Totes Baby lag Monate im Kofferraum

Merzig/Saarbrücken. Es ist 3 Uhr 15 am gestrigen Morgen, als die Polizei ein Anruf erreicht: Geschockt berichten vier junge Leute, dass sie gerade eine Babyleiche gefunden hätten. Die Beamten rücken sofort aus auf das Gelände einer Tankstelle im Merziger Stadtteil Hilbringen

 Die Tankstelle in Merzig, auf deren Gelände die Babyleiche gefunden wurde. Foto: Becker&Bredel

Die Tankstelle in Merzig, auf deren Gelände die Babyleiche gefunden wurde. Foto: Becker&Bredel

Merzig/Saarbrücken. Es ist 3 Uhr 15 am gestrigen Morgen, als die Polizei ein Anruf erreicht: Geschockt berichten vier junge Leute, dass sie gerade eine Babyleiche gefunden hätten. Die Beamten rücken sofort aus auf das Gelände einer Tankstelle im Merziger Stadtteil Hilbringen. Was sie dort sehen müssen, verschlägt ihnen die Sprache: Im Kofferraum eines aufgebrochenen Autos liegt - eingepackt in einen Rucksack - ein totes Baby.Zunächst winden sich die drei jungen Männer und die Frau darum, zu erläutern, wie es zu dem Fund kam, schließlich geben sie zu, das abgemeldete Auto aufgebrochen zu haben. Statt Wertgegenstände fanden die vier Autoknacker jedoch die Leiche und alarmierten daraufhin sofort die Polizei.

Im Laufe des gestrigen Tages gelang es den Beamten dann, die Mutter des toten Säuglings, die ehemalige Halterin des Autos, ausfindig machen und zu vernehmen. Laut Polizei handelt es sich dabei um eine 23-Jährige aus dem Kreis Merzig-Wadern. Sie gab an, das Kind, einen Jungen, bereits im Juni des vergangenen Jahres zur Welt gebracht zu haben. Das Baby sei jedoch bei oder direkt nach der Geburt verstorben. Da sie mit der gesamten Situation nicht fertig geworden sei, habe sie das Baby in Tücher gewickelt und anschließend in einem Rucksack im Kofferraum ihres Autos abgelegt, so die Mutter. Sowohl die Schwangerschaft als auch die Geburt habe sie versucht zu verheimlichen und gänzlich verdrängt. Nach derzeitigen Polizei-Erkenntnissen steht das Auto der Frau seit Ende September 2011 auf dem Tankstellengelände, das gestern weiträumig abgesperrt war.

Jetzt muss rechtsmedizinisch geklärt werden, ob die Aussagen der Mutter über Todeszeitpunkt und -ursache stimmen. Erkenntnisse erhoffen sich die Ermittler von der laufenden Obduktion im Uniklinikum Homburg. Diese gestaltet sich laut Polizei wegen des Zustands der Leiche schwierig. Ergebnisse lagen gestern bis Redaktionsschluss noch nicht vor.

Geschockt auf das Ereignis reagierten gestern Menschen im Umfeld des Fundortes. "Es ist schlimm, ja grausam", sagte der Imbiss-Besitzer Thomas Wenzel der SZ. Seine Mitarbeiterin Edelgard Kostian spricht von einer "unfassbaren Tragödie". Erschüttert äußerte sich gestern auch Hilbringens Ortsvorsteher Stefan Dorbach (CDU): "Zum einen erschüttert, dass es überhaupt zu einem solchen Ereignis kam, obwohl es viele unterschiedliche Hilfs- und Unterstützungsangebote für werdende und junge Mütter und auch für Menschen in Ausnahmesituationen gibt. Zum anderen aber auch, dass sich dies in unserem Stadtteil zugetragen hat."

Auch die saarländische CDU-Bundestagsabgeordnete Nadine Schön meldete sich gestern zu Wort. Sie forderte die Möglichkeit "vertraulicher Geburten". Ein entsprechendes Gesetz würde Müttern für eine gewisse Dauer ihre Anonymität garantieren, so Schön. Ihnen sollte es möglich sein, unter gesundheitlich sicheren Bedingungen zu gebären, ohne dass ihre Daten an Dritte automatisch weitergegeben würden.

Nach Rücksprache mit der Staatsanwaltschaft bleibt die 23-jährige Mutter bis auf weiteres auf freiem Fuß.

Die Autoknacker müssen mit einer Anzeige wegen des Einbruchs in den Wagen rechnen. Zwei der Männer sind der Polizei offensichtlich schon länger bekannt. Die drei Männer gaben an, die Frau habe nichts mit dem Einbruch zu tun. "Es ist erschütternd, dass sich in unserem Stadtteil so etwas zugetragen hat."

Hilbringens Ortsvorsteher Stefan Dorbach

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