Über die Schätze im Saar-Boden

Saarbrücken. Der Erscheinungstermin - parallel zu "Kelten"-Ausstellung im Völklinger Weltkulturerbe - sei Zufall, sagt Dr. Walter Reinhard. Zweieinhalb Jahre schrieb er an Band 3 der Reihe "Bodendenkmalpflege im Saarland". Nichtsdestotrotz könnte sich die Synchronität verkaufsfördernd auswirken

 Spektakulärer Fund: 2005 wurde dieses keltische Kinder-Doppelgrab eines zwölfjährigen Madchens und eines elfjährigen Jungen in Reinheim entdeckt. Fotos: R. Schmidt

Spektakulärer Fund: 2005 wurde dieses keltische Kinder-Doppelgrab eines zwölfjährigen Madchens und eines elfjährigen Jungen in Reinheim entdeckt. Fotos: R. Schmidt

Saarbrücken. Der Erscheinungstermin - parallel zu "Kelten"-Ausstellung im Völklinger Weltkulturerbe - sei Zufall, sagt Dr. Walter Reinhard. Zweieinhalb Jahre schrieb er an Band 3 der Reihe "Bodendenkmalpflege im Saarland". Nichtsdestotrotz könnte sich die Synchronität verkaufsfördernd auswirken. Denn mag der Katalog zur Völklinger Schau auch noch so aufschlussreich sein, er konzentriert sich auf die 800-jährige Ära der Kelten, hier vor allem auf die Eisenzeit (480-15 v. Chr.). Reinhards Werk jedoch spannt den Bogen bis in die Spätantike, bis zu den Merowingern (7. Jhd. n. Chr.). So ergibt sich ein erstaunliches Panorama auf die kontinuierliche 1600-jährige Besiedlung des Bliesgaus.

Vor allem aber bohrt sich Reinhards Buch, bildlich gesprochen, ganz tief in die heimatliche Erde, arbeitet mit großzügigen Foto-Strecken und Flurbezeichnung alle Fundstellen ab. Kollegen sollten mit und nach dem Buch arbeiten können. Zugleich sorgt Reinhard für die Nicht-Experten. Dank vorzüglicher Bebilderung erlebt man Bodendenkmalpflege "live" und erwirbt zusätzlich in Zusammenfassungen Grundsatz-Wissen über die frühen Gesellschaften. Journalistische Kapitel-Überschriften - "Mord zur Römerzeit in Rubenheim", "Keltische Söldner von Reinheim im Dienste der Karthager?" - reizen zum Einstieg.

Sind Archäologen, die aus Minimal-Funden ganze Soziologien entwickeln, nicht auch hochspekulative Märchenerzähler? Das hört Reinhard nicht gern: "Alles, was man in diesem Buch liest, lässt sich wissenschaftlich herleiten." Der Forschungsstand habe sich seit fünf Jahren wesentlich verbessert, weil durch die Erschließungsmaßnahmen des EVS deutlich mehr Funde aufgetaucht seien und jeder einzelne davon das vor- und frühhistorische Dunkel weiter erhelle. Und: "Die naturwissenschaftlichen Begleitforschungen haben eine dynamische Entwicklung genommen", sagt Reinhard. Beim keltischen Reinheimer Kindergrab wurden beispielsweise über DNA-Analysen verwandtschaftliche Beziehungen geklärt. Aber war denn nun die berühmte Fürstin von Reinheim (4. Jhd. v. Chr.) eine Druidin? Sie war keine, sagt das Buch, aber eine Frau mit Priesterinnen-Status.

Als Leistungsbilanz seines Lebenswerkes will Reinhard das Buch nicht verstanden wissen. Erst ein Drittel der 1100 Grabhügel im Saarland sind ausgegraben. Da wartet noch Einiges auf einen, der bereits mit 14 Jahren seinem "Jagdtrieb" nachgab und in Breitfurt buddelte. Zudem beschäftigt sich Reinhard mit dem St. Wendeler Raum ähnlich intensiv wie mit dem Bliesgau. Die Gehweiler Gräber haben gerade in der Völklinger Ausstellung ihren ersten großen Auftritt. Durch die "Kelten"-Schau hofft sich Reinhard einen Sympathie-Schub für sein Fach. Immer noch müssten Bodendenkmalpfleger "Reserven" bei der Bevölkerung abbauen, meint Reinhard, trotz der Popularität des Kulturparks Bliesbrück-Reinheim, den jährlich 40 000 Besucher ansteuern. Man höre immer noch: So viel Aufwand für ein paar Scherben. Wobei dieses historische Erbe Stolz auslösen könnte. 150 Fürstengräber sind bundesweit bekannt, davon befinden sich 28 im Saarland. "Das ist ein immenser Anteil", sagt Reinhard. Was besagt: Hier lag ein bedeutendes frühgeschichtliches Zentrum Mitteleuropas.

 WalterReinhard

WalterReinhard

Walter Reinhard: Kelten, Römer und Germanen im Bliesgau, 19,90 Euro; finanziert vom Saarpfalz-Kreis und von Sponsoren, ISBN 978-3-9811591-2-7.

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