Trauermarsch und Zukunftsmusik

Saarbrücken. Gänsehautgefühle: Bernhard Stopp weiß, wie man sie weckt; das Handwerk eines Profi-Dirigenten eben. Bei diesem Auftritt kommenden Samstag im Bergwerk Saar aber wird nichts wie sonst sein. In Ensdorf spielt sein Orchester, die Bergkapelle der RAG an der Saar, Seite an Seite mit dem Saarknappenchor dem Bergbau quasi den Großen Zapfenstreich

 Am Samstag wartet in Ensdorf, auf der Anlage des Bergwerks Saar, das sicher emotionalste Konzert seiner Karriere auf Bernhard Stopp, den Dirigenten der Bergkapelle. Foto: Stopp

Am Samstag wartet in Ensdorf, auf der Anlage des Bergwerks Saar, das sicher emotionalste Konzert seiner Karriere auf Bernhard Stopp, den Dirigenten der Bergkapelle. Foto: Stopp

Saarbrücken. Gänsehautgefühle: Bernhard Stopp weiß, wie man sie weckt; das Handwerk eines Profi-Dirigenten eben. Bei diesem Auftritt kommenden Samstag im Bergwerk Saar aber wird nichts wie sonst sein. In Ensdorf spielt sein Orchester, die Bergkapelle der RAG an der Saar, Seite an Seite mit dem Saarknappenchor dem Bergbau quasi den Großen Zapfenstreich. Für manchen seiner Musiker, etliche von ihnen lang gediente Bergleute, ein schwerer Gang, weiß Stopp. "Wir spielen auf unserer eigenen Beerdigung" - so sehen viele das. Und in die Trauer mischt sich auch Wut, dass nun Schicht im Schacht ist, eine jahrhundertelange Tradition abrupt endet. Gibt es für solche Momente überhaupt passende Noten?Stopp, der bereits Stadtmusikdirektor in Villingen war und Leiter des Landespolizeiorchesters Hessen, ist mit offiziellen Tönen wohl vertraut, diesmal aber hat er sich lange Gedanken macht, genau abgestimmt, was er Publikum wie Orchester zum Festakt, Konzert und Mettenschicht in Ensdorf bieten will. Musik, die zu Tränen rührt, aber eben auch solche, die Zuversicht verspricht. Ein Balanceakt.

Fürchtet Stopp da gar um die emotionale Standfestigkeit seiner gut 50 Musiker? Viel Gefühl wird im Spiel sein, glaubt der in Auersmacher Geerdete. Trotzdem, sein Orchester sei schließlich "Konzerte in großen Sälen und mit politischer Prominenz gewohnt". Dennoch, bei dem klassisch-populären Mix, zwischen Griegs Trauermarsch und "Time to say good bye" (der Ballade mit der Boxer Henry Maske einst in den Ring stieg), wird man am Samstag kaum anders können, als gerührt zu sein.

Stopp, der auch den Orchesterverein Harmonie Ormesheim leitet, steht seit fast 15 Jahren an der Spitze der Bergkapelle. "Das fing noch zu Saarberg-Zeiten an", erinnert er sich an alte Größe. Dass er da mal die Abschiedsmusik für den Bergbau dirigieren müsse, damals undenkbar. Doch es soll jetzt mehr als ein Abgesang werden. Auch Zukunftsgewandtes wird erklingen - wie etwa das eigens von Thomas Rudolf Becker komponierte "Glück auf 2012". Und zur "Musikbühne", der Sendung, die SR3 am Samstag zwischen 19 und 20 Uhr live aus Ensdorf sendet, haben beide Ensembles sogar Heiteres auf dem Programm.

Denn auch wenn die Kohleförderung jetzt endet, für die beiden musikalischen Botschafter des Bergbaus, die Bergkapelle und den Saarknappenchor, wird es weitergehen, sagt Stopp. Selbst wenn der Status als Werksensemble und die Unterstützung der RAG auf Sicht fällt.

Sein Orchester überzeuge durch Leistung, sagt Stopp. Mehrfach glänzte es schon beim deutschen Orchesterwettbewerb, es hat sich ein Repertoire weit jenseits des Steigermarsches erarbeitet. Modernes wie Mitreißendes spielen sie - und mit den Bergmusikanten haben sie auch eine beliebte Formation für volkstümliche Musik. "Es ist ein präzises Orchester, das sich seiner Tradition bewusst ist, und selbstbewusst spielt", lobt Bernhard Stopp seine Musiker. Die sich auch als Orchester empfehlen, das das Saarland bestens repräsentieren könnte. Ja, da steckt auch die Hoffnung drin, dass die Große Koalition das Erbe des Bergbaus nach dem 30. Juni nicht schnell zu den Akten legt und dieses Stück "lebendige Bergmannstradition" erhalten hilft.

Diesen Samstag treten Bergkapelle und Saarknappenchor von 19 bis 20 Uhr live auf der "Musikbühne" von SR3 auf, die vom Bergwerk Saar, Anlage Duhamel, in Ensdorf gesendet wird. Um 20 Uhr beginnt dort auch die Mettenschicht, mit der der Bergbau im Saarland dann offiziell verabschiedet wird.

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