Verein gibt Tipps für integrativen Unterricht

Saarbrücken. "Henriette ist sehr kontaktfreudig, vielseitig interessiert und hochmotiviert." So beschreibt Katrin Zaske ihre Tochter, die vor acht Jahren mit Down-Syndrom zur Welt kam. Heute besucht Henriette eine zweite Klasse der Grundschule Scheidt, zusammen mit 17 nichtbehinderten Kindern

Saarbrücken. "Henriette ist sehr kontaktfreudig, vielseitig interessiert und hochmotiviert." So beschreibt Katrin Zaske ihre Tochter, die vor acht Jahren mit Down-Syndrom zur Welt kam. Heute besucht Henriette eine zweite Klasse der Grundschule Scheidt, zusammen mit 17 nichtbehinderten Kindern. Wie der Alltag eines behinderten Kindes an einer Regelschule aussieht, erfuhren Eltern am Dienstag bei einer Informationsveranstaltung des Vereins Miteinander Leben Lernen (MLL). Dort gab es auch Tipps für die Antragsstellung, die für den Besuch einer Regelschule noch immer erforderlich ist. Wer ein Kind im Vorschulalter hat, bei dem in einem Gutachten ein besonderer Förderbedarf festgestellt wurde, und nicht möchte, dass es auf eine Förderschule für Behinderte geht, muss den Antrag bis 1. Februar gestellt haben. Dem Wunsch nach integrativem Unterricht an einer Regelgrundschule muss die jeweilige Schule gerecht werden. "Die Schule beruft dann einen Förderausschuss ein, der auf der Grundlage des Gutachtens eine Kind-Umfeld-Analyse ausarbeitet und entscheidet, ob eine Integrationsmaßnahme eingerichtet wird", erklärt Bernd Weismüller den weiteren Ablauf des Verfahrens. Im Förderausschuss vertreten sind laut Weismüller die Schulleitung, die spätere Klassenlehrerin, eine Förderschullehrerin und die Eltern. "Jede Person hat eine Stimme, Alleinerziehende haben doppeltes Stimmrecht", erklärt Ilse Blug, Geschäftsführerin des MLL. Die Entscheidung des Ausschusses, eine Integration zu versuchen oder nicht, sei für die Schulaufsichtsbehörde nicht verbindlich. Allerdings komme es nur noch selten vor, dass ein Kind gegen den Willen seiner Eltern auf eine Behindertenschule geschickt würde. Dort, so ist der Verein MLL überzeugt, würden Behinderte nicht integriert, sondern aus der Gesellschaft ausgeschlossen. Deshalb hofft der Verein auf eine möglichst rasche Umsetzung der UN-Konvention für die Rechte behinderter Menschen. "Darin ist eindeutig ein inklusives Bildungssystem festgeschrieben", so Blug. Demnach müsse der Besuch einer Förderschule künftig die Ausnahme und nicht die Regel sein. Zur Zeit besuchten im Saarland nur 30 Prozent der behinderten Kinder eine allgemeine Grundschule. "Wir haben die große Hoffnung, dass nun ein Veränderungsprozess stattfindet", sagte Michael Burkert, der Vorsitzende des MLL. Von integrativer Bildung profitierten alle, so Burkert. Das glaubt auch Klassenlehrerin Anke Opitz, die täglich erlebt, wie gut Henriette und ihre Mitschüler miteinander klarkommen. Unterstützung beim Lernen erhält Henriette von der Sonderpädagogin Christine Waltz, die sie fünf Stunden pro Woche in Mathematik und Deutsch unterrichtet. Außerdem bereitet Christine Waltz Aufgaben vor, die Henriette mit Unterstützung ihrer Integrationshelferin bearbeiten kann. Die Integrationshelferin ist während der gesamten Unterrichtszeit da, um Henriette zu unterstützen. Auch für diese Hilfe müssen Eltern einen Antrag stellen, erklärt Benedikt Quack, Leiter der Abteilung Integrative Hilfsdienste beim MLL. "Dieser Antrag muss noch vor der Einschulung des Kindes gestellt werden", so Quack.

Auf einen BlickDer Verein Miteinander Leben Lernen (MLL) setzt sich dafür ein, dass Behinderte ganz normal leben können und die Unterstützung erhalten, die sie dazu benötigen. Teil eines "normalen" Lebens ist der Besuch einer Regelschule. Nach Auskunft des MLL besucht im Saarland derzeit nur gut jedes vierte Kind mit Behinderung eine Regelschule. Die anderen behinderten Kinder werden hingegen in Förderschulen für Behinderte unterrichtet. Weitere Informationen zum Thema Integration in der Schule gibt es beim MLL, Telefon (0681) 687970; E-Mail: info@mllev.de rae

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