Taxifahrer sollen nicht den Helden spielen

Saarbrücken. Es klingt nach einer ganz normalen Taxifahrt. Ein junger Mann steigt ein, unterhält sich freundlich mit dem Fahrer und dirigiert ihn an einen abgelegenen Ort. Als der Fahrer sich umdreht, blickt er in den Lauf einer Pistole. Eine Situation, die jedem Taxifahrer passieren kann - und doch sind nur wenige darauf vorbereitet

Saarbrücken. Es klingt nach einer ganz normalen Taxifahrt. Ein junger Mann steigt ein, unterhält sich freundlich mit dem Fahrer und dirigiert ihn an einen abgelegenen Ort. Als der Fahrer sich umdreht, blickt er in den Lauf einer Pistole. Eine Situation, die jedem Taxifahrer passieren kann - und doch sind nur wenige darauf vorbereitet. Viele Taxifahrer versuchen, sich zu wehren und gehen damit das Risiko ein, verletzt oder getötet zu werden - wegen eines Tageslohns. Heinrich Kuhlmann, ein Polizist mit 38 Jahren Berufserfahrung, kennt viele Beispiele aus der Praxis. Seit 25 Jahren hält er Seminare, um Taxifahrern zu erklären, wie sie sich bei Überfällen verhalten sollen. Das Stichwort heißt Deeskalation. Den Täter nicht provozieren und schon gar nicht versuchen, ihn zu entwaffnen. Denn Täter, so Kuhlmann, hätten meist mehrere Waffen. Ein weiteres Stichwort ist Kommunikation. Blickkontakt mit dem Fahrgast suchen, um bei einem Überfall zu signalisieren: "Ich bin ein Mensch und nicht das Opfer." Viele Taxifahrer seien so überrascht und geschockt, dass sie gar nicht auf die Drohungen des Angreifers reagierten. "Das aber macht den Angreifer noch aggressiver", sagt Kuhlmann. Zudem würden viele Fahrer sich selbst überschätzen und glauben, sie könnten mit einem bewaffneten Angreifer fertig werden. "Das geht aber meistens schief." Ein weiteres Problem: Viele Fahrer kennen die Alarmsysteme nicht, die bei Taxis Vorschrift sind. Dann gibt Kuhlmann Tipps für das richtige Verhalten. Ziel sei es, einem potenziellen Täter möglichst wenig Reize zu bieten. Zum Beispiel die Innenbeleuchtung anmachen, damit der Angreifer nicht nach dunklen Plätzen Ausschau halten kann. Oder den Gurt nach dem Anhalten lösen, um im Ernstfall schneller flüchten zu können. Und dem Fahrgast keinen vollen Geldbeutel zeigen. 15 saarländische Taxifahrer nahmen an dem Seminar teil, das die Berufsgenossenschaft für Verkehr und der Landesverband Verkehrsgewerbe Saarland (LVS) veranstaltet - die Teilnahme war freiwillig. "Es müssten mehr sein", sagt Hartwig Schmidt vom LVS. "Leider ist die Nachfrage sehr unstetig. Viele Taxifahrer meinen, dass es die anderen trifft und nicht sie."

HintergrundIm Saarland gibt es 1200 Taxifahrer, 400 davon fahren hauptberuflich, ein Viertel sind Frauen. Überfälle auf Taxis finden meist nachts, vor allem zwischen Mitternacht und sechs Uhr morgens, statt. Die Täter sind in der Regel männlich und zwischen 18 und 30 Jahren alt. 2009 wurden bei Überfällen 259 Taxifahrer verletzt, 82 Taxifahrer wurden seit 1985 in Deutschland getötet, so der Deutsche Taxi- und Mietwagenverband. mwi

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort