Und zur "Kieschekermes" gab's Rindfleischsupp'

Büdingen · Der Büdinger Werner Stein (87) erinnert sich daran, wie die Kirmes "sellemols" gefeiert wurde: mit Hochamt, Frühschoppen, Tanz und Kirmesemmes - traditionell gab's Rindfleischsuppe mit Klößchen, ebenso gekochtes Rindfleisch oder Schinken.

 In der Büdinger Pfarrkirche "Maria Heimsuchung" wurde das traditionelle Kirmes-Hochamt abgehalten. Foto: Josef ollinger

In der Büdinger Pfarrkirche "Maria Heimsuchung" wurde das traditionelle Kirmes-Hochamt abgehalten. Foto: Josef ollinger

Büdingen. Ein feierliches Hochamt, viel, viel Musik und leckeres Essen: Wie in alten Tagen haben die Büdinger ihre Kirmes an "Maria Heimsuchung" gefeiert. So standen am Eröffnungstag, dem "Kermessamschdesch", ein zünftiger Fassanstich und ein Dämmerschoppen auf dem Dorfplatz auf dem Programm. Feuerwehr und Ortsrat spielten Mundschenke. Ganz traditionell startete der "Kermessonndesch" mit einem feierlichen Gottesdienst in der Pfarrkirche "Maria Heimsuchung. Dafür hatte sich der Männergesangverein Weiten die vierstimmige Messe für Männerchor von Emil Hug und ein siebenstimmiges "Ave Maria - Angelus dominus" von Franz Bibl ausgesucht. Unterstützt wurde der Chor von den Sopranistinnen Christel Marx und Maria Kleber sowie Margarete Bollinger (Alt).Ein Frühschoppenkonzert des Musikvereins Büdingen schlos sich an, die Freiwillige Feuerwehr lud zum "Tag der Offenen Tür" und präsentierte ihre Einsatzfahrzeuge und Werkzeuge.

An diesen Tagen wurde bei so manch einem Erinnerung an die Kirmes anno dazumal wach - etwa bei Werner Stein.

"Vor dem Zweiten Weltkrieg wurden die Verwandten zur 'Kieschekermes' eingeladen. Sie kamen am Sonntagmorgen - entweder mit der Kutsche oder dem Landauer", erzählt der 87-Jährige. Nach dem feierlichen Hochamt umrahmte der Musikverein den Frühschoppen auf dem Dorfplatz. Der Verein ist seit seiner Gründung 1923 fest in der Hand der Familie Stein: Heinrich Stein machte den Anfang - bis 1939. Sohn Werner Stein übernahm dieses Amt nach der Wiedergründung und leitete ihn von 1962 bis 1988. Seit 24 Jahren obliegt Schwiegersohn Michael Kleber diese Aufgabe.

Während die Männer sich zuprosteten, standen die Hausfrauen am Herd: Die "Kermesemmes" musste vorbereitet werden. Rindfleischsuppe mit Klößchen standen auf dem Speiseplan, ebenso gekochtes Rindfleisch, "enn ganz Schonk" (gekochter Schinken), Kartoffeln mit deftigem Sauerkraut und Salat. Dazu gab es Viez, zum Abschluss der üppigen Emmes einen selbstgebrannten Kirsch oder Mirabell. Nach der Vesper am Nachmittag ging man in die Vesper, danach tischte die Hausfrau Kaffee und Kuchen auf. "Da gab es 'Grimmelkooch', 'Kieschenkooch' und 'Dreschenen Bond', einen Gugelhupf", verrät Stein. Bei schönem Wetter habe die Hausfrau den Tisch im Garten gedeckt. Anschließend seien Volkslieder gesungen worden. "Gegen 18 Uhr ging es dann 'off de Geih', zum Dorftanze, worauf sich besonders die Jugend freute."

Die Tanzveranstaltung ging meist bis in den Morgen, wenn sie nicht vorher vom "Schanderm" (Polizist) nach Ende der Sperrstunde beendet wurde. Gelegentlich gab es auch eine Kirmeskeilerei. Ein Grund: Wenn ein auswärtiger Bursche öfters mit einem Büdinger Mädchen tanzte, das einen Freund aus dem Dorfe hatte. Dabei hielten dann die Büdinger ihrem Kamerad bei. Man hängte dem auswärtigen Konkurrenten 'de Gieß onn', warf ihn also aus dem Dorf. Häufige Folge: blutige Nasen und zerrissene Hemden und Kittel.

Nach der Messe an Kirmesmontag und einem üppigen Mittagessen wurden die Gäste verabschiedet - mit viel Kuchen. Abends traf sich die Dorfjugend nochmals zum Tanz beim Bathis - meist bis um Mitternacht.

Der Büdinger Gilbert Halnais hat federführend mit dem Büdinger Ortsrat die "Chronik Büdingen" in Wort und Bild verfasst.

"Die Verwandten kamen am Sonntagmorgen - entweder mit der Kutsche oder dem Landauer."

Werner Stein, Büdinger Kirmes-Veteran

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