Freizeitparks im Fokus Nach Unfällen im Legoland und in Klotten: Wie sicher sind deutsche Achterbahnen?

Saarbrücken · Am vergangenen Samstag stürzte eine Saarländerin im Freizeitpark Klotten aus einer Achterbahn und starb. Nur wenige Tage später ereignete sich ein weiterer Achterbahn-Unfall, diesmal im Legoland. Fans der beliebten Fahrgeschäfte sind verunsichert und fragen sich, wie es grundsätzlich um die Sicherheit deutscher Achterbahnen bestellt ist. Die SZ hat Experten gefragt, die es wissen müssen.

Freizeitpark Klotten​: Saarländerin stürzt aus Achterbahn und stirbt – Fotos
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Saarländerin stürzt aus Achterbahn und stirbt – Fotos zeigen Örtlichkeiten

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Foto: dpa/Thomas Frey

Nach dem tödlichen Unfall im Freizeitpark Klotten, bei dem am Samstagnachmittag, 6. August, eine Frau aus der Gemeinde Nohfelden aus einer Achterbahn stürzte und starb, versuchen Ermittler von Staatsanwaltschaft und Polizei herauszufinden, wie es zu dem Unfall im Klotti-Freizeitpark kommen konnte. Ob Fahrlässigkeit oder ein technischer Defekt vorlagen, ist also noch unklar. Nur wenige Tage später ereignete sich ein weiterer Achterbahn-Unfall:Im Legoland stießen zwei Züge der Achterbahn „Feuerdrache“ zusammen. Mindestens 31 Menschen sind dabei verletzt worden, zwei davon schwer.

Nicht nur Achterbahn-Fans stellen sich angesichts dieser ungewöhnlichen Häufung von Unglücken die Frage: Wie sicher sind deutsche Achterbahnen generell? Die SZ hat mit Frank Hakelberg, Hauptgeschäftsführer des Deutschen Schaustellerbunds, und dem TÜV-Verband darüber gesprochen, welche Sicherheitsvorkehrungen für Achterbahnen in Deutschland gelten und wie sie überprüft werden.

Diese Prüfungen müssen Fahrgeschäfte in Deutschland durchlaufen

Wie Hakelberg erläutert, müssen alle Anlagen eine Erstprüfung durch den TÜV, bestehen, bevor auch nur eine Person befördert würde. „Je nachdem, wie komplex das Fahrgeschäft ist, werden danach alle ein bis drei Jahre weitere Prüfungen durchgeführt.“ Das langsam drehende Kinderkarussell zum Beispiel hätte ein Prüfintervall von drei Jahren, während Achterbahnen jährlich intensiv durch den TÜV geprüft würden. Zusätzlich gebe es in Deutschland eine Sonderprüfung. „Da ist es dann so, dass die Schausteller das Fahrgeschäft komplett auseinanderbauen und sogar teilweise – gerade Auflagen und Gelenke – entlacken müssen. Die werden dann vom TÜV oder einer Spezialfirma geröntgt.“ So ließen sich selbst feinste Risse entdecken. Ist alles in Ordnung, werden die Teile wieder lackiert und zusammengebaut. „Das gibt es nur in Deutschland“, betont Hakelberg, „nirgends sonst auf der Welt.“ Jedes Prüfergebnis, jeder einzelne Bericht landet im fahrgeschäftseigenen Baubuch. Das sei etwa mit einem Fahrzeugschein zu vergleichen, erklärt Hakelberg, und ermögliche eine lückenlose Historie jedes Fahrgeschäfts.

Steht die Anlage, wie im vorliegenden Fall, in einem Freizeitpark, ist zusätzlich auch die zuständige kommunale Bauaufsicht mit im Boot. Die prüfe vor dem ersten Probelauf Aufbau und Unterpallung – also die für die Statik relevante Lastverteilung.

