Wochenkolumne Visionen sind gefragt

Die Würfel der ersten Runde des Bürgermeister-Kniffels in Namborn sind gefallen: Während CDU-Kandidatin Judith Jung und Einzelbewerber Sascha Hilpüsch am Sonntag in acht Tagen den Sieg unter sich ausmachen werden, ist Konrad Haßdenteufel, der für die Freie Liste Namborn (FLN) ins Rennen um den Chefsessel im Rathaus in Hofeld-Mauschbach gegangen war, raus – mit immerhin 25 Prozent der abgegebenen Stimmen.

Wochenkolumne: Visionen sind gefragt
Foto: SZ/Robby Lorenz

Um dieses Viertel werben die verbliebenen Kandidaten. Dabei scheint es Hilpüsch leichter zu haben. Schließlich hatte er im ersten Durchgang 47 Prozent – das sind rund 20 mehr als seine Konkurrentin. Dann fehlen dem SPD-Gemeinderatsmitglied also nur noch drei Prozent plus X, und er hat den Wahlsieg in der Tasche. Aber dieser Schluss könnte trügen. Denn am 10. Juni fangen beide wieder bei Null an – und es ist nicht garantiert, dass jeder, der vergangenen Sonntag ins Wahllokal gegangen ist, dies auch am Stichwahl-Sonntag tut. Und dann auch noch sein Kreuzchen dort macht – FLN-Wähler ausgenommen –, wo er es zwei Wochen zuvor hingesetzt hat. Nicht außer acht zu lassen sind zudem diejenigen, die bei der ersten Runde der Namborner Bürgermeisterwahl von ihrem Stimmrecht gar keinen Gebrauch gemacht haben. Das sind bei 5957 Wahlberechtigten immerhin 2033 Menschen –  rund ein Drittel hat sich nicht am Votum beteiligt. Was an sich recht traurig ist, wenn man bedenkt, wie hart unsere Altvorderen dereinst um politische Teilhabe gekämpft haben. Wie viele Menschen in wie vielen Ländern der Erde wären glücklich, wenn sie irgendwo ein Kreuzchen der Mitsprache in ein entsprechendes Kästchen zeichnen dürften? Naja, für viele von uns ist es offenbar normal geworden, über alles und jeden zu schimpfen, aber selbst keine Verantwortung zu übernehmen – und sei es bloß als Wähler. Ja, es ist „nur“ eine kommunale Wahl, aber hier fängt die Mitsprache doch an. Es stimmt, dass der Handlungsspielraum eines Bürgermeisters aufgrund vieler Zwänge – nicht zuletzt der Schuldenbremse – eingeschränkt ist. Aber dennoch gibt der Verwaltungschef die Richtung vor, in die sich eine Gemeinde bewegt. Im besten Fall hat er gar eine Vision, wo er seine Kommune in X Jahren sehen möchte und wie er dahin kommt – und nein, Visionen in der Politik sind nicht per se etwas Schlechtes. Sie sind vielmehr notwendig, um die Menschen mitnehmen und begeistern zu können, trotz ungewisser Zukunft – heute mehr denn je.

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