Unter Eichen wachsen die Schinken

Unsere heimischen Wildschweine haben wie fast alles Wild die leere Feldflur verlassen. Die Maisschläge, ihr sommerliches "Schlaraffenland", sind abgeerntet. Sie interessieren sich längst nicht mehr wie sonst für die am Boden zurückgebliebenen Maiskolbenreste. Der zielsichere Kurs der schwarzen "Schnüffeltüten" ist unser heimischer Buchen- und Eichenwald

Unsere heimischen Wildschweine haben wie fast alles Wild die leere Feldflur verlassen. Die Maisschläge, ihr sommerliches "Schlaraffenland", sind abgeerntet. Sie interessieren sich längst nicht mehr wie sonst für die am Boden zurückgebliebenen Maiskolbenreste. Der zielsichere Kurs der schwarzen "Schnüffeltüten" ist unser heimischer Buchen- und Eichenwald. Hier ist der Tisch reichlich gedeckt. Im Jahr der Wälder lassen sich unsere Bäume nicht lumpen. Sie setzen nach einer wirklich wunderschönen Herbstverfärbung einen Schlussakkord, der seinesgleichen sucht.Alle Waldbäume haben im trocken warmen Frühjahr reichlich geblüht. Der nasse Sommer hat die Fruchtentwicklung begünstigt, es gab kaum Verluste. Einige Buchen sind bei Sommergewitter und Sturm unter der Last der Früchte sogar gebrochen. Nun, da die Samen ausgereift sind, kann reichlich "Kamelle und Konfetti" geworfen werden.

Die Früchte fallen vor den Blättern, das Laub deckt anschließend die Saat schützend ab.

Tonnen an Eicheln und Bucheckern liegen dieses Jahr im Wald, die Natur hat alles gegeben. Das hat unsere Bäume Kraft gekostet, der Jahrring wird etwas dürftiger ausfallen, aber dafür ist reichlich für Nachkommenschaft gesorgt.

Mastjahre treten sprunghaft und unregelmäßig auf. Die Natur möchte nicht kalkulierbar sein. Nur so wird gewährleistet, dass sich die Population der Fressfeinde nicht zu stark aufbauen kann. Dann keimt reichlich Saat und der Wald kann sich verjüngen.

Der Begriff "Mast" kommt von mästen und verweist auf die Zeit, als die Schweine noch zum Füttern in den Wald getrieben wurden. Die Waldmast war eine der ältesten Haustierhaltungsformen. Sie ist bei uns seit mehr als 100 Jahren verschwunden, hatte aber zuvor etwa 10 000 Jahre Bestand. Hute- und Mittelwälder waren die Waldformen, die einen möglichst hohen Eichelertrag gewährleisteten.

Es ging damals nicht um ein paar einzelne Schweine. In den 60 000 Hektar großen Lushardwald bei Bruchsal wurden zum Beispiel in guten Mastjahren bis zu 20 000 Schweine eingetrieben. Der Eigentümer - hier der Bischof von Speyer - bekam dafür das so genannte "Mast- oder Dechelgeld", für den Lushardwald stolze 10 000 Gulden. Derartige Einnahmen waren natürlich ebenso sprunghaft wie die Mastjahrfolge an sich.

Die Tierhaltung in Wäldern wird hinlänglich als "devastierende", das heißt zerstörerische Waldnutzung angesehen. Dabei verhalten sich Schweine im Gegensatz zu Kühen, Schafen und Ziegen eher positiv.

Schweine wie unsere Wildschweine durchwühlen den Boden nach Engerlingen und Wurzeln. Sie durchbrechen dabei die Humusschicht und machen den Mineralboden für die Saat aufnahmebereit ("fängisch"). Sie fressen freilich einen guten Teil der Eicheln, andere aber bringen sie durch ihre Tätigkeit erst richtig gut in die Erde ein.

Die Forstklassiker von Carlowitz, 1713, Hartig, 1791, Cotta, 1828, Meyer, 1852, Pfeil, 1860, und Gayer, 1889, haben zu ihrer Zeit entsprechende Handlungsanweisungen gegeben und zur Schweinemast im Wald geraten, um die natürliche Besamung der Eichenbestände zu fördern.

Bucheckern bestehen zu 45 Prozent aus Fett und 25 Prozent aus Eiweiß. Wen wundert es, wenn sich alle auf derart gehaltvolle Kost freuen. Wildschein, Reh und Hirsch wie alle unsere Wildtierarten fressen sich eine ordentliche Speckschicht an. Dann brauchen sie nur noch Ruhe, um mit ihren Reserven haushalten und durch jeden noch so strengen Winter zu kommen.

Auch die Mäuse im Wald freuen sich über das "Tischlein deck dich". Bergfinken sind so schlau und ernten ihre Bucheckern lieber auf Waldwegen als in den Beständen. Auf den Wegen sind die harten und kantigen Samen von durchfahrenden Fahrzeugen geknackt und aufgerieben, da spart man sich viel Arbeit. Manch einer erinnert sich auch, dass in Kriegszeiten die Bucheckern gesammelt und zur Ölmühle gebracht wurden.

"Der Apfel fällt nicht weit vom Stamm" und ebenso fallen die "schwersamigen" Früchte von Buche und Eiche im direkten Kronenbereich zur Erde, kullern höchstens ein paar Meter den Hang hinab. Wie also können sie sich verbreiten im Gegensatz zu den luftig leichten, mit Flügeln ausgestatteten Flugsamen von Fichte, Tanne, Hainbuche und Ahornbäumen?

"Hähersaat" ist das Zauberwort. Eichelhäher, Eichhörnchen und Mäuse transportieren die schwere Fracht, verlieren hier und da etwas oder vergessen Verstecke, die sie einmal angelegt haben. Dort keimen dann, mitunter fern ab von allen Mutterbäumen Bucheckern und Eicheln.

Kein unwesentlicher Akt, der nächste Frühling im Wald verspricht jedenfalls wieder spannend zu werden.Waldfrüchte Die Bäume im Wald haben reichlich Frucht getragen, Eicheln oder Bucheckern zum Beispiel. Die Tiere freut es, kommen sie doch besser durch den Winter. Im Jahr der Wälder stellt der Förster und Naturfotograf Konrad Funk in einer Serie den heimischen Wald vor.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Waldfrüchte In diesem Jahr haben die Bäume im Wald reichlich Frucht getragen, Eicheln oder Bucheckern zum Beispiel. Die Tiere freut es, kommen sie doch besser durch den Winter. Im Jahr der Wälder stellt der Förster und Naturfotograf Konrad Funk in einer S
Waldfrüchte In diesem Jahr haben die Bäume im Wald reichlich Frucht getragen, Eicheln oder Bucheckern zum Beispiel. Die Tiere freut es, kommen sie doch besser durch den Winter. Im Jahr der Wälder stellt der Förster und Naturfotograf Konrad Funk in einer S
Aus dem Ressort