Weinprobe Wein mit würziger Note und Geschichte

Otzenhausen · Im Keltendorf in Otzenhausen gab es für Besucher Rebensaft nach alten Rezepten und historische Fakten.

 Auf geschmacklicher Zeitreise: Roman Auler, Florian Auler, Franziska Liehr, Antje Liehr und Steffen Liehr (von links) bei der Weinprobe im Keltendorf.

Auf geschmacklicher Zeitreise: Roman Auler, Florian Auler, Franziska Liehr, Antje Liehr und Steffen Liehr (von links) bei der Weinprobe im Keltendorf.

Foto: Marion Schmidt

Eine kulinarische Zeitreise in vergangene Epochen erlebten Ende Juli Besucher im Keltendorf in Otzenhausen. Roman Auler bot an zwei Tagen Kostproben seiner Weine an, darunter als thematischer Höhepunkt zwei römische Weine, ein roter sowie ein weißer Gewürzwein. Vor zwei Jahren öffnete der Winzer gemeinsam mit Sohn Florian die erste Amphore mit seinem römischen Experimentalwein. Im Herbst 2012 hatte er zwei große Tongefäße mit Traubenmost sowie mit zerquetschten Beeren befüllt. Auch heute noch ruhen diese unter der Erde, von großen Steinplatten bedeckt, mittlerweile überdacht von einem offenen römisch anmutenden Tempelbau. „Der Tempel wurde nach Vorlagen des römischen Architekten Vitruv errichtet“, berichtet Roman Auler. 44 Monate ist der Amphorenwein dicht verschlossen und reduktiv, das heißt ohne Sauerstoff, gereift. Die Amphoren, auch Dolien genannt, hat der Winzer in Georgien in einem Familienbetrieb erworben. Die Zutaten für die beiden Weine hat Roman Auler nach einem überlieferten Rezept des Apicius, eines Feinschmeckers aus der Antike, gemischt. Honig, Anis, Koriander, Lorbeer und Pfeffer geben den Gewürzweinen ihren besonderen Geschmack. „Diese Weine waren früher für die römischen Legionäre wohl eine Art Medikament“, erläutert Roman Auler.

Seit zehn Jahren ist die Archäologie mit Schwerpunkt Amphorenforschung sein leidenschaftliches Hobby: „Die Archäologen hatten sich immer wieder die Frage gestellt, wie wohl der römische Wein geschmeckt habe.“ Diplom-Önologen wie er konnten damit ihren
Weinexperimenten weiterhelfen. Regelmäßig berichtet er in Vorträgen an der Trierer Universität über seine Erkenntnisse. Auler: „Das macht einfach Spaß, sich auf Augenhöhe mit den Wissenschaftlern zu bewegen.“ Seine Begeisterung für die Archäologie ist auch auf die Familie übergesprungen. Sohn Florian hat zunächst in einer dreijährigen Ausbildung zum Küfer das Handwerk des Weinfassbaus erlernt, um sich dann zum Kellermeister ausbilden zu lassen. Ehefrau Hiltrud wirkt hinter den Kulissen und bereitet die Weinproben kulinarisch vor.

Roman und Florian Auler empfangen ihre Gäste an dem Probierwochenende in Otzenhausen passend in römischer Tracht gekleidet. Franziska Liehr aus Koblenz ist begeistert. Die Archäologie-Studentin besucht mir ihren Eltern Antje und Steffen das Keltendorf und genießt auch die Weinprobe. „Beide Weine, der weiße und der rote, sind sehr schmackhaft. Ich würde sie aber nicht zum Essen trinken, sondern eher abends zum Genuss wie einen Schlaftrunk“, lobt Steffen Liehr den Mulsum. „Meine These ist, dass die Kaiser früher eine gesunde Armee brauchten und der Mulsum wie Medizin getrunken wurde“. Alle Inhaltsstoffe sind in der klassischen Heilkräuterküche wegen ihrer antibakteriellen Eigenschaft bekannt. Den römischen Wein lernten schnell auch die Kelten kennen und schätzen, als im Laufe des ersten nachchristlichen Jahrhunderts die Römer in den Lebensraum der Kelten eindrangen. „Damals hatten die Kelten eine große Nachfrage nach dem römischen Wein. Es herrschte ein regelrechter Hype und es wurden wohl 100 000-fach Amphoren hergestellt, um die Kelten mit Wein zu beliefern“, vermutet Thomas Fritsch, archäologischer Leiter Grabungsprojekt „Keltischer Ringwall Hunnenring bei Otzenhausen“ der Terrex. „In den in Schwarzenbach entdeckten Adelsgräbern aus dem ersten Jahrhundert wurden Fragmente von Amphoren gefunden. Der römische Wein wurde beim uns bekannten Leichenschmaus getrunken und die Amphoren dann rituell zerschlagen“, so der Archäologe. Der Wein sei damals im Tauschgeschäft gehandelt worden: „Eine 26 Liter umfassende Amphore entsprach dem Wert von zwei Arbeitssklaven.“ Die in den Adelsgräbern gefundenen Trink-, Sieb- und Schalengefäße ließen Rückschlüsse zu auf das von den Mittelmeerländern abgeschaute Zeremoniell des Weintrinkens. Fritsch: „Der Wein wurde ausgefiltert und dann in spezielle Trinkgefäße gefüllt.“

Das Probierwochenende im Keltendorf rundete eine Weinverköstigung am Abend ab. Passend zu den römischen Gewürzweinen kamen 25 Besucher hier auch in den Genuss typisch römischer Speisen wie Mulsum-Brot oder Moretum, ein Brotaufstrich aus Käse, Gewürzen, Knoblauch und Olivenöl.

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