Tipps vom Krimi-Profi
Perl. Ein Schüler fehlt plötzlich im Klassenraum. Komisch. Allen ist klar, wer fehlt, doch die Aufgabe von Autor Stefan Gemmel an die Schüler der Klasse ist eine ganz andere. Sie sollen selbst herausfinden, wie es um ihre Eignung als Detektiv bestellt ist. Was hat Kevin heute an? Banale Frage? Weit gefehlt
Perl. Ein Schüler fehlt plötzlich im Klassenraum. Komisch. Allen ist klar, wer fehlt, doch die Aufgabe von Autor Stefan Gemmel an die Schüler der Klasse ist eine ganz andere. Sie sollen selbst herausfinden, wie es um ihre Eignung als Detektiv bestellt ist. Was hat Kevin heute an? Banale Frage? Weit gefehlt. Denn am Ende können gerade mal zwei Schüler genau aufzählen, welche Klamotten ihr Klassenkamerad anhat. Gespür gefragt Die erste Lehre aus diesem Spiel ist klar: Wer ein guter Autor sein will, braucht detektivisches Gespür, allem voran ein gute Beobachtungsgabe. Also immer mit offenen Augen durch die Welt gehen. Doch bis zum guten Krimi aus der eigenen Feder reicht das allein noch nicht. Dazu gehört genauso eine gute Recherche im Vorfeld. Schließlich soll alles realitätsnah und authentisch sein. Da braucht es natürlich viel Vorarbeit. Dann kann es losgehen, zunächst auf dem Papier. Hier entsteht als erstes die Personenkonstellation. Mit einer kleinen Skizze zaubert Autor Stefan Gemmel ein Hilfsmittel an die Tafel, das nicht nur bei der Planung der Figuren in einem Buch hilft, sondern tatsächlich für die Schüler genauso nützliche Hilfe bei Buch- oder Filmbesprechungen ist. Über diese Skizze ist die Gestaltung der Handlung leicht abzuleiten. "Das Wichtigste sind die Personen in einem Buch oder in einem Film. Es gibt fast nie mehr als eine Hauptperson", erklärt Stefan Gemmel. Ein Raunen geht durch die Klasse, das Ungläubigkeit verrät. "Was ist mit den drei Fragezeichen, den Fünf Freunden oder TKKG? Das sind doch mehrere Hauptpersonen", widersprechen die Schüler vehement. In der Tat ein guter Einwand. Doch Stefan Gemmel hat schlagende Argumente parat. Immer eine Hauptfigur "Meistens gibt es eine Figur, die präsenter ist als die anderen. Ihr fühlt euch dieser Figur nah. Sie führt euch durch das Buch oder den Film, der drückt man immer die Daumen. Wenn es mehrere sind, und ihr nicht sicher seid, dann macht einen einfachen Test. Fragt euch: Mit wem würde ich mitgehen, wenn alle sich böse streiten würden? Und der, mit dem ihr nach Hause gehen würdet, ist die Hauptperson", entkräftet Gemmel die Einwände. OK, da stimmen die Schüler zu. Überhaupt fällt es ihnen nicht schwer seine Tipps anzunehmen, mitzumachen und ihm zu folgen. Mit vollem Körpereinsatz und einer sehr spannenden, lebendigen Art schafft es der Autor, die Kinder für sein Metier zu begeistern. In den Pausen umlagern sie ihn und bombardieren ihn mit immer neuen Fragen. Er trifft genau ihren Nerv, was auch den Erfolg seiner Bücher erklärt. Kindgerecht und spannend sind seine Geschichten, genauso wie sein Workshop. Da geht es nun weiter mit der Geschichte des Krimis. Edgar Allen Poe mit seinen schaurigen Horror-Romanen, die einem nur über die Sprache eiskalte Schauer über den Rücken jagen, wird heute als geistiger Vater des Genres Krimi angesehen. Sir Arthur Conan Doyle entwickelte im Wissen um Poes Werke die Idee weiter. Er schuf den Detektiv Sherlock Holmes und einen Erzähler, der nicht aus der Distanz, sondern mitten im Geschehen als Holmes Gehilfe Dr. Watson auftritt. Dadurch wurden die Krimis lebendiger, der Leser ist mitten im Geschehen. Mit George Simenons Kommissar Jules Maigret kam schließlich die Psychologie mit hinzu. Es ging nicht nur darum, wer wen umgebracht hat, sondern warum der Täter gerade dieses Opfer getwählt hat. Eine spannende Beobachtung gibt Gemmel zusätzlich weiter: In 70 Prozent aller Mordfälle sind die Opfer weiblich und blond. Viele Tipps vom ProfiNatürlich gab es noch weitere Tipps vom Profi, doch alles dürfen wir natürlich nicht verraten. Schließlich geht es um die Karrieren angehender Jungautoren, die diesen Vorteil auf ihrer Seite haben sollen. Am Ende des Vormittags dürfen die Schüler Stefan Gemmel munter mit Fragen bombardieren. "Wie lange dauert es, vom Schreiben bis zum Druck, bis ein Buch fertig ist?", "Wie viel verdient man als Autor?", "Wie wird aus Ideen überhaupt ein Buch?". Fragen über Fragen, die der Autor jedoch gerne beantwortet. Denn ihm liegt es am Herzen, Kinder zum Lesen und zum kreativen Schreiben zu bringen. Er selbst verdankt seine Liebe zu Büchern und zum Schreiben zum Einen seiner Großmutter Rosa und zum Anderen einer sehr begabten Deutschlehrerin. Im Deutschunterricht der sechsten Klasse in Perl steht nun natürlich ein Thema ganz weit vorne: Selbst Krimigeschichten schreiben. Auf die Ergebnisse darf man gespannt sein.