Diskussion um Saarbrücker Ex-OB Zu viel Ehre für Saarbrücker Ex-OB Neikes?

Saarbrücken · Zehntausende Kinder und Jugendliche haben in den vergangenen Jahrzehnten in der Saarbrücker Neikes-Halle geturnt, Fußball gespielt oder sind auf Trampolins gesprungen.

Doch die allerwenigsten von ihnen wissen, wer der Namensgeber dieser Sporthalle nahe des Evangelischen Krankenhauses war. Ebensowenige der Autofahrer, Fußgänger, Radfahrer, die die Neikesstraße benutzen, an der die Halle liegt, dürften sich darüber im Klaren sein. Die Anwohner, so sie geschichtsinteressiert sind, schon eher.

Die der Partei der Grünen nahe stehende Heinrich-Böll-Stiftung Saar will jetzt Licht in das Dunkel um den Namensgeber Neikes bringen und lädt am morgigen Freitag, 15. November, ab 19 Uhr in das Saarbrücker Filmhaus an der Mainzer Straße 8 ein. Dort wird die Berliner Historikerin Susanne Willems, die an der dortigen Hochschule für Wirtschaft und Recht Dozentin ist, einen Vortrag halten, der unter dem Titel „Hans Neikes und die Entrechtung der jüdischen Bevölkerung Berlins“ steht. Denn Willems hat in ihrem Werk „Der entsiedelte Jude. Albert Speers Wohnungsmarktpolitik für den Berliner Hauptstadtbau“ auch die Tätigkeit Neikes von 1938 bis 1945 beschrieben. Dieser preußische Beamte Neikes war von 1921 bis 1935 Chef der Saarbrücker Stadtverwaltung, ab 1928 unter der Bezeichnung Oberbürgermeister. In der Zeit der Völkerbundsregierung agierte er als Deutschnationaler, vor der Saar-Abstimmung 1935 überreichte er 1934 mit anderen Saar-Stadtvorderen dem Führer Adolf Hitler in Berlin die Ehrenbürgerwürde Saarbrückens.

Zwar wurde Neikes nach der Saar-Abstimmung, als mehr als 90 Prozent der Saarländer für den Anschluss an Hitler-Deutschland stimmten, 1935 durch einen NSDAP-Mann als Oberbürgermeister abgelöst. Doch in Berlin konnte Neikes ab 1938 in der Generalbauinspektion unter dem Rüstungsminister Albert Speer, einem der Hauptkriegsverbrecher der Nazis, seine Nähe zur NSDAP beweisen. Wie auch Dirk Amsel in den Saarbrücker Heften vom Juni 2019 nachweist, hat Neikes als Justitiar der Generalbauinspektion mit dafür gesorgt, dass tausende Berliner Juden ihre Häuser und Wohnungen verlassen mussten. Speer baute an dem wahnhaften Projekt Germania und zudem wurde Platz gebraucht für Zwangsarbeiterbaracken. Auch bei der Erweiterung des KZ Klinkerwerk Oranienburg soll Neikes beiteiligt gewesen sein. Am Freitag steht auch die Frage im Raum, warum der Saarbrücker Bezirksrat Mitte Neikes als Namensgeber noch die Ehre erweist und sein Ehrengrab auf dem Hauptfriedhof pflegen lässt.

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