Vereine tun noch wenig gegen Missbrauch

Saarbrücken · Das Thema Prävention gegen Kindesmissbrauch gewinnt zunehmend an Bedeutung – auch im Sport. Im Saarland bemüht sich der Landessportverband um Sensibilisierung, doch viele Vereine sehen noch keinen Bedarf an Aufklärung.

Johannes-Wilhelm Rörig, der Unabhängige Beauftragte der Bundesregierung zur Aufarbeitung des sexuellen Kindesmissbrauchs, appelliert an die Sportvereine, mehr für die Prävention zu tun. In einem Interview mit dem Berliner "Tagesspiegel" bedauert er, dass sich noch zu wenige Sportvereine mit dem Thema ernsthaft auseinandersetzten. Eine Umfrage unter deutschen Sportvereinen habe ergeben, dass nur ein Drittel der Vereine, die geantwortet haben, aktiv Vorbeugungsmaßnahmen ergreifen.

Die Notwendigkeit, Aufklärung und Prävention zu betreiben, sieht auch Gerd Meyer, der Präsident des Landessportverbands für das Saarland (LSVS): "Nicht nur im Sport, sondern auch in der Kirche und in der Schule ist das Thema Missbrauchsprävention in den Fokus geraten, und das ist gut so. Auch im Saar-Sport ist dies zu einem Schwerpunkt unserer Arbeit geworden." Im Saarland gibt es demnach noch wenige Erfahrungswerte, doch im Großen und Ganzen ließen sich die bundesweiten Ergebnisse der Umfrage auf das Saarland übertragen: Ein Drittel der Vereine befasse sich intensiv mit der Thematik, so Meyer. Die restlichen zwei Drittel sähen aber keinen Bedarf, sich aktiv für Prävention einzusetzen.

Das Problembewusstsein ist also noch nicht überall vorhanden, ebenso wenig der Gedanke, dass die Aufklärungsarbeit im Vorfeld geleistet werden muss, auch wenn sich im Verein noch nie derartige Probleme gestellt haben. "Auch wenn sie noch nicht die Mehrheit bilden, haben sich manche saarländischen Vereine, wie zum Beispiel der SV Bous, schon längst und intensiv mit dem Thema Prävention beschäftigt", berichtet Udo Genetsch, Präsidiumsmitglied des LSVS und Vorsitzender der Sportjugend. "Manche Vereine bieten entsprechende Fortbildungen für ihre Trainer oder haben sogar Vorstandsmitglieder, die sich fachkundig mit Prävention von Missbrauch an Kindern und Jugendlichen auseinandersetzen", so Genetsch. Er selbst leitet den dazugehörigen Arbeitskreis beim LSVS und arbeitete an einer neuen Broschüre über Präventionsmaßnahmen gegen Gewalt an Kindern und Jugendlichen im Sport mit, die beim LSVS erhältlich ist. Partner für diese Arbeit haben die Saar-Sportler im Landesjugendring und Beratungsstellen wie Phönix und Nele gefunden. Außerdem stehe der LSVS als Dachverband jedem Mitgliederverein zur Seite. "Ich biete den Vereinen an, bei Mitgliederversammlungen das Thema anzusprechen und Maßnahmen vorzustellen", sagt Genetsch. Bisher sei er schon bei Versammlungen von Turn- und Tanzvereinen gewesen. Im Sommer sollen weitere Besuche in den Vereinen folgen. Er hoffe auf weitere Vereinsanfragen, so Genetsch zur SZ.

Aus den vergangenen zehn Jahren seien ihm zwei Fälle von Missbrauch im Saar-Sport bekannt geworden, so Genetsch. Die Dunkelziffer lasse sich natürlich schwer einschätzen. Aber auch wenn Sportvereine an der Saar nicht massiv mit dem Problem konfrontiert würden, sei es nie zu früh, um Aufklärungsarbeit zu leisten.

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