Überraschungskandidatin bei den Linken

Völklingen. Die Völklinger Linken werden überraschend mit der Landtagsabgeordneten Astrid Schramm aus Püttlingen als Kandidatin zur Oberbürgermeisterwahl am 5. September antreten

 Oskar Lafontaine, hier ein Bild vom jüngsten Bundesparteitag der Linken. Foto: dpa

Oskar Lafontaine, hier ein Bild vom jüngsten Bundesparteitag der Linken. Foto: dpa

Völklingen. Die Völklinger Linken werden überraschend mit der Landtagsabgeordneten Astrid Schramm aus Püttlingen als Kandidatin zur Oberbürgermeisterwahl am 5. September antreten. Dabei hatten sich eigentlich bereits im April die Fraktion der Linken im Völklinger Stadtrat und der Vorstand des Ortsverbandes Völklingen einstimmig für Regina Preysing (Foto: Partei) aus Großrosseln als Kandidatin ausgesprochen. Erst am vergangenen Dienstag hatte Fraktionschef Klaus Degen (Foto: privat) öffentlich diesen Vorschlag bekräftigt. Es kam am Sonntagnachmittag bei der Wahl im Café Salto aber völlig anders, denn die vom Landesvorstand vorgeschlagene Astrid Schramm aus Püttlingen machte im Endeffekt das Rennen und tritt jetzt gegen CDU-Oberbürgermeister Klaus Lorig an. Die 54-Jährige bekam bei der Wahl zehn Ja-Stimmen und sechs Nein-Stimmen bei einer Stimmenthaltung.

Lafontaine, Fraktionsvorsitzender der Linken im Saar-Landtag, verteidigte die Maßnahme, mit Astrid Schramm in die Oberbürgermeisterwahl zu ziehen. Er rechne sich dadurch für seine Partei bessere Möglichkeiten aus, ein respektables Ergebnis zu erzielen; Lafontaine: "Bei der Kommunalwahl hat die Völklinger Linke 18 Prozent der Stimmen erreicht. Mit Astrid Schramm haben wir sogar noch die Chance, beim Wahltermin besser abzuschneiden."

Regina Preysing hatte fair die Kandidatur von Astrid Schramm akzeptiert. "Wenn es für die Partei besser ist, mit einer anderen Kandidatin in den Wahlkampf zu ziehen, möchte ich nicht im Wege stehen", meinte die 44-Jährige Diplomingenieurin. Für die Stadtratsmitglieder der Linken war jedoch das Votum des Landesvorstands, doch nicht Preysing zu nominieren, ein "Schlag ins Genick". Klaus Degen machte seinem Ärger mächtig Luft.

Am Montag schließlich, nachdem er zunächst "eine Nacht darüber geschlafen" hatte, legte er seine Ämter als Stadtrats-Fraktionsvorsitzender und stellvertretender Parteivorsitzender nieder. Bereits zuvor war Parteisprecher Patric Bies "aus gesundheitlichen Gründen" von seinem Amt zurückgetreten. Auch Linken-Fraktionsgeschäftsführer Paul Ganster rügte die nach seiner Meinung "unrealistische" Lösung, "Regina Preysing einfach beiseite zu schieben", er will sich aber um die Nachfolge Degens als Fraktionsvorsitzender bewerben.

Seit einem halben Jahr gehört Astrid Schramm dem Landtag an. Sie gab spontan eine Antwort auf die Frage, mit wie viel Stimmen sie rechnet: "Auf jeden Fall über 20 Prozent." Schramm ist auch im Püttlinger Stadtrat und Vorsitzende des Linken-Ortsverbandes Püttlingen-Köllerbach. Vor ihrem Wechsel zur Linken war sie Vorsitzende des SPD-Ortsverbandes Köllerbach.

Klaus Degen gestand ein, dass er anfangs etwas skeptisch gewesen sei, ob Preysing eine geeignete Konkurrentin für Lorig sei. Die Großrosselerin habe sich aber sehr schnell profiliert und Zuversicht vermittelt, die politischen Themen gut zu vertreten und ein gutes Wahlergebnis zu erreichen. Umso enttäuschender dann am Sonntag das "Umfallen" (Degen) der Versammlung zugunsten von Schramm. Wie Teilnehmer der Nominierungsversammlung schilderten, hätten sie sich von der Landespartei unter Druck gesetzt gefühlt. Unter anderem soll die Zahlung von Wahlkampf-Geld für Völklingen an die Bedingung geknüpft worden sein, von Preysing abzurücken und Schramm vorzuziehen. Für den Landesvorstand der Linken erklärte dagegen Birgit Huonker (Riegelsberg) im Gespräch mit unserer Zeitung, es habe kein "Handstreich" stattgefunden. Anwesende wie der Fraktions-Geschäftsführer Paul Ganster hatten allerdings das Gefühl, dass es bei der Kandidatenkür zu einem "Durchgreifen von oben" gekommen sei.

Bei den Bundes- und Landtagswahlen im vorigen Herbst erstürmte die Partei Die Linke Völklingen als Hochburg: Sie erhielt über 29 Prozent der Stimmen und war damit stärkste politische Kraft vor CDU und SPD. Bei der Kommunalwahl im Juni 2009 hatte Die Linke ein nicht ganz adäquates Ergebnis von 17,9 Prozent erhalten.

Meinung

Im Handstreich

Von SZ-Redakteur

Bernhard Geber

Der selbstherrliche Umgang mit den Völklinger Linken zeigt vor allem eins: Oskar Lafontaine ist ganz der Alte geblieben. Spötter würden nun sogar hinzufügen: Warum sollte es Klaus Degen denn besser als seinerzeit Rudolf Scharping gehen? Ein solcher Umgang mit der Parteibasis zeugt ganz einfach von schlechten Manieren. Lafontaine hätte genug Zeit gehabt, vorher mit seinen Völklinger Parteigenossen zu reden, anstatt sie nun mit einer handstreichartigen Aktion zu blamieren. Astrid Schramm ist bisher für die Völklinger Bürger ein völlig unbeschriebenes Blatt. Erfolg oder Misserfolg wird entscheidend von ihrem persönlichen Auftreten abhängen.

 Überraschend Oberbürgermeister-Kandidatin: Astrid Schramm, 54-jährige Landtagsabgeordnete aus Püttlingen, soll es nun für die Völklinger Linken richten. Foto: Becker & Bredel

Überraschend Oberbürgermeister-Kandidatin: Astrid Schramm, 54-jährige Landtagsabgeordnete aus Püttlingen, soll es nun für die Völklinger Linken richten. Foto: Becker & Bredel

 Überraschend Oberbürgermeister-Kandidatin: Astrid Schramm, 54-jährige Landtagsabgeordnete aus Püttlingen, soll es nun für die Völklinger Linken richten. Foto: Becker & Bredel

Überraschend Oberbürgermeister-Kandidatin: Astrid Schramm, 54-jährige Landtagsabgeordnete aus Püttlingen, soll es nun für die Völklinger Linken richten. Foto: Becker & Bredel

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