Prozess gegen inhaftierten Bauunternehmer Ausländische Arbeiter betrogen und eiskalt ausgebeutet

<irspacing style="letter-spacing: -0.008em;">Saarbrücken/Schiffweiler</irspacing> · Drei Jahre und neun Monate schickt das Landgericht einen Deutsch-Türken hinter Gitter. Er zahlte Stundenlöhne von unter einem Euro.

Der 52 Jahre alte Ex-Bergmann, der bereits vor Jahren wegen Bandscheibenproblemen in Frühpension ging und eine Karriere in der Baubranche startete, gibt sich bester Laune. Er umarmt im Verhandlungssaal unter Aufsicht mehrerer Justizwachtmeister seine junge Ehefrau und seine Schwestern. Die Wiedersehensfreude ist groß bei dieser Familienzusammenführung. Seit November 2016 sitzt das Familienoberhaupt in Untersuchungshaft. Er wird noch einige Jahre hinter Gittern bleiben müssen.

Gerade hat die Wirtschaftsstrafkammer am Saarbrücker Landgericht den gebürtigen Türken mit deutscher Staatsangehörigkeit wegen besonders schweren Betrugs und Vorenthaltens von Arbeitsentgelt zu drei Jahren und neun Monaten Haft verurteilt. Die Vorsitzende Richterin Christiane Schmitt sprach in ihrer Begründung davon, dass der Firmenchef aus Schiffweiler wehrlose ausländische Arbeitskräfte ausgebeutet hat. Der Richterspruch kam für den 52-Jährigen keineswegs überraschend. Arbeiter aus Bulgarien und Rumänien, die für ihn am Bau schufteten, nutzte er nach Erkenntnissen von Zoll und Polizei eiskalt aus. Mitunter erhielten die Männer einen Stundenlohn von weniger als einem Euro. Der Firmenboss ging besonders dreist vor: Er begleitete seine Opfer, die ihre Familien nachholten, zum Jobcenter und ließ Kindergeld und Sozialleistungen auf Konten überweisen, auf die er zugreifen konnte.

Das Urteil basiert auf einem Deal: Staatsanwalt, Gericht, Verteidigung und Nebenklage hatten sich im Vorfeld bei einem Geständnis auf eine Strafe zwischen drei Jahren und neun Monaten und viereinhalb Jahren Haft verständigt. Über seinen Verteidiger Professor Guido Britz räumte der Chef mehrerer Baufirmen die Vorwürfe ein. Staatsanwalt Christian Nassiry forderte schließlich für den Ex-Bergmann drei Jahre und neun Monate Haft. Er verwies darauf, dass durch das Geständnis dem Gericht ein langes Verfahren und die Vernehmung zahlreicher Zeugen, die in Rumänien und Bulgarien hätten geladen werden müssen, erspart wurde.

Der Staatsanwalt betonte, der Firmenboss sei durch eine Gefängnisstrafe kaum zu beeindrucken. Immerhin ist er einschlägig vorbestraft, hat bis 2007 eine dreijährige Haftstrafe verbüßt, um dann unbeeindruckt mit der gleichen Masche weiter zu machen. Rechtsanwältin Jasmin Naumann, die einen bulgarischen Arbeiter vertrat, bescheinigte dem Unternehmer „große kriminelle Energie“. Verteidiger Britz meinte, das Geständnis könne „nicht hoch genug bewertet werden“. Der Justiz sei ein Mammutverfahren erspart worden. Das Urteil sei tat- und schuld­angemessen.

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