken wir an Heinz Erhardt.

Voll und ganz kam das Publikum auf seine Kosten. Zwar wurde nicht lauthals gelacht, sondern - wie der Titel des Programms es verheißt -vergnüglich geschmunzelt. Kein Wunder, denn Schlaudecker hatte sein Programm sorgfältig zusammengestellt und jede Nummer mit einem kurzen Kommentar versehen. Es bestand aus bekannten und unbekannten Namen und Werken: Goethes "Zauberlehrling" und "Legende", Fontanes "Herr von Ribbeck", dem "Tugendhaften Hund" von Heinrich Heine.

Auf Entdeckungsreise konnten die Zuhörer mit August Kopischs "Schneiderjunge von Krippstedt" gehen, oder mit dem Erzählgedicht "Hunde und Katzen" aus der Feder des Schöpfers des "Deutschlandlieds" Hoffmann von Fallersleben. "Delctare et prodesse", also erfreuen und nützen, wollten die meisten dieser lehrhaften Balladen - von ihrem Inhalt her allesamt Fabeln, Schwänke, Legenden, Satiren. Manches hat sich sogar sprichwörtlich erhalten, wie das Ende einer Ballade von Emmanuel Geibel: "Zankt, wenn ihr sitzt beim Weine / Nicht um des Kaisers Bart."

Wieder ganz in seinem Element war der Rezitator und Programmgestalter, Gerd Schlaudecker. Er nahm sich Goethe kluges Diktum zum Leitfaden: Der Dichter bedient sich in der Ballade "aller drei Grundarten der Poesie", die "wie in einem lebendigen Ur-Ei zusammen sind." Es darf "nur bebrütet werden", "um als herrlichstes Phänomen auf Goldflügeln in die Lüfte zu steigen." In diesem Geiste war Schlaudecker als literarische "Ein-Mann-AG" Schauspieler, Erzähler und lyrischer Sprecher. Als Schauspieler schlüpft er in alle Rollen, die ihm die Texte bieten. Und man spürte, welche Freude es ihm machte, Figuren unterschiedlichen Charakters entstehen zu lassen. Highlights waren die Balladen "Die Heinzelmännchen" von August Kopisch und Adalbert von Chamissos "rechter Barbier" - nach einem gereimten Schwank von J.P. Hebel. Hier konnte Schlaudecker in vier verschiedenen Rollen brillieren. Das schmunzelnde Publikum durfte sich bei der Ankündigung einer Fortsetzung einig gewesen sein: Im kommenden Jahr sind wir wieder dabei. red

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