Thieser rügt Datenschutz-Verstöße

Saarbrücken. Die Landesbeauftragte für den Datenschutz, Judith Thieser, hat in ihrem Tätigkeitsbericht für 2009 und 2010 zahlreiche Datenschutz-Verstöße von Sozialbehörden bemängelt. Darin beschreibt sie einen Fall, in dem ein Mitarbeiter einer Behörde über die Straße rief, man solle die Haustür öffnen, da man wisse, dass die betroffenen Personen gerade daheim seien

Saarbrücken. Die Landesbeauftragte für den Datenschutz, Judith Thieser, hat in ihrem Tätigkeitsbericht für 2009 und 2010 zahlreiche Datenschutz-Verstöße von Sozialbehörden bemängelt. Darin beschreibt sie einen Fall, in dem ein Mitarbeiter einer Behörde über die Straße rief, man solle die Haustür öffnen, da man wisse, dass die betroffenen Personen gerade daheim seien. Dadurch habe man "der interessierten Nachbarschaft mitgeteilt", dass die Betroffenen eine Sozialleistung beziehen oder beantragt haben.Zudem sei an der Informationstheke eines Sozialleistungsträgers "das ungehinderte Mithören der Anliegen anderer Leistungsempfänger möglich" gewesen. Thieser schildert ferner einen Fall, in dem im Büro einer Sozialbehörde zwei Sachbearbeiter an verschiedenen Tischen zwei Beratungsgespräche mit Leistungsbeziehern geführt hätten. Dabei habe ein Leistungsempfänger das Gespräch am Nebentisch mitgehört und sich in dieses sogar eingemischt, als es um "verschiedene Möglichkeiten" gegangen sei, "die Lebenssituation" des anderen Leistungsbeziehers zu "verbessern".

Thieser rügt auch, dass ein Gesundheitsamt genaue medizinische Diagnosen zu einem Leistungsempfänger an eine Hartz-IV-Behörde übermittelt habe. In diesem Fall, so Thieser, sei es nur um die Frage der Arbeitsfähigkeit gegangen. Dazu benötige die Hartz-IV-Behörde keine umfassende Diagnose.

Die Datenschützerin moniert zudem die Praxis einer Krankenkasse, frühere Mitglieder mit Werbepost und der Ankündigung von Anrufen zu behelligen. Dies sei schon deshalb unzulässig, da die Daten vormals Versicherter nach Beendigung von deren Mitgliedschaft hätten gelöscht werden müssen.

In einem anderen Fall konnte Thieser nach eigenen Angaben einen schulpsychologischen Dienst davon abhalten, in seinem Warteraum eine Videokamera zu installieren. Mit dieser hätten "besonders unruhige oder verhaltensauffällige Kinder beaufsichtigt" werden sollen, wenn bei schulpsychologischen Untersuchungen Elterngespräche ohne Anwesenheit der Kinder geführt werden.

Ferner bemängelt Thieser, dass in vielen Bereichen des Datenschutzes bisher Regelungen fehlten, die es erlauben, bei vorsätzlichen Rechtsverstößen Bußgelder zu verhängen.

Keine konkrete Aussage ist in Thiesers Tätigkeitsbericht zur Frage enthalten, ob Journalisten das Informationsfreiheitsgesetz bei ihren Recherchen nutzen können, um von Behörden Auskünfte zu verlangen. Thieser, die auch Informationsfreiheitsbeauftragte des Saarlandes ist, hatte dies im vorigen Jahr bezweifelt. Sie hatte daher eine gesetzliche Klarstellung ins Gespräch gebracht, um Journalisten ausdrücklich die Nutzung des Gesetzes zu gestatten. In ihrem aktuellen Bericht äußert Thieser lediglich die Auffassung, dass das Gesetz "jeder natürlichen und juristischen Person. . . einen Informationszugang" eröffne.

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