Unheimliche Kreaturen

Bosen · Sie sehen seltsam aus und auch eklig – jedenfalls anders als die Tiere oder Pflanzen, die wir kennen. In den vergangenen Tagen und Wochen berichteten Spaziergänger und Taucher immer wieder von ihren Funden. Um was es sich dabei handelt? Hier ein Aufklärungsversuch.

 Ein Tintenfischpilz am Wegesrand.Foto: Michael Schwartekopp

Ein Tintenfischpilz am Wegesrand.Foto: Michael Schwartekopp

Foto: Michael Schwartekopp
 Ein Moostierchen im Bostalsee. Foto: privat

Ein Moostierchen im Bostalsee. Foto: privat

Foto: privat

Ein quallenähnliches, schleimiges Wesen treibt unter der Wasseroberfläche. Es hat die Größe eines Brotlaibs, besitzt jedoch keine sichtbaren Tentakeln, die ihm zur Fortbewegung dienen könnten. Szenenwechsel. Am Ufer steht derweil ein rot leuchtendes Etwas, das aus einem Ei heraus zu wachsen scheint. Nur ganz langsam öffnet und schließt es seine Fangarme.

Wer jetzt denkt, diese Furcht einflößenden Kreaturen gäbe es nur in Filmen, der hat sich geirrt! Denn Pectinatella magnifica, zu deutsch Moostierchen, und Clathrus archeri, übersetzt Tintenfischpilz, leben unter uns und zwar am beliebtesten Freizeitgewässer der St. Wendeler: am Bostalsee.

Gesichtet hat sie unter anderem Michael Schwartekopp: "Ich bin, wie fast jedes Wochenende, mit meiner Frau auf dem Rundweg um den See gewandert. Da sah ich etwas Rotes. Es leuchtete auf dem eher trostlos wirkenden Untergrund." Mutig näherte sich der Spaziergänger dem unbekannten Wesen, um es genauer unter die Lupe zu nehmen. Als er davor stand entdeckte er ein krakenähnliches Gewächs und ein unangenehmer Geruch stieg ihm in die Nase. "Als ich es mir ansah, kam mir die Vermutung, dass es sich um einen Pilz handeln könnte. In geschlossenem Zustand sah er aus wie ein Bovist", berichtete Michael Schwartekopp weiter. Mit dieser Vermutung lag er dann auch genau richtig. Das Gewächs am Wegrand war ein Tintenfischpilz. Heimisch ist der seltsam aussehende Pilz unter anderem in Australien und Neuseeland. Doch nachdem er durch Militärtransporte eingeschleppt wurde, verbreitete er sich in ganz Mitteleuropa. Wie der Name schon sagt, besitzt der Tintenfischpilz Arme, diese sind rot-schwarz und zunächst an der Spitze verbunden. Doch nach der Streckung breiten sie sich sternförmig aus. Der von Schwartekopp beschriebene "Gestank" ist ein Trick des Pilzes und soll verrottetes Fleisch imitieren, um so Fliegen anzulocken. Somit ist das Mysterium um Ungeheuer Nummer eins also geklärt, doch was hat es mit dem klitschigen, runden Ding auf sich? "Dabei handelt es sich um sogenannte Moostierchen. Sie stammen ursprünglich aus Nordamerika und konnten sich aufgrund der Wetterbedingungen in diesem Jahr besonders gut entwickeln", meinte Erich Fuchs. Er ist Gewässerwart am Bostalsee und hielt die schleimigen, schwammartigen Tierchen schon in Händen. "Taucher haben mir einige Exemplare von ihrem Tauchgang am Damm mitgebracht," so Fuchs weiter. Pectinatella magnifica wurde vermutlich von Seefahrern um 1800 eingeschleppt. Bei den Fremdlingen im Bostalsee könnte es sich aber auch um Urlaubsmitbringsel handeln. Sie bilden Kolonien und treiben frei im Wasser, oder wachsen an Steinen fest. Jedes einzelne Tier ist nur sehr klein und ernährt sich von Plankton, das es mit seinen winzigen Tentakeln filtert. Moostierchen bestehen zu 99 Prozent aus Wasser, sie vermehren sich vorwiegend im Sommer. Im Winter geht ihr Bestand dann wieder stark zurück. "So außergewöhnlich das auch klingen mag. Ihr Vorkommen deutet auf eine gute und nährstoffreiche Wasserqualität hin", erklärte Erich Fuchs. Er betonte, dass die Moostierchen für Badegäste, Schwimmer und Taucher absolut ungefährlich seien. Aber wer weiß schon, welches Ungeheuer sich wohl als Nächstes an unserem schönen Bostalsee blicken lässt?

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