So läuft eine Prüfung durch den TÜV ab

Rechtlich gelten Fahrgeschäfte als sogenannte fliegende Bauten. Die Bauaufsichten der Länder haben einen gleichnamigen gemeinsamen Arbeitskreis. Der komme regelmäßig zusammen und tausche sich aus. „Wenn es einmal ein Problem gibt mit einer Anlage, dann wird sofort überprüft: Ist das ein einzelnes Problem, oder hat der Anlagentyp ein Problem?“ Im letzteren Fall würden sofort Maßnahmen ergriffen – und vergleichbare Anlagen gestoppt, nachgerüstet oder sogar abgebaut. „Das ist ein sehr strenges System. Wir haben in Deutschland ein Spitzenniveau, was die Sicherheit angeht“, betont der Branchenvertreter.

Das bestätigt auch der TÜV-Verband gegenüber der Saarbrücker Zeitung: “Bei den regelmäßigen Sicherheitsprüfungen durch unabhängige Sachverständige werden für den sicheren Betrieb wichtige Komponenten auf Rost, Verschleiß, Materialermüdung und sichere Funktion überprüft, insbesondere Sicherheitsbauteile und Teile, die hohen Belastungen ausgesetzt sind.“

Kontrolliert wird, so der TÜV, ob Sicherheit und Standfestigkeit den Regelwerken entsprechen. Außerdem werde auch gecheckt, ob alle Prüftermine eingehalten wurden und alle Dokumente vorliegen. Die Prüfer unternehmen dabei auch eine Probefahrt, um einzuschätzen, ob die Kräfte, die bei der Fahrt auf den Körper wirken, auszuhalten sind.

Der TÜV bestätigt Hakelbergs Aussage: Achterbahnen, Riesenräder oder Karussells, die etwa in Freizeitparks dauerhaft errichtet sind, müssen demnach einmal pro Jahr geprüft werden.

Was können Fahrgäste selbst für ihre Sicherheit tun?

Kurz und knapp der Rat Hakelbergs: die Sicherheitsanweisungen der Aushänge und des Personals befolgen. Und: gegebenenfalls die eigene körperliche Eignung kritisch zu prüfen. „Wenn jemand Mitte 20 und kerngesund Achterbahn fährt, ist das einfach etwas anderes, als mit 75 und dem dritten Bandscheibenvorfall“, überspitzt Hakelberg.

Der TÜV ergänzt, dass Kinder bei schnellen Rundfahrgeschäften wegen der Fliehkräfte den inneren Sitzplatz nehmen sollten. Wer starke Medikamente nimmt oder Drogen und Alkohol konsumiert hat, solle auf die Fahrt verzichten. Fahrgäste sollten außerdem vor dem Start sicherstellen, dass das Personal den geschlossenen Bügel oder Gurt kontrolliert, sodass er fest sitzt, so der TÜV – auch wenn, das eigentlich in der Verantwortung des Betreibers liegt.

Folgen des Unglücks in Klotten für die Branche

 Der Geschäftsführer des Deutschen Schaustellerbunds erklärt nach dem tödlichen Unfall im Klotti-Park, welche Sicherheits- und Prüfverfahren für Achterbahnen in Deutschland gelten.

Der Geschäftsführer des Deutschen Schaustellerbunds erklärt nach dem tödlichen Unfall im Klotti-Park, welche Sicherheits- und Prüfverfahren für Achterbahnen in Deutschland gelten.

Foto: dpa/Silas Stein

In der Vergangenheit haben Unfälle zur Verschärfung von Sicherheitsanforderungen geführt. Im vorliegenden Fall rechnet der Verband der Schausteller nicht mit Folgen für die Branche. „Ich vermute stark, dass es am Ende ein Fehlverhalten von jemandem gegeben hat“, sagt Hakelberg. Sollte sich aber wider Erwarten herausstellen, dass es ein Fehler der Anlage war, werde das Risiko sofort abgestellt. Zunächst müsse man jetzt aber das Ermittlungsergebnis abwarten.

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