Auf Spurensuche am Schaumberg
Tholey · Die Musikerin Olga Schwind hatte sich der Musica antiqua verschrieben. Sie hat dazu beigetragen, dass die alte Musik wieder zu neuem Leben erweckt wurde. Über ihr Werk informiert die Olga-Schwind-Ausstellung im Museum Theulegium in Tholey. Diese besuchte erstmals ein Neffe von Olga Schwind aus Süddeutschland.
Die Musikerin Olga Schwind selbst hatte keine Kinder und nur einen Bruder, Theodor Nikolaus Ludwig Schwind. Da der Pädagoge eine kinderreiche Familie sein Eigen nannte, leben zahlreiche Nachfahren, allerdings außerhalb des Saarlandes. Nun besuchte dieser Tage einer seiner Söhne auf den Spuren seiner Familie das Museum in Tholey .
Dabei spielte sich ab, was fast jeder Saarländer kennt: Trifft er zufällig auf wildfremde Personen, so stellt sich nach wenigen Sätzen heraus, dass man gemeinsame Bekannte hat. Der in Süddeutschland wohnende pensionierte Steuerberater Theo Schwind sitzt nach dem Besuch des Museums Theulegium zusammen mit seiner Frau im Gästehaus Lioba bei Kaffee und Kuchen. Die zufällig vorbeikommende St. Wendelerin Dr. Margarete Stitz wird ihm vorgestellt. Nach wenigen Worten stellen die beiden fest, dass ihre Väter vor Jahrzehnten gleichzeitig an einem St. Wendeler Gymnasium unterrichtet haben, sie beide also Kollegenkinder sind, die bisher nichts voneinander wussten. Beim nachfolgenden Gedankenaustausch erinnert sich Margarete Stitz, dass sie sich als Jugendliche für ihr Gitarrenspiel einen Notenband besorgte, dessen Herausgeberin Olga Schwind war.
So war auch hier der Bogen geschlagen zu einer gemeinsamen Bekannten und zum Anlass des Besuchs des Süddeutschen in Tholey : Theo Schwind wollte auf der Rückreise von einer Geburtstagsfeier in Norddeutschland die Gedenkstätte seiner prominenten Tante in Tholey besuchen. Nach eigenen Worten hatte sich der Neffe bisher nicht sehr eingehend mit Leben und Werk seiner Verwandten befasst, wollte dies aber nun, mittlerweile im Ruhestand, nachholen. Und so brachte er eine kürzlich von ihm erstellte Liste der Vorfahren seiner Familie mit.
Diese beginnt mit der Herkunft seines Urgroßvaters Johann Theodor Schwind(ten) aus Berlin, der Anfang des 19. Jahrhunderts als preußischer Gerichtsschreiber nach Tholey kam und sich dort im bereits nicht mehr jugendlichen Alter mit der wesentlich jüngeren Katharina Glass verheiratete und mit ihr insgesamt neun Kinder hatte. Darunter Theodor Franz Schwind, der nach seiner Heirat mit Bertha Heise aus der Tholeyer Posthalterei nach Saarbrücken übersiedelte, wo die beiden Kinder Olga und Theodor Nikolaus Ludwig (der Vater unseres Besuchers), geboren wurden.
Olga, die ältere, war in ihrer Kindheit häufig zu Gast bei ihren Großeltern in Tholey und entdeckte dabei im Schatten der Abteikirche die Liebe zum Mittelalter, "das über meinem Leben und meiner Kunst geleuchtet hat", und dem sie später ihre Musik und ihr Leben widmete und so zu der legendären "Musica antiqua" wurde, einer der ersten, die zur Wiedererweckung der Alten Musik im 20. Jahrhundert beigetragen haben. In dankbarer Erinnerung an Tholey vermachte sie ihren Nachlass der Gemeinde, welche diese, zusammen mit ihren Musikinstrumenten, im Museum Theleugium ausgestellt hat.
Ölporträt des Großvaters
Unter Führung von Adolf Spaniol, dem Organisationsleiter des Museums, nahm der Neffe mit seiner Gattin die Ausstellung in Augenschein, mit den Möbeln, Kleidungstücken, Alben, Gästebüchern, und vor allem mit den ungewöhnlichen Musikinstrumenten, die sich seine Tante seinerzeit nach alten Vorbildern hatte nachbauen lassen. Als Geschenk übergab er dem Museum ein Ölporträt seines Großvaters Theodor Franz und ein Bildnis seines Urgroßvaters. Als Gegengabe überreichte Werner Spaniol von der Akademie für Alte Musik im Saarland, der sich eingehend mit Leben und Werk der Olga Schwind befasst hat, dem Gast einen Sammelband zur saarländischen Musikgeschichte.
Selbstverständlich, dass bei dieser Gelegenheit in Tholey gegenseitiges Wissen über Olga Schwind und ihr Umfeld ausgetauscht wurde. Wobei der Neffe eingestand, dass er nur wenig persönliche Erinnerungen an sie habe, da er sie nur als alte Dame kannte. Und zudem zwischen seinem Vater und dessen Schwester ein gewisse Distanz geherrscht habe, da es dem naturwissenschaftlich orientierten Pädagogen Probleme bereitete, sich mit der andersgearteten, bohèmehaften Lebensauffassung und den "Verrücktheiten" der Künstlerin Olga Schwind anzufreunden.