Todesurteil für politische Überzeugung

Dudweiler · Vor 70 Jahren verurteilten die Nazis Jakob Welter zum Tode. Der Dudweiler Bürger hatte sich mit Flugblättern für die KPD in Deutschland engagiert und versuchte, Mitglieder zu werben. Ein Hochverrat für die Nazis.

 Gerd Kiefer in der Jakob-Welter-Straße in Dudweiler. Foto: dla

Gerd Kiefer in der Jakob-Welter-Straße in Dudweiler. Foto: dla

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Am 23. August 1907 wird Jakob Welter in Dudweiler geboren. Er wird nur 36 Jahre lang leben, sein Engagement für den Kommunismus in der Zeit des Nazi-Regimes wird sein frühes Ende besiegeln.

Als Protestant besucht Welter zunächst die evangelische Volksschule, später die Turmschule. Im Anschluss beginnt er eine Schusterlehre, die jedoch nach einem Jahr durch den Tod des Lehrmeisters ein jähes Ende findet. Welter folgt seiner Passion, kümmert sich fortan um die Instandhaltung von Maschinen, zunächst im Bierverlag Brenner, später beim Gaswerk und beim Schlachthof. 1931 heiratet er die Verkäuferin Helma Wunderlich aus Altenwald, die bei der Metzgerei Fellen in der Sudstraße arbeitete.

Noch im gleichen Jahr tritt Welter in die KPD ein. Aktiv wird er aber erst, als während der Weltwirtschaftskrise im Jahr 1932 auf dem Schlachthof unbezahlte Schichten gefahren werden sollten. Welter und seine Kollegen streiken und werden entlassen. Er sollte zwar nach wenigen Tagen wieder eingestellt werden, doch er verzichtet aus Solidarität zu seinen Kollegen.

Sein späteres Engagement während der Saarabstimmung - die Kommunisten im Saargebiet traten für den Status quo ein, der die Abstimmung um zehn bis 15 Jahre verschieben sollte - führt zu seiner Flucht aus Deutschland. Doch zunächst tritt Welter 1933 in den "Massenselbstschutz" der Sozialdemokraten und Kommunisten ein, denn auch in Dudweiler herrscht Gewalt zwischen Kommunisten und NSDAP-Anhängern. Nach der verlorenen Abstimmung setzt sich Welter, wie viele andere Kommunisten und Sozialdemokraten, 1935 zunächst nach Frankreich ab. Zusammen mit seiner Frau und seinem Sohn Manfred geht es über Paris nach Schweden, wo er in einer Werft in Göteborg Arbeit findet.

Auch hier engagiert er sich für den Kommunismus, schmuggelt Propagandamaterial auf deutsche Schiffe und versucht, Seeleute für seine Sache zu gewinnen. Doch mit der Besetzung Norwegens endet Welters Freiheit. Im neutralen Schweden sind ab dann die Bestimmungen hinsichtlich politischer Gefangener sehr restriktiv. Welter wird in ein Internierungslager gesteckt, flüchtet jedoch wenig später mit der Hilfe schwedischer Kommunisten.

Welter wird daraufhin von Gesinnungsgenossen zur Heimreise motiviert. Er soll in Deutschland den Wiederaufbau der KPD vorantreiben und neue Mitglieder gewinnen. 1941 schmuggelt er sich als blinder Passagier auf einem schwedischen Schiff nach Holland. Doch erst im Januar 1943 erhält Welter die gefälschten Papiere, die eine Einreise ins Reich ermöglichen. Kaum im elterlichen Haus angekommen, wird er bereits verhaftet. Knapp ein Jahr lang ist er im Gefängnis auf der Lerchesflur inhaftiert, bevor er in die Untersuchungshaftanstalt Stuttgart verlegt wird, um auf seinen Prozess zu warten.

Die Anklage lautet: "Der Beschuldigte hat in den Jahren 1935 bis 1943 in Frankreich, Schweden, Holland und Deutschland den gewaltsamen Umsturz in Deutschland unter erschwerenden Umständen hochverräterisch vorbereitet." Am 22. Februar 1944 wird Jakob Welter zum Tode verurteilt, Gnadengesuche seiner Familie bleiben erfolglos. Am 18. April schreibt Welter seinen letzten Brief. Er ist an seine Schwester gerichtet, Welter darf seine Frau in Schweden nicht mehr benachrichtigen. Das Schreiben beginnt mit: "Wenn Ihr diesen Brief bekommt, bin ich nicht mehr" und endet mit den Worten: "Für euer ferneres Leben wünsche ich euch alles Gute und hoffe, daß Ihr bald über diesen Schlag hinwegkommt." Seine Familie soll erst Jahre später erfahren, dass Welter in einem Massengrab bei Heidelberg seine letzte Ruhe fand.

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In KürzeDas Schicksal Jakob Welters wurde zu seinem 50. Todestag in der Broschüre "Jakob Welter - Widerstandkämpfer aus Dudweiler" von Gerd Kiefer, dem damaligen Leiter der Landesbildstelle und langjährigem Lehrer und Bezirksratsmitglied, mit Abdrucken von Briefen und Originalakten festgehalten. Kiefer studierte Naturwissenschaften, Französisch sowie Englisch. Auf die Frage, ob so ein Thema nicht etwas fachfremd sei, antwortet der Dudweilerer: "Etwas Heimatverbundenheit gehört dazu." Und: "Welters Schicksal zeigt, wie wenig man damals tun musste, um zum Tode verurteilt zu werden." dla

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