Festival Gepflegter Punk und Kartoffelsalat

Theley · Die neunte Auflage des Volcano-Festivals hatte es in sich. Gut ausgesuchte Bands machten reichlich Stimmung.

 Die Hamburger Ska-Punk-Band Rantanplan musiziert seit mehr als 20 Jahren

Die Hamburger Ska-Punk-Band Rantanplan musiziert seit mehr als 20 Jahren

Foto: Frank Faber
 Sondaschule-Oberlehrer Tim Kleinrensing alias Costa Cannabis gab auf der Bühne des Volcano-Festivals den Ton vor.

Sondaschule-Oberlehrer Tim Kleinrensing alias Costa Cannabis gab auf der Bühne des Volcano-Festivals den Ton vor.

Foto: Frank Faber

Zehn Punkrock-Bands lassen beim neunten Volcano-Festival im Theleyer Skatepark nichts anbrennen. Pyros werden abgefackelt, das Vorgehen der Polizei beim G20-Gipfel in Hamburg massiv verurteilt und musikalische Kinnhaken ohne Ende an die mehr als 800 Menschen vor der Bühne ausgeteilt. Mit den Auftritten der top gesetzten Formationen Terrorgruppe und Sondaschule bricht die Sturm-und-Drang-Zeit an: Toben, pogen und mitgrölen. „Ich mag das hier, hier gibt’s noch handgemachten Kartoffelsalat. Wir sind eine Punkband und die Wald-und-Wiesen-Festivals sind unser Ding“, schwärmt Sondaschule-Sänger Tim Kleinrensing während des Bühneneinsatzes der Terrorgruppe im Gespräch mit der SZ. Seit 15 Jahren schon begeistert die Sondaschule ihre immer größer werdende Fangemeinde mit Ska-Musik und Spaß-Punk. Die Konzerte der Ruhrpottler aus Mülheim und Oberhausen sind wie am Samstag immer große Partys. Und dabei ist Kleinrensing die Hauptrolle als Frontmann Costa Cannabis auf den Leib geschnitten. „In ein, zwei Jahren kennt uns jedes Kind, weil wir die Sondaschule sind“, geht die Band mit altbewährtem Material sofort auf Stimmenfang und legt die Empfehlung „Spiel nicht mit den Schmuddelkindern“ nach. In Theley präsentieren sie auch erstmals vier Songs vom noch taufrischen Album „Schere, Stein, Papier“. „Ich bin selbst gespannt, wie sie ankommen“, ist Costa Cannabis zuvor noch etwas zwiegespalten. Denn Sondaschule kommt textlich so politisch wie noch nie rüber, singt über lähmende Terrorangst und wachsende Fremdenfeindlichkeit. Die erste Single-Auskopplung beschreibt mit viel schwarzem Humor eine Schreckensvision: „Zum Glück gibt es ab Donnerstag Waffenschein bei Aldi und wer weiß, vielleicht sind hoffentlich schon Freitag endlich alle Menschen tot“. Ironisch quittieren die Musiker das politische Versagen der G20-Staaten mit der 2012er-Nummer „Schöne neue Welt“. Zum Schluss stellt Sondaschule noch die Frage „Bist du glücklich, jetzt und hier?“. Mit ungezügelter Spiellaune hat die Berliner Terrorgruppe ihr teils anarchisches Liedgut serviert. Beim Song „Allein gegen alle“ blickt die Band auf die Hansestadt und steht mit ihrer Meinung zum parallel laufenden Gipfeltag nicht alleine da. „Auch wir waren in Hamburg, um zu demonstrieren“, berichtet Fichte, Sänger der Band Radio Havanna. Sie widmet den Song „Dynamit“ all denen, die sich in Hamburg mit der Polizei anlegen. Friedliche Demos, so Fichte, habe er erlebt, die die Polizei gewalttätig aufgelöst habe. „Schon im Vorfeld von einer Null-Toleranz-Grenze zu sprechen, nur um den riesigen Polizeieinsatz zu rechtfertigen, sei nicht in Ordnung“, kritisiert er. Noch deutlicher wird Rantanplan-Sänger Torben Meissner. „Von dem G20-Gipfel geht alle Gewalt aus, da muss es auch brennen“, so der Frontmann der Hamburger Ska-Punk-Band. Beste Grüße schickt er mit der Nummer „Natural born Altona“ in die Hafenstadt. Musikalisch versucht die Band realistisch das Unmögliche. „Tragen den Krieg zu Grabe. Wenn die Revolution nicht tanzbar ist, sind wir nicht mit dabei“, lautet im Refrain ihre Bedingung. Und deshalb sei es schön, dass es so eine Enklave wie im Theleyer Skatepark gebe, um gemeinsam Musik zu hören. Dort hat sich das Bonner Hardcore-Punktrio Lygo mit rohem und ohne ein Gramm Speck zu viel durchgerotztem Punkrock das Prädikat Kracher des Tages verdient. Mit harmonischen Tönen resümierte Yannick Meisberger vom veranstaltenden Volcano-Verein das neunte Festival. „Wir sind zufrieden, alles ist reibungslos abgelaufen. Es waren etwa 1000 Menschen auf dem Gelände und die Stimmung war extrem gut“, freut sich Meisberger. Die Ska-Punker Ratanplan bemerken bei einer Temperatur von über 30 Grad dazu singend „Das Schlimmste ist, wenn das Bier alle ist“.

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