Unmenschlichkeit ist unvergessen

Homburg. Es war 17

 Im Schein der Kerzen eines siebenarmigen Leuchters wurde am Freitag der Homburger Opfer des Holocaust gedacht. Foto: Wolf

Im Schein der Kerzen eines siebenarmigen Leuchters wurde am Freitag der Homburger Opfer des Holocaust gedacht. Foto: Wolf

Homburg. Es war 17.15 Uhr, als am frühen Freitagabend langsam das fast zehnminütige Glockengeläut der evangelischen Stadtkirche verklang - ein Glockengeläut, das Homburgs erster Beigeordneter Rüdiger Schneidewind nicht weit entfernt im Innenhof der Ruine der alten Homburger Synagoge vor zahlreichen Bürgern so einordnete: "Dieses Glockengeläut ist ein hörbares Symbol für das heutige Deutschland." Dieses Deutschland habe, so Schneidewind im Gedenken an die jüdischen Opfer der Reichspogromnacht vom 9. November 1938, heute Religionsfreiheit. "Wir hatten aber auch einmal ein anderes Gesicht", erinnerte Schneidewind. "Auch wenn es vielleicht nicht der schlimmste Leidenstag für die jüdischen Mitbürger in der Zeit des Dritten Reiches war, so ist doch ein Symbol für das Unmenschliche, für den Wahnsinn des nationalsozialistischen Systems." Erinnern und Mahnen nannte Schneidewind als ausschlaggebend für eine wehrhafte Demokratie.Bei allem trauernden Gedenken, so Homburgs Erster Beigeordneter, könne eine Veranstaltung wie die am Freitag - mit dem Gedenken in der evangelischen Stadtkirche und in der Ruine der Homburger Synagoge sowie dem von Hans-Josef Britz geleiteten Rundgang durch das jüdische Homburg - aber auch ein positives Zeichen sein. "Wenn junge Menschen bereit sind, sich intensiv mit diesem Thema auseinanderzusetzen und bereit sind, an dieser Gedenkveranstaltung teilzunehmen, dann macht mir das Mut. Die Jugend ist die Zukunft."

Damit griff Schneidewind vor allem den ersten Teil der Gedenkveranstaltung zum 9. November 1938 auf. Da hatten Schüler des Saarpfalz-Gymnasiums in der Stadtkirche ihre Sicht auf die Reichspogromnacht in Gedichte gefasst. Und sie hatten auch das Leiden und Leben von Alex Deutsch aufgegriffen, dem 2011 verstorbenen Auschwitz-Überlebenden, der wie kein anderer gerade in den Schulen Aufklärungsarbeit geleistet hatte - im Zeichen der Versöhnung und nicht des Hasses.

Das Leben von Alex Deutsch, dessen Witwe Doris Deutsch der von Pfarrerin Petra Scheidhauer eröffneten und vom Chor "Sing 'n' Swing" begleiteten Gedenkfeier in der Stadtkirche beigewohnt hatte, rückte auch Pfarrer im Ruhestand Klaus Heintz in den Mittelpunkt seiner berührenden Gedenkrede. Heintz, damals in der Paulusgemeinde in Neunkirchen, hatte Deutsch in den 1980er Jahren kennengelernt und entwickelte sich zu einem der Motoren der Aufklärungsarbeit des Auschwitz-Überlebenden - nachdem der zuerst in Heintz' Kirchengemeinde von seinem Schicksal unter der Nazi-Diktatur berichtet hatte. In Erinnerung an Alex Deutsch zitierte der Pfarrer zum Ende hin Richard von Weizsäcker: "Lasst euch nicht hineintreiben in Feindschaft und Hass gegen andere Menschen. Lernt miteinander zu leben, nicht gegeneinander." "Der Tag symbolisiert auch den Wahnsinn der Nazis."

 Im Schein der Kerzen eines siebenarmigen Leuchters wurde am Freitag der Homburger Opfer des Holocaust gedacht. Foto: Wolf

Im Schein der Kerzen eines siebenarmigen Leuchters wurde am Freitag der Homburger Opfer des Holocaust gedacht. Foto: Wolf

Rüdiger Schneidewind

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