Junge Flüchtlinge: Land setzt auf Zentrum in Tholey

Tholey · Bis zu 1,8 Millionen Euro gibt die saarländische Regierung für ein Zentrum für junge Menschen aus, die ohne Begleitung vor Krieg aus ihrer Heimat geflüchtet sind. Das Erstaufnahmelager entsteht auf dem Schaumberger Hof in Tholey. Die Jugendlichen sollen dort unter anderem psychisch betreut werden.

 Das bisherige Drogentherapiezentrum auf dem Schaumberger Hof wird zum saarlandweiten Zentrum für minderjährige Flüchtlinge. Fotos: Bonenberger & Klos

Das bisherige Drogentherapiezentrum auf dem Schaumberger Hof wird zum saarlandweiten Zentrum für minderjährige Flüchtlinge. Fotos: Bonenberger & Klos

 Tholeys BürgermeisterHermann Josef Schmitt

Tholeys BürgermeisterHermann Josef Schmitt

 SHG-Geschäfts-führer Alfons Vogtel

SHG-Geschäfts-führer Alfons Vogtel

 SozialstaatssekretärStephan Kolling

SozialstaatssekretärStephan Kolling

.Nach dem massiven Anstieg der Zahl junger Flüchtlinge , die ab Sommer vorigen Jahres ohne Begleitung ins Saarland strömten, hat die Landesregierung nach einem Ausweg gesucht, die Lage in den Griff zu bekommen. Eine zentrale Auffangstelle soll der Lage Herr werden, übergangsweise die Jugendlichen aufnehmen und spätestens nach einer Woche an ihre Zielorte weiterleiten. Das Konzept stellten am Donnerstagvormittag Vertreter der beteiligten Institutionen in Tholey vor, wo das Zentrum am 1. Februar seine Arbeit aufnehmen soll.

Sozialstaatssekretär Stephan Kolling (CDU ) nannte als vordringliche Aufgaben, die Asylsuchenden auf ihre Gesundheit zu untersuchen, ihr genaues Alter zu bestimmen sowie die jungen Menschen schnellstens an ihren ständigen Aufenthaltsort zu bringen. Wenn möglich, sollen sie in Deutschland mit Familienangehörigen zusammengebracht werden.

Auslöser für die neue Lösung auf Landesebene laut Kolling: "Bisher kamen die meisten unbegleiteten Flüchtlinge in Saarbrücken oder im zentralen Aufnahmelager in Lebach an, das im Landkreis Saarlouis liegt." Damit seien die beiden Jugendämter des Regionalverbandes sowie im Landkreis Saarlouis zuständig gewesen. Eine immense Aufgabe, die für die dortigen Mitarbeiter nicht so ohne Weiteres zu erfüllen war. Zumal durch die Grenzlage das Saarland mehr junge Vertriebene aufgenommen habe, als zwischen den Bundesländern per Quote pro Jahr vereinbart war. Kolling: "Zurzeit sind über 1300 junge Flüchtlinge im Saarland untergebracht. Das sind rund 500 mehr, als wir aufnehmen müssten." Durch das neue "landesweite Zentrum für die vorläufige Inobhutnahme von unbegleiteten minderjährigen Flüchtlingen" in Tholey , wie es im Behördendeutsch heißt, sollen die regionalen Jugendämter nun entlastet werden.

Ein dauerhafter Verbleib ist also nicht vorgesehen. Die Durchgangsstation entsteht auf dem Schaumberger Hof nahe des Ausflugsziels Schaumberg . Hier betreibt zurzeit noch der Verein "Hilfe für junge Menschen Saar" ein Drogentherapiezentrum. Allerdings sei die Nachfrage seit Jahren stark rückläufig, so dass dieses Angebot die wirtschaftliche Existenz des Vereins gefährdet habe, wie der ärztliche Leiter des bisherigen Therapiezentrums, Dr. Hermann Simmer, sagte. Die noch zu behandelnden Patienten würden nun ohne Komplikationen anderweitig untergebracht und versorgt.

Sein Verein sowie die Saarland-Heilstätten-Gesellschaft (SHG) steigen nun beim Modellprojekt ein. Kolling sprach von einem in dieser Form bundesweit einmaligen Betreuungskonzept, an dem unter anderem auch Psychotherapeuten und Psychologen beteiligt sind. Der Staatssekretär rechnet damit, dass maximal 70 minderjährige Flüchtlinge in dem Tholeyer Haus untergebracht werden, das der Benediktinerabtei Tholey gehört. Kolling: "Wir haben aber darüber hinaus noch Kapazitäten." Denn bislang sei der weitere Zustrom an Flüchtlingen schwer einzuschätzen. Jedenfalls sollen bis zu den Sommerferien in Tholey ankommende Minderjährige nach ihrer Erstaufnahme in erster Linie nach Rheinland-Pfalz, aber auch nach Baden-Württemberg, Hessen und Nordrhein-Westfalen an die dortigen Jugendämter weitergeleitet werden. Erst danach sollen Jugendliche wieder im Saarland dauerhaft unterkommen.

22 Mitarbeiter sollen sich um die durch Gräuel in ihrer einstigen Heimat und Flucht teils traumatisierten jungen Menschen kümmern. Für das vorläufig auf ein Jahr ausgelegte Projekt hat laut Kolling das Saarland bis zu 1,8 Millionen Euro vorgesehen.

Darin enthalten: neun Sicherheitsbedienstete, die im Drei-Schicht-Dienst Wache schieben sollen - im Komplex und rundherum. Tholeys Bürgermeister Hermann Josef Schmidt (CDU ) hat indes keine Bedenken, dass sich die Einrichtung negativ auf den benachbarten Wanderweg auswirkt. "Wir haben seit 30 Jahren dort das Drogenzentrum. Anfängliche Befürchtungen haben sich nicht bewahrheitet. Gleiches erwarte er nun auch.

Kolling betonte, dass es nicht nur um die Sicherheit für Passanten gehe: "Der Sicherheitsdienst soll auch die jungen Menschen vor Übergriffen schützen."

Die Bevölkerung wird bei einer Veranstaltung am Dienstag, 19. Januar, 19 Uhr, im Sitzungssaal des Rathauses über das Projekt informiert.

